Das Kinesis Tripster AT-Gravel-Bike aus Aluminium will den Spirit des legendären Titan-Tripster ATR zu einem erschwinglicheren Preis bieten, aber hat es auch die gleiche abenteuerlustige DNA? Wir haben das 2.200-£-Bike auf den Gravel-Pisten Schottlands getestet, um es herauszufinden.

Kinesis Tripster AT | 9,51 kg in Größe 54 | 2.200 £ | Kinesis-Website

Das Kinesis Tripster ATR Titanium ist ein legendäres Bike für alle, die den Horizont als angemessene Herausforderung ansehen und ihre Abenteuer in Tagen statt Stunden messen. Das Tripster AT aus Aluminium verfügt über den gleichen Spirit und eine identische DNA, denn es teilt die Geometrie und den Charakter des Titan-Modells, doch das alles verpackt in einem erschwinglicheren Paket. Mit einem Hinterbau, der mit Leichtigkeit Reifen bis zu einer Breite von 700 x 45C bzw. 650 x 52B aufnehmen kann, besitzt das Tripster AT ein super variables Design. Das Kinesis ist in zwei Farben erhältlich sowie in den Größen 48 / 51 / 54 / 55,5 / 57 / 60 und 63 cm. Es besteht außerdem die Option, lediglich Rahmen und Gabel für 699,99 £ zu kaufen oder das Bike als Komplettaufbau für 2.200 £ zu erwerben, mit der SRAM Rival 1-Schaltgruppe und Kinesis Crosslight CX Disc V4-Laufrädern.

Das Tripster AT im Detail

Das Tripster AT wurde gemeinsam mit dem 2017 verstorbenen Mike Hall entworfen. Er gewann mehrfach die Tour Divide und das Trans Am Bike Race, war legendärer Ultra-Distanz-Radfahrer und brachte in den Entwicklungsprozess sein umfangreiches Wissen zum Thema Bikepacking ein. Die kräftigen Rahmenfarben stammen ebenfalls von Mikes Input und durch seine hohe Sichtbarkeit fällt das Bike absolut auf – das sorgt sowohl für Sicherheit auf der Straße und ist gleichzeitig eine Hommage an Mike. Der Rahmen wird aus einer Kinesium-Legierung hergestellt, besitzt eine Steckachse mit 142 x 12 mm am Heck und kann sowohl eine mechanische als auch eine elektronische Di2-Schaltung aufnehmen. Außerdem verfügt das Tripster AT über ein standardmäßiges geschraubtes BSA-Tretlager, eine 27,2-mm-Sattelstütze für erhöhten Komfort und Gewinde zur Gepäckträger- sowie Schutzblechbefestigung. Es rollt auf dem hauseigenen Crosslight V5-Laufradsatz mit 23 mm Innenweite und einem Gewicht von 1.720 g sowie Schwalbes G-One 700 x 38C Gravel-Reifen. Der 1×11-Antrieb besitzt ein Kettenblatt mit 40 Zähnen und eine Kassette mit 11–42 Zähnen und besteht aus einem SRAM Rival 1-Schaltwerk and Apex 1-Schalthebeln. Darüber hinaus hat das Tripster AT eine Columbus Futura Cross-Starrgabel aus Carbon mit 12-mm-Steckachse und einem Flip-Chip, der es euch erlaubt, einen Vorlauf von entweder 47 oder 52 mm zu nutzen. Da das Bike so vielseitig eingesetzt werden kann, hat uns das Fehlen von Flaschenhaltern an der Gabel ein wenig enttäuscht, doch am Rahmen gibt es drei Befestigungsmöglichkeiten für Flaschenhalter. Das Gesamtpaket vervollständigt der Ritchey Evomax Comp-Lenker, der mit seinem Flare von 12° die Geländegängigkeit erhöht.

