Kann die Liebe zu einem Bike menschliche Beziehungen zerstören? Das Stahlbike Legor Cicli LWTUA wirft mit seinem Namen diese Frage auf, hat unser Redaktionsteam aber mit seinen cleveren Details sofort in seinen Bann gezogen. Wir haben den Custom-made-Traum aus Barcelona getestet – ob die Liebe gehalten hat, wofür der kryptische Modellname steht und was das Gravelbike aus Stahl wirklich kann, verraten wir euch im Folgenden.

Hier findet ihr den aktuellen Test des besten Gravel-Bikes

Legor Cicli LWTUA
Legor Cicli LWTUA | 9,35 kg | 3.170 € (Rahmenset)

Was macht ein vollkommenes Gravelbike aus? Während viele Hersteller ein Bike mit dicken Reifen, komfortablem Rahmen und massig Anschraubpunkten für Rahmentaschen als die ultimative Gravel-Wahrheit propagieren, geht das Legor Cicli LWTUA einen großen Schritt weiter: Die integrierte Beleuchtung aus dem Hause Supernova mit Nabendynamo und der clever kombinierte Mix aus Mountainbike- und Rennrad-Komponenten aus dem Hause Shimano machen das Bike zum Detailgott. Für 3.170 € erhält man einen von Meister Mattia Paganotti handgefertigten Rahmen auf Maß aus Custom-Columbus-Rohren, der mit viel Glück bereits die ersten Streicheleinheiten von Mattias Hauskatze bekommen hat. Der Preis umfasst zudem eine Enve Carbon-Gabel, einen Chris King-Steuersatz, moderne Syntace 142×12-Ausfallenden und einen einfarbigen Paintjob nach Wahl. Unser Testbike (das persönliche Bike von Mattia) kostet rund 8.800 € und kommt auf ein Gesamtgewicht von 9,35 kg in der Custom-Rahmengröße des Meisters: Oberrohr 52 cm, Sitzrohr 54 cm. Diese Mischgröße verdeutlicht das Custom-Prinzip.

Legor Cicli LWTUA

Auf der Ausstattungsliste findet sich dann nur die Crème de la Crème der Bikepart-Porno-Industrie: Enve M50 650B-Laufräder kombiniert mit sexy Maxxis Ikon-Reifen in Tan-Wall-Optik, garniert mit einem 440 mm breiten Enve-Cockpit. Ein richtiges Highlight ist der bereits erwähnte Nabendynamo im Vorderrad mit integrierter Supernova-Beleuchtung an Front und Heck, der nicht nur für Commuter, sondern vor allem auch für Adventurer oder auf der unerwartet längeren Feierabendrunde praktischen Mehrwert bringt. Die Kehrseite der Medaille ist, dass der Nabendynamo bleischwer im Vorderrad hängt und dadurch die Front träger macht. Sprints mag das Bike in dieser Konfiguration nicht. Zudem sind aufgrund des hohen Nabenflansches die Speichen in der Front etwas kürzer, was in Kombination mit den sehr steifen und 21 mm breiten Enve M50-Carbonfelgen für spürbar weniger Komfort sorgt. Womit wir auch zum einzigen Punkt kommen, der die Testcrew unbefriedigt ließ: Trotz Stahl-Rohrsatz bietet das Legor Cicli LWTUA wenig Komfort. Der Reifendruck in den 2,2″ breiten Maxxis Ikon-Reifen möchte ebenfalls penibel eingestellt werden, um eine gute Balance aus Traktion und Kurvenpräzision zu erreichen und einen nervigen Bounce-Effekt beim Treten in der Ebene zu vermeiden. 1,4 bis 1,6 bar stellten sich während unseres Tests und bei einem Fahrergewicht von 75 kg als guter Kompromiss heraus.

Legor Cicli LWTUA
Tuning-Tipp: Luftdruck anpassen auf Untergrund, passende Laufrad-Reifen-Kombination wählen

Wie in jeder Beziehung ist Verständnis das A und O. In dieser Konfiguration möchte das Legor kein spritziger Gravel-Racer sein, sondern ein treuer und gemütlicher Begleiter – bis auf den geringen Komfort begeistert das Bike hier absolut. Dasselbe gilt für die Mischung aus 1×11 Shimano R785 Di2-Schalthebeln, XT-Di2-Schaltwerk und hydraulischen XTR-Bremsen, welche die beste Bremspower im gesamten Testfeld aufweisen. Die programmierte Schaltlogik – rechts runter, links rauf – funktioniert intuitiv und erinnert an das Setup einer SRAM Red eTap.

