Mondra…what? Mit dem neuen MONDRAKER ARID CARBON betritt eine Brand Neuland, die in der MTB-Welt Legendenstatus genießt. Das erste Drop-Bar-Bio-Bike der Spanier will aber nicht nur Offroad-Outlaw, sondern auch Race-Waffe sein. Wir haben das ARID CARBON zum Showdown in den Wilden Westen geladen und dem Bike in den Badlands von Arizona auf den Zahn gefühlt.
MONDRAKER ist ein Fantasiename, inspiriert vom Magier „Mandrake“ aus dem gleichnamigen Comic. Bisher hat die Marke aus dem spanischen Elche hauptsächlich ikonische MTB-Kreationen für ruppige Trails erschaffen – der erste Wurf der Marke war 2001 ein feister Downhill-Bolide. Seitdem hat sich das Portfolio kontinuierlich erweitert: Enduro, Trail, Cross-Country… Die Ibero-Bikes sind bekannt für ihre eigenständige „Forward Geometry” mit langem Radstand, langem Reach, kurzem Vorbau und flachem Lenkwinkel. Dazu kommt eine prägnante Formensprache mit kantigen Rohrprofilen, aggressiver Linienführung und einem dreieckigen „Rahmenfenster“ zwischen Steuer-, Unter- und Oberrohr. Letzteres ist dabei filigran wie ein Zauberstab. Da freut sich der Magier.
Doch lässt sich so viel Flat-Bar-Fantasie einfach abrakadabra in ein Race-Winning Gravel-Bike verwandeln? Wo könnte man das besser herausfinden als im Heimatland des Gravel-Racings? Also tschüss, alte Welt, und Howdy, Arizona. Zumindest die Landschaft ist schon mal episch: eine karge Halbwüste, Berge, die sich „Himmelsinseln“ nennen, und eine Sonne, die auch im Oktober noch 38 Grad aufs Thermometer brennt. High Noon zwischen Klapperschlangen und Kakteen und viel Raum für Grenzerfahrungen. Wir sind bereit, und das ARID?
Selbstbewusstes Gravel-Greenhorn – der erste Blick auf das MONDRAKER ARID CARBON
Wer den Begriff „ARID“ googelt, landet bei trocken, dürr und wüstenhaft. Wie gut, dass die zweifarbige Lackierung im typischen MONDRAKER-Blau zumindest den Durst des Auges nach Farbe stillt. Auch Rahmen und Rohrformen sind erfrischend anders. Wer die Marke kennt, wird das ARID CARBON sofort als echtes „MONDRAKER“ identifizieren. Für alle ohne Markenkenntnis ist das ARID CARBON einfach ein gestalterischer Gegenpol zu den rundgelutschten, tropfenförmigen, aero-optimierten Rohrprofilen, die dafür sorgen, dass moderne Gravel-Race-Bikes auf den ersten Blick oft weder voneinander noch von Road-Race-Bikes zu unterscheiden sind. Als ARID CARBON-Besitzer muss man nicht fürchten, nach dem zweiten Whiskey vorm Saloon aus Versehen das falsche Carbon-Ross zu satteln.
Eckige Profile statt ovaler Rohre, klare Kanten statt harmonischer Übergänge und parallele Linien statt organischer Formen – das spanische Gravel-Greenhorn ist optisch eigenständig. Design-Highlights sind das markentypisch filigrane Oberrohr und das „magische Dreieck“ im Übergang vom Sitzrohr zur Sitzstrebe. Laut MONDRAKER erhöht es die Compliance des Hecks und sorgt für massive Stabilität des Rahmens. Man muss zweimal hinschauen, um sich zu vergewissern, dass sich nicht doch irgendwo ein Dämpfer versteckt. Das ARID CARBON trägt seine MTB-Gene jedenfalls mit Stolz zur Schau und steht mit den weit ausgestellten Sitzstreben und breitem Lenker selbstbewusst im Staub. Also doch eher Adventure-Bike als Gravel-Racer?
Raue Schale, weicher Kern – das MONDRAKER ARID CARBON im Detail
Das Thema Komfort überlässt das Design-Team nicht nur dem flexenden Dreieck an der Sitzstrebe. Auch die Sattelstütze kommt mit einem dreieckigen Fenster, das Gravel-Cowboys und Gravel-Cowgirls von allzu heftigen Schlägen entkoppeln soll. Gehalten wird die Stütze von einer smart integrierten Klemmung. Die Verstellung erfolgt komfortabel und intuitiv über die Schraube an der Seite. Damit der Rahmen nicht von einer wild schlagenden Kette oder aufspritzenden Steinen in die ewigen Jagdgründe geschickt wird, schützen dicke Beplankungen das edle Carbon vor allen Widrigkeiten des Gravel-Lebens.