Das Kinesis Tripster AT ist die Alu-Version des legendären Tripster ATR aus Titan. Auch wenn es der günstigere Bruder ist – an seiner Lackierung ist nichts Zurückhaltendes.
Die SRAM Apex-Schalthebel bieten eine zufriedenstellende Schalt-Performance, doch die Double-Tap-Funktion ist nicht ganz so angenehm wie bei der Shimano GRX
Die Kinesis Crosslight V5 700C-Laufräder sind zwar tubeless-ready, aber leider kann man dasselbe nicht von den Reifen behaupten
Dank dem Flip-Chip in der Columbus-Starrgabel kann man den Gabelvorlauf zwischen 47 oder 52 mm verstellen. In der Realität fühlt sich der Unterschied allerdings doch sehr dezent an.

Kinesis Tripster AT

2.500 €

Ausstattung

Sattelstütze Ritchey Aluminium 27,2 mm
Bremsen SRAM Apex 1 HYD 160/160 mm
Schaltung SRAM Apex 1 / SRAM Rival 1
Vorbau Ritchey Aluminium
Lenker Ritchey Evomax Comp
Laufräder Kinesis Crosslight V5 tubeless-kompatibel 700C
Reifen Schwalbe G-One All Round Race Guard 700 x 38C
Übersetzung 40er-Kettenblatt, 172,5-mm-Kurbeln und eine Kassette mit 11–42 Zähnen

Technische Daten

Größe 48 51 54 55,5 57 60 63
Gewicht 9,51 kg


Der 12°-Flare am Ritchey Evomax Comp bietet im rauen Gelände mehr Hebelwirkung auf den Drops

Die Geometrie des Kinesis Tripster AT

Wir haben ein Tripster AT in Größe 54 cm zum Testen erhalten, passend für Fahrer zwischen 171 und 178 cm. Mit einem Reach von 383,8 mm und einer effektiven Oberrohrlänge von 550 mm fühlt sich die Größe relativ kompakt an, doch unser Tester mit Schuhgröße 41 hatte auch bei kurzem Gabelvorlauf von 47 mm keine Probleme mit Toe-Overlap. Der großzügige Radstand von 1.038 mm und der 70,5°-Lenkwinkel sind ein Wink in Richtung der „Länger-und-flacher“-Revolution. Durch den 579,4-mm-Stack und die Tretlagerabsenkung von 70 mm sitzt der Fahrer angenehm ins Bike integriert und die 440 mm langen Kettenstreben versprechen ein vorhersehbares Kurvenverhalten. Die Sitzposition wird definiert von dem 74° steilen Sitzwinkel. Insgesamt ist die Geometrie eher entspannt als aggressiv und begünstigt eine aufrechtere Position.

Größe 51 54 55,5 57 60
Sattelrohr 510 mm 540 mm 555 mm 570 mm 600 mm
Oberrohr 540 mm 555 mm 560 mm 570 mm 585 mm
Steuerrohr 135 mm 160 mm 172,5 mm 185 mm 210 mm
Lenkwinkel 70,5° 70,5° 70,5° 70,5° 71,0°
Sitzwinkel 74,0° 74,0° 73,0° 73,0° 73,0°
Kettenstrebe 440 mm 440 mm 440 mm 440 mm 440 mm
BB Drop 70 mm 70 mm 70 mm 70 mm 70 mm
Radstand 1.032,7 mm 1.038,25 mm 1.043,8 mm 1.054,4 mm 1.065,0 mm
Reach 380,6 mm 383,8 mm 384,7 mm 385,6 mm 392,8 mm
Stack 555,9 mm 579,4 mm 591,2 mm 603 mm 628,7 mm
Wir haben das Tripster AT auf den ausgedehnten Schotterstraßen und leeren Landstraßen in Scottish Borders getestet