Legor Cicli LWTUA Legor Cicli LWTUA
Legor Cicli LWTUA
Bei Legor gibt es quasi keine Grenzen.

Aber wofür steht nun der Modellname LWTUA? Joy Division Fans erahnen es: Love will tear us apart. Kein Bike-Besitzer würde das zu seinem Bike sagen – schon eher der Partner oder die Partnerin des Bike-Besitzers, wenn er oder sie sieht, wie viel Aufmerksamkeit dieses Bike dank seiner (Detail-)Liebe erhält. Übrigens hat Mattias Frau den Namen für dieses Modell bei einem Glas Bier vorgeschlagen. Glücklicherweise wurde ihre Ehe von dem legendären italienischen Rahmenbauer Zullo geschlossen. Und man sagt, was Zullo zusammenschweißt, hält für immer.

Legor Cicli LWTUA
Helm Poc Tectal | Brille Pit Viper The Absolute Freedom | Tanktop Secondhand | Shorts Levi’s Socken The Wonderful Socks | Schuhe Giro Empire VR90

Das Legor Cicli LWTUA im Detail

Schaltung Shimano XT Di2
Laufradsatz ENVE M50
Bremsen Shimano XTR
Reifen Maxxis Ikon
Gewicht 9,35 kg
Preis 3.170 € (Rahmenset)

Legor Cicli LWTUA
Die kleine Heckleuchte und die Shimano XTR-Discs sind definitive Highlights am LWTUA.
Legor Cicli LWTUA
Unschön: die vielen Kabel und die Di2-Junctionbox unterm Vorbau. Schön: die Maxxis Ikon-Reifen mit Tan-Wall-Optik.
Legor Cicli LWTUA
Notwendiges Übel: Der SONdelux-Nabendynamo versorgt die hervorragende Supernova-Lichtanlage mit Strom. Allerdings sind die rund 250 g Mehrgewicht in der Front spürbar.
Legor Cicli LWTUA
Die Shimano Ultegra Di2-Hebel kombiniert Mattia mit einem Shimano XT-Schaltwerk – die Funktion ist tadellos, die Schaltlogik ähnlich programmiert wie bei der SRAM Red eTap.
Legor Cicli LWTUA
Das Legor LWTUA bietet die Möglichkeit bis zu 2.2” breite 650B Reifen oder 700 x 45 mm breite Reifen zu montieren.

Die Geometrie des Legor Cicli LWTUA

Legor Cicli LWTUA Legor Cicli LWTUA

Fazit

Wer ein individuelles, handgemachtes Stahl-Schmuckstück aus Barcelona will, der hat mit Legor Cicli das Werk eines der angesagtesten Rahmenbauer gefunden. Unser Testbike überzeugte mit massig Charme, viel Know-how und grandiosen Details – zu einem fairen Preis. Wer mit dem Gedanken spielt, ein Custom-Bike anzuschaffen, sollte schon mal anfangen, den Traum genauer zu definieren. Denn bei Legor gibt es quasi keine Grenzen. Glücklicherweise ist Mattia nicht nur jemand, der etwas vom Handwerk und der richtigen Ausstattung versteht, sondern auch vom Fahren selbst. Damit kann er hilfreiche Tipps für alle Unentschiedenen liefern.

Stärken

– cleverstes Gesamtkonzept
– Design & Finish
– Supernova-Lichtausstattung
– Custom XTR-Bremsen
– Kombination von Ultegra Di2 STIs und XT-Schaltwerk

Schwächen

– Front sehr steif, für ein Stahlbike wenig Komfort
– Laufräder etwas zu steif


Mehr Infos findet ihr unter: legorcicli.it

Hier findet ihr den aktuellen Test des besten Gravel-Bikes

Alle Bikes im Test: Festka One Gravel | Merida Silex 9000 | Moots Routt RSL | Open U.P. | Rondo Ruut CF2Salsa Cutthroat Force 1 | Specialized Diverge Comp | Specialized Sequoia Elite | Trek Crockett 7 Disc | Trek Procaliber 9.9 SL RSL | Votec VRX Elite

Text: Robin Schmitt, Manuel Buck, Benjamin Topf, Hannah Troop Fotos: Valentin Rühl


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