Apropos Widrigkeiten: Im voluminösen Unterrohr befindet sich ein Staufach, in dem sich beispielsweise Ersatzschlauch, Pumpe, CO₂-Kartusche und ein Minitool verstauen lassen. Mondraker liefert dazu drei maßgefertigte Täschchen, die den vorhandenen Stauraum optimal ausnutzen. Der Zugang zum Staufach erfolgt über eine seitlich schwenkbare Klappe. Es erfordert zwar etwas Fingerfertigkeit, die Täschchen heraus- und hineinzubekommen, aber mit etwas Übung zieht man den Schlauch schneller aus dem Rahmen, als John Wayne „Dichtmilch“ sagen kann. Das Beste daran: Es klappert oder rappelt nichts. Dasselbe gilt übrigens für die elegant innen verlegten Züge und das komfortable Cockpit.
Der 46 cm breite ONOFF-Lenker macht zum Lenkerende hin einen leichten Abwärtsknick und ermöglicht eine komfortable Handauflage. Als weniger komfortabel empfanden wir den Radius der Drops; hier war das Handgelenk immer ein Stück zu weit abgeknickt – letztlich ist das aber Geschmackssache. Geschmackvoll ist auf jeden Fall die geradlinige Gabel ohne Versatz an der Gabelkrone und mit ausreichend Anschraubpunkten für ein Gun-Rack – oder einfach Wasserflaschen. Weitere Anschraubpunkte gibt es im Rahmendreieck und auf dem Oberrohr. Sollte das Wasser doch mal von oben kommen, bietet das Heck des Bikes sogar Bohrungen für Schutzbleche. Ebenfalls am Heck befinden sich die direct-mount-fähigen Ausfallenden. Ihr seid also, was Schalttechnik angeht, zukunftssicher aufgestellt – solange ihr mit 1-fach-Gruppen klarkommt. 2-fach wird nicht unterstützt.
Die Glorreichen 4 – die Ausstattungsvarianten des MONDRAKER ARID CARBON
Modell | ARID CARBON RR SL | ARID CARBON RR | ARID CARBON R | ARID CARBON |
---|---|---|---|---|
Preis | 9.499 € | 6.499 € | 4.499 € | 3.199 € |
Gewicht | 7,9 kg | 8,8 kg | 8,9 kg | 9,7 kg |
Schaltung | SRAM Red XPLR AXS, 1 x 13 | SRAM Force XPLR ETAP AXS, 1 x 12 | SRAM Rival ETAP AXS, 1 x 12 | Shimano GRX RX-610, 1 x 12 |
Kassette | Sram XG-1391, 10-46T, 13s | SRAM XG-1271, 10-44T, 12s | SRAM XG-1251, 10-44T, 12s | Shimano SLX M7100, hiperglide+, 10-45, 12s |
Bremsen | SRAM Red | SRAM Force | SRAM Rival | Shimano GRX RX-610 / RX-400 |
Kurbeln | SRAM Red, 13s, Powerlock, 40 T | SRAM Force 1 Carbon, Power meter, 40 T | SRAM Rival 1 DUB GLS Wide, 40 T | Shimano GRX RX-610, 40 T |
Laufräder | Zipp 303 XPLR SW | Mavic Allroad Pro Carbon SL | Mavic Allroad SL, UST | Mavic Allroad Disc, UST |
Reifen | Goodyear XPLR Inter 700×45 | Maxxis Reaver 700×45 | Maxxis Reaver 700×45 | Maxxis Reaver 700×45 |
Sattelstütze | Onoff S9 Carbon 0-R | Onoff S9 Carbon 0-R | Onoff S9 Carbon 0-R | Onoff S9 Carbon 0-R |
Lenker | OnOff S9 GR CARBON 16º bar flare | OnOff S9 GR CARBON 16º bar flare | OnOff S9 GR CARBON 16º bar flare | OnOff S3 GR 16° bar flare |
Das ARID CARBON ist in vier Ausstattungsvarianten erhältlich. Wir überfallen die Postkutsche und greifen ganz oben ins Regal. Für 9.499 Euro bekommt ihr das ARID CARBON RR SL mit der SRAM RED XPLR AXS Gruppe, den Zipp 303 XPLR SW Wheels und Carbon-Anbauteilen von ONOFF. Das Set wiegt 7,9 Kilo, wobei 1,25 Kilo auf den Rahmen entfallen. Wer etwas weniger exklusiv durch die Prärie pedalieren möchte, kann auch FORCE AXS, RIVAL AXS oder GRX-Builds wählen oder das ARID CARBON als Frameset für 1.999 Euro erwerben. Der sauber verarbeitete und robuste Rahmen ist bei allen Varianten derselbe.