Das Kinesis Tripster AT Adventure-Bike im Test

Das Kinesis Tripster AT ist wie gemacht für abenteuerlustige Fahrer, die nach einem echten Alleskönner-Bike suchen, das nicht gleich das Bankkonto ins Verderben stürzt. Daher haben wir das Bike im schottischen Grenzgebiet genau so getestet, wie es sich für ein waschechtes Adventure-Bike gehört: Auf verregneten Pendler-Fahrten haben wir den Packesel mit aggressiver Farbgebung ebenso eingesetzt wie auf Abfahrten über Gebirgskämme bei Sonnenaufgang. Die Geometrie passt hervorragend zum Einsatzzweck des Tripster AT. Die langen 440-mm-Kettenstreben mögen in engen Kurven zwar ein wenig Elan stehlen, doch sie platzieren das Gewicht des Fahrers zentral im Bike. Die aufrechte und komfortable Sitzposition verleiht dem Vorderrad satten Grip – ein echter Vorteil für Langstrecken-Bike-Packer, denn dadurch fühlen sich die mehrtägigen Missionen friedlich an und nicht wie Folter. Die aufrechte und kompakte Position hilft außerdem dabei, die Ermüdungserscheinungen bei Gravel-Ausfahrten mit dreistelliger Kilometeranzahl zu verringern. Auf der Straße fühlen sich die entspannte Geometrie und die aufrechte Position mehr laufruhig als sportlich an, und das 160 mm lange Steuerrohr wirkt bei Vollsprints mit zusammengebissenen Zähnen eher demotivierend. Stattdessen versprüht es einen entspannten „Genießt-die-Aussicht“-Vibe. Das Bike verbindet Gravel-Passagen und Asphalt-Strecken mit unkomplizierter Effizienz und guter Laune.

Was den Komfort des Kinesis Tripster AT angeht, ist es zwar nicht übertrieben straff, kann aber seinem Titan-Bruder nicht das Wasser reichen, und wer mit dem Bike epische Trips vorhat, sollte sich besser nach einer nachgiebigeren Carbon-Sattelstütze umsehen. Die Schwalbe G-One 38C-Reifen rollen flink und bieten einen guten Allround-Grip. Im Gelände ist das Fahrgefühl selbstbewusst und ausgewogen. Laufruhe hat klar den Vorzug gegenüber Agilität bekommen, doch für den geplanten Einsatzzweck des Bikes ist das genau die Eigenschaft, die man sich wünscht. Wir können uns gut vorstellen, dass das Tripster AT – schwer beladen mit Bikepacking-Taschen – deutlich mehr Zeit als Packesel verbringen wird, als KOMs auf Radwegen zu jagen, und sein vorhersehbares Naturell ist genau dafür perfekt geeignet.

Mit seinen langen 440-mm-Kettenstreben positioniert das Tripster AT den Fahrer schön zentral. Das sorgt für erhöhte Laufruhe und ein unkompliziertes Handling.
Hier fühlt sich das Tripster AT zu Hause – beim Verbinden endloser Offroad-Wege und Erkunden neuer Pfade
Das Tripster AT ist das ideale Bike für Fahrer, die nach einem günstigen Alleskönner-Adventure-Bike suchen
Für nur 2.200 £ eröffnet das Tripster AT vielen Fahrern Momente wie diesen – was will man mehr?

Der Flip-Chip an der Columbus-Gabel erlaubt es, entweder einen Gabelvorlauf von 47 oder 52 mm zu fahren. In der Theorie sorgt eine Erhöhung des Vorlaufs, auch Offset genannt, für einen reduzierten „Trail“ – das ist der horizontale Abstand zwischen dem Punkt, an dem das Vorderrad den Boden berührt, und der gedachten Stelle, an der die Lenkachse auf den Boden trifft. Die Erhöhung des Vorlaufs wiederum bringt eine gesteigerte Reaktionsfreudigkeit mit sich, jedoch auch eine verringerte Laufruhe und umgekehrt. Daher sollte der 52-mm-Vorlauf agiler sein, wohingegen der 47-mm-Vorlauf bei höheren Geschwindigkeiten mehr Stabilität bieten sollte. In der Realität haben wir nach ausführlichem Testen die minimal präzisere Lenkung und den längeren Radstand bei einem Vorlauf von 52 mm bevorzugt, doch der Unterschied war fast nicht zu spüren.

