Anke hatte in ihrem Leben exakt einen Schlauch gewechselt. Die logische Konsequenz: eine Fahrrad-Tutorial-Serie auf YouTube starten. Damit man sich als Anfänger endlich mal nicht fühlt wie ein Depp. Und am Ende nicht nur weiß, was bei Platten zu tun ist, sondern auch (Spoiler!) was ein Mini-Shetlandpony mit der Sattelhöhe zu tun hat.

Wenn auf YouTube erklärt wird, wie man einen Platten repariert, dann steht da meist Kai-Uwe vom Bike Shop 0815 in seiner Werkstatt, das Rad hängt lässig am Montageständer und der klinisch saubere Reifen wird in schlafwandlerischer Sicherheit ab- und wieder aufgezogen. Kai-Uwe hat das schließlich schon zig Mal gemacht.

Ich hingegen besitze keinen Montageständer. Hatte bisher exakt einen Platten. Mein Reifen ist selten sauber, wenn ich auf dem Feldweg liegen bleibe. Und jedes Mal, wenn ich mir auf YouTube ein Fahrrad-Tutorial zu was auch immer anschaue, fühle ich mich wie ein Depp. Weil bei den ganzen Mechanikern und Ex-Profis, die da zwischen den „Abonnieren“-Buttons herumspringen, immer alles so unfassbar einfach aussieht. Das geht zack-zack und das Rad ist wieder fit. Aber bei mir geht NIE irgendwas zack-zack!

Merci Pandemie – Die Einäugige unter den Blinden

Dass ich nach viel qualvoller Zeit im Internet und einigen Notaufnahmen im Fahrradladen inzwischen aber zur Einäugigen unter den Blinden geworden bin, habe ich Corona zu verdanken. Schließlich hat diese unsägliche Pandemie zumindest einen positiven Effekt gehabt und gefühlt mehr Menschen aufs Fahrrad gebracht als Stäbchen in unsere Nasenlöcher. Plötzlich stand mein halber Bekanntenkreis auf der Matte und wollte wissen, was für ein Gravel-Bike man sich denn nun kaufen solle, ob der vom Online-Anbieter mitgelieferte Maulschlüssel ein Drehmomentschlüssel sei und wie man dieses komische Ventil mit dem wackeligen Nupsi oben aufpumpt.

Das Prinzip, dass man nur jemanden finden muss, der dümmer ist als man selbst, um sich richtig schlau zu fühlen, funktioniert im Bike-Biz so gut wie nirgends sonst. Schließlich fährt man als Neuling erst mal gegen eine Wand an Fachwissen – und trifft nicht immer auf Verständnis bei den (Achtung Wortwitz!) erfahreneren Kollegen.

Niemand wird geboren und weiß, wie man ein Hinterrad ausbaut

Vor allem im Internet herrscht oft eine erschreckende Empathiebefreitheit, wenn vermeintlich dumme Fragen gestellt werden. Dass die Better-knower auch nicht auf die Welt gekommen sind und wussten, dass man zum Ausbauen des Hinterrads aufs kleinste Ritzel schalten sollte (geschweige denn was ein Ritzel überhaupt ist), wird oft vergessen. Da ich so etwas aber auch erst seit Kurzem weiß und sich mein Ego nicht darum schert, das auch zuzugeben, war die logische Schlussfolgerung: selbst zum Erklärbär auf YouTube werden. Deswegen ist der nächste Satz auch aus dem Teaser von „How To fahrRad“ geklaut: der ersten Fahrrad-Tutorial-Serie, deren Kernkompetenz auf Inkompetenz beruht.

Wenn die Messlatte niedrig hängt, sind Erfolgserlebnisse garantiert

Denn mal ganz ehrlich: Wenn Menschen im Wohnzimmer versuchen, das nachzumachen, was Kai-Uwe da in seiner Werkstatt vortanzt, sieht das bei 90 % anders aus. Und das frustriert. Bei mir hingegen hängt die Messlatte erreichbar niedrig. Quasi mit Erfolgsgarantie. Inklusive Fails für die gute Laune.

Da ich aber auch noch einen richtigen Job habe und eigentlich Journalistin bin, kann man trotzdem darauf vertrauen, dass die Infos stimmen. Weil ich sie vorher recherchiert habe. Und ich weiß, dass es keine gute Idee ist, eine Unterhose unter der Radhose anzuziehen. Weil ich es ausprobiert habe.

Fake It Till You Make It

Zugegeben: Am Anfang war das alles nur ein Schnapsidee. Eine PowerPoint-Präsentation, die ich an einem verregneten Sonntagabend auf der Couch gebastelt habe, ein Schuss ins Blaue. Komplett auf dicke Hose gemacht und allen erzählt, wie geil das wird – obwohl ich in meinem Leben noch kein Tutorial gedreht habe. Aber als plötzlich Firmen wie Specialized, Rapha, Oakley und Shimano mit an Bord waren, bin ich aus der Nummer nicht mehr rausgekommen.

Zum Glück hat aber auch die Crew von GRAN FONDO ein Herz für Hochstapler und mich schon nach 30 km gemeinsamer Feierabendrunde adoptiert – weswegen ich ab sofort als Anfänger vom Dienst in der Redaktion die Fragen stelle. Teamwork, dream work und so.

Ich lerne also nicht nur, wie man ein Hinterrad ausbaut, sondern auch, wie man das vor einer Kamera macht, ohne die ganze Zeit im Weg zu stehen. Denn bei How To fahrRad sind nicht nur die Reparaturen Learning by Doing, sondern auch die Tutorials selbst. Innerlich sterbe ich schon beim Gedanken an mansplainende YouTube-Kommentare. Aber was tut man nicht alles für den Fame? Wobei es mir ja tatsächlich viel mehr darum geht, Menschen mit Pannen von den Feldwegen zu holen, ohne dass sie dabei schlechte Laune haben. Auch wenn ich dafür ein Mini-Pony casten muss (Thema Sattelhöhe, weißte Bescheid).

In diesem Sinne: Bitte abonnieren! Folgen! Liken!
So läuft das ja anscheinend im Internet …

Subscribe here: www.youtube.com/anke_is_awesome
Follow there: @anke_is_awesome


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Anke Eberhardt Fotos: Julian Rohn