Tuning-Tipp: Eine Dropper-Post würde gut zum Charakter des Bikes passen.
Lang, länger, ARID – die Geometrie des MONDRAKER ARID CARBON
Bei der Geometrie kommt es dann schon auf dem Papier zum Showdown unterschiedlicher Philosophien. Wo andere Gravel-Bikes mit eher kurzem Radstand und steilen Lenkwinkeln auf Agilität setzen, tritt das ARID CARBON mit langem Radstand (1089 mm bei Größe L) und eher flachem Lenkwinkel (70 Grad) zum Duell an. Das klingt erstmal nach stoischem Geradeauslauf und behäbigem Einlenken. Die Kombination mit einem kurzen Vorbau und breitem Lenker (80 mm und 460 mm bei Größe L) macht die Sache jedoch spannend. Die direkte Lenkübersetzung soll dem ARID CARBON jegliche Trägheit aus den MTB-Genen schütteln und den Sweet Spot zwischen Agilität und Laufruhe treffen.
Der Rahmen bietet offiziell Platz für 50 mm breite Pneus. So seid ihr souverän auf jedem Trek oder Trail unterwegs. Wahrscheinlich geht sogar noch mehr. Wir hatten auf unserem ARID die 45 mm breiten Goodyear XPLR Inter Reifen montiert, und zwischen Rahmen und Reifen war noch ordentlich Luft. Genug Geplänkel – es naht die Stunde der Wahrheit.
Größe | S | M | M/L | L | XL |
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Oberrohr | 520 mm | 550 mm | 580 mm | 600 mm | 630 mm |
Sattelrohr | 410 mm | 450 mm | 480 mm | 510 mm | 540 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 125 mm | 145 mm | 175 mm | 200 mm |
Lenkwinkel | 70° | 70° | 70° | 70° | 70° |
Sitzwinkel | 73° | 73° | 73° | 73° | 73° |
Kettenstrebe | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Radstand | 1003 mm | 1035 mm | 1067 mm | 1089 mm | 1121 mm |
Reach | 363 mm | 386 mm | 411 mm | 411 mm | 423 mm |
Stack | 548 mm | 572 mm | 591 mm | 619 mm | 642 mm |
Aufsatteln – das MONDRAKER ARID CARBON im ersten Test
Der Sand flimmert, der Rahmen knistert. Aufsatteln! Als ARID-Rider fühlt man sich wohl in der Wüste. Die Sitzposition ist gestreckt, aber nicht extrem. Man kauert nicht gebeugt über dem Vorbau, sondern kann den Blick schweifen lassen. Das Bike liegt satt auf der Straße, und der Rahmen wirkt unverwüstlich steif. Wer dem Bike die Sporen gibt, spürt trotzdem eine gewisse Latenz im Vortrieb. Bis das ARID auf Touren kommt, ist der erste Büffel schon hinter der nächsten Kurve verschwunden.
Auf langen Geraden macht das Bike Boden gut. Das ARID pflügt unaufgeregt durch Kies, Sand und Schotter und vermittelt dabei eine stoische Gelassenheit. Geradeauslauf und Laufruhe sind dank des langen Radstands absolut überzeugend und selbst mit Cowboyboots muss man keine Angst haben, dass die Zehen in das Revier des eingeschlagenen Vorderrads kommen. Auf technischen Passagen wirkt das ARID dabei trotzdem nicht träge. Das Einlenkverhalten ist, dem kurzen Vorbau sei Dank, präzise, ohne dabei nervös zu wirken, und auch beim Rodeo über kalbskopfgroße Felsbrocken verliert man auf dem Bike nicht die Kontrolle.