In Kurven verhält sich das Tripster AT eher stabil als agil und carvt vorhersehbare Linien

Der SRAM Apex-/Rival-Antrieb schaltet zwar sauber, doch auch ein wenig laut zwischen seinen Ritzeln hin und her. Verglichen mit der noch jungen Shimano GRX-Schaltung fühlen sich SRAMs Double-Tap-Schaltvorgänge jedoch mittlerweile weniger intuitiv an. Anders als bei Shimano kann man mit Double-Tap auch nicht gleichzeitig schalten und bremsen. Und falls ihr vergesst, dass ihr bereits im niedrigsten Gang seid, und deshalb versucht, noch weiter runterzuschalten, schaltet ihr im schlimmstmöglichen Moment nach oben. Der Ritchey Evomax Comp-Lenker mit 12° Flare ist komfortabel und bietet genug Flare an den Drops, um euch bergab zu helfen, während ihr auf den Hoods eine kompakte Position für die Passagen auf Straßen einnehmen könnt. Leute mit großen Händen werden die Krümmung des Lenkers als relativ eng empfinden, doch das dürfte nur eine kleine Zahl an Fahrern betreffen. Die hauseigenen Kinesis Crosslight-Laufräder rollten in unserem Test gut und mussten zudem einiges einstecken, was sie auch ohne Murren taten. Einzig die langsame Einrastgeschwindigkeit des Freilaufs mit lediglich drei Sperrklinken war für uns spürbar, wenn wir im rauen Gelände Gas geben wollten.

Leider wird das Kinesis Tripster AT nicht tubeless ausgeliefert, was für diesen Preis okay ist. Doch auch wenn die Laufräder zumindest schon mal tubeless-ready sind – die einfachen Schwalbe G-One-Reifen sind es nicht. Daher dürfte jeder enttäuscht sein, der vom erhöhten Speed und Komfort von tubeless profitieren möchte, denn er wird erst mal in einen kostspieligen Reifenwechsel sowie Dichtmittel investieren müssen. Wir hätten lieber Tubeless-ready-Reifen als Standard gesehen und dafür ein wenig mehr bezahlt. Alles in allem ist das Tripster AT zwar ein spitzenmäßiges Adventure-Bike zum kleinen Preis. Allerdings schläft auch die Konkurrenz nicht und ihr könnt euch per Direktversand ähnlich ausgestattete Bikes für weniger Geld kaufen, etwa das Canyon Grail AL 7.0 für 1.499 € oder das ROSE BACKROAD GRX RX600 für 2.499 €. Wenn ihr euch jedoch in das markante Tripster AT verliebt habt, könnt ihr auch den Rahmen allein kaufen und ihn mit dem neuen Shimano GRX-Antrieb sowie Komponenten eurer Wahl aufbauen.

Insgesamt ist das Tripster AT ein spitzenmäßiges Allrounder-Bike für alle, die noch etwas Kohle für Abenteuer übrighaben wollen

Tuning-Tipps: wechselt die Reifen und fahrt das Bike tubeless | kauft ein paar vernünftige Bikepacking-Taschen und stürzt euch ins Abenteuer

Fazit

Auch wenn die Alu-Version des Kinesis Tripster AT euer Herz nicht ganz so höher schlagen lässt wie das Titan-Modell, ist es ein komfortables und unkompliziertes Adventure-Bike, das in der Lage ist, es mit langen Tagen im Sattel aufzunehmen. Wenn ihr nach einem bezahlbaren Einstieg in die Welt des Bike-Packings oder nach einem Commuter-Bike mit Offroad-Vorlieben sucht, dann ist das Kinesis Tripster AT ein durchdachter Gravel-Bike-Allrounder, den ihr auf jeden Fall im Auge haben solltet.

Tops

  • unkompliziertes Bike, aufrechte Sitzposition
  • laufruhig und vorhersehbar
  • auffällige Lackierung zieht Blicke an und sorgt für Sicherheit auf der Straße
  • guter Gravel-Allrounder

Flops

  • Tubeless erst nach Reifenwechsel möglich
  • SRAM Apex-/Rival-Antrieb ist ein wenig schwerfällig

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