Das Heck ist dabei so komfortabel, wie es der aufwendige Übergang von den Sattelstreben zum Sitzrohr vermuten lässt. Leider bauen die Sattelstreben dabei so breit, dass es bei allzu kräftigen oder unrasierten Waden zu unerwünschtem Materialkontakt kommen kann.
Die SRAM RED XPLR AXS ist dafür über jeden Zweifel erhaben. Die Kombi aus 40er-Kettenblatt und 10–46-Kassette ist unbegrenzt abenteuertauglich, der Direct-Mount-Umwerfer schaltet schneller als Lucky Luke oder sein Schatten, und die Bremsen sind mit nur einem Finger perfekt dosierbar und so kräftig, dass sie einen ganzen Planwagen-Treck zum Stehen bringen könnten.
Und wie sieht es mit den Gravel-Race-Ambitionen aus? Klar, Gravel-Racing ist nicht gleich Gravel-Racing, und ein 100-km-Rennen auf Hardpack ist nicht zu vergleichen mit einem Adventure-Race wie den Spanischen Badlands, aber ein echtes Gravel-Race-Bike ist das ARID CARBON für uns nicht. Dazu ist es einen Hauch zu träge im Antritt, aerodynamisch zu unambitioniert und mit seiner eher aufrechten Sitzposition zu sehr auf „Adventure“ ausgelegt. Das Bike ist eher mild west als wild west.
Für leise Kritik sorgen in diesem Zusammenhang auch die ZIPP 303 XPLR SW Laufräder. Die aero-optimierten Felgen mit einer Außenbreite von 40 mm und einer Profilhöhe von 54 mm sind reinrassige Racing-Wheels, die dem eher entspannt ausgelegten ARID CARBON unnötig Komfort rauben und nicht wirklich mit der robusten Offroad-DNA harmonieren. Durch die breite Bauform der Felgen sind diese zwar perfekt, um bei hohen Geschwindigkeiten ein paar Watt zu sparen. Rutscht man im groben Gelände ab, bieten die nur minimal überstehenden Reifen jedoch nur wenig Schutz für Felgenhorn und Felgenflanke – ein gewagter Trade-off!
Racer oder Rider – für wen ist das MONDRAKER ARID CARBON?
Das ARID CARBON ist ein Buddy Bike. Es vermittelt viel Vertrauen, macht Lust auf lange Tage im Sattel und gibt einem das gute Gefühl, das richtige Bike für jedes Terrain zu haben. Gerade am Ende des Gravel-Spektrums fühlt sich das ARID mit seiner Off-Road-DNA richtig wohl und bringt dich komfortabel und wenig “Rocky” durch die Mountains.
Mit seinem ultrastabilen Rahmen, dem Geradeauslauf, der großzügigen Reifenbreite und der üppigen Schutzbeplankung ist es auch prädestiniert für Bikepacking-Touren und vielleicht sogar Adventure-Races.
Wer einen leichten, aero-optimierten Gravel-Racer sucht, der einen mit einem 30-km/h-Schnitt aufs Podium bringt, wird mit dem ARID CARBON eher nicht glücklich. Wer jedoch ein eigenständiges, fähiges und durchdachtes Gravel-Bike möchte, das sich mit seiner Designsprache vom Aero-Einheitsbrei abhebt, der kann mit dem ARID CARBON viel Freude haben. Dafür muss es nicht unbedingt die von uns getestete High-End-Version sein. Echte ARID-Aficionados werden auch auf einem SRAM RIVAL AXS oder SHIMANO GRX-Build zufrieden in den Sonnenuntergang reiten, oder nutzen den Rahmen als Basis für ein Custom-Projekt.
Das MONDRAKER ARID CARBON ist der Outlaw unter den Gravel-Bikes. Allerdings ist er kein wildes, unberechenbares, ungehobeltes Rauhbein, sondern einfach ein eigenständiger Charakter, der mit seiner individuellen Formensprache, der ungewöhnlichen Geometrie und smarten Detaillösungen seinen eigenen Weg geht. Ein milder Typ, der auch im wilden Westen unaufgeregt bleibt.
Tops
- verwindungssteifer, komfortabler, robuster Rahmen
- eigenständige Designsprache
- volle Kontrolle auf jedem Terrain
Flops
- Die Laufräder passen nicht zum Charakter des Bikes
- Ein wenig träge im Antritt
- Weit auskragende Sitzstreben können an den Waden reiben
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Text: Nils Hofmeister Fotos: Ivan Marruecos / Nils Hofmeister / Josh Becker