wie auf Wolke sieben. Getreu dem Spruch „Gute Fahrt und bleib sitzen”, haben wir den neuen High-End- Sattel einem Härtetest unterzogen.

420 € für einen Sattel? Ist der aus Gold? Quatsch – das wäre viel zu schwer!
Stattdessen setzt der 3D-gedruckte Nago R4 PAS 3DMSS auf eine innovative Leichtbauweise, die ihm Flaggschiff-Status verleiht. Ob 3D-gedruckte Teile für Autos, in der Medizin oder ganze Häuser – der Hype hat mittlerweile nicht nur den Radsport fest im Griff. Dank der Technologie können Teile und Strukturen nach ihrem Kräfteverlauf so konstruiert und hergestellt werden, dass weniger Rohstoff bzw. Material verwendet werden muss. Nicht zuletzt kann gewichtsreduziert hergestellt werden und bei möglichen Gewichtseinsparungen werden wir Roadies ja direkt hellhörig 😉. Eine Bib-Shorts mit 3D-gedrucktem Sitzpolster hatten wir übrigens auch schon im Test: Gore Ultimate Tesbericht.
Das Top-Modell der Prologo Nago-Serie ist mit Vollcarbon-Schale und -Rails ausgestattet, misst 245 mm Länge und eine Breite von 137 mm und bringt dabei ein Federgewicht von 146 g auf die Waage. Zwischen 150 und 190 g wiegen die 3D-gedruckten Sättel der Mitbewerber bei einem Kaufpreis von 149 € bis 420 €. Der Nago R4 PAS 3DMMS liegt also preislich am oberen und beim Gewicht am unteren Ende der Fahnenstange.
Für von Sitzproblemen geplagte Roadies kann der perfekte Sattel jedoch wirklich pures Gold wert sein. Aber muss man für optimalen Sitzkomfort tatsächlich direkt die goldene Amex zücken? Wie wir es kürzlich selbst in einem Test probiert haben, kann ein professionelles Bikefitting viel genauer auf individuelle Probleme eingehen und vor dem Kauf teurer Upgrades bares Geld sparen.
Durch die Auswertung der Druckverteilung verschiedener Fahrer – vom Profi wie Tadej Pogačar bis zu Amateurfahrern – konnten, laut Prologo, verschiedene Härtezonen am Sattel entwickelt werden. Diese sollen den Druck an den Stellen mindern, wo er auftritt, ohne dabei insgesamt zu weich zu sein.
Durch das spezielle Verfahren spart Prologo Material und drückt das Gewicht deutlich unter das der Konkurrenz. Doch rechtfertigt das den Preis? Wir haben es für euch ausgesessen.

Im Test: Was kann der Prologo Nago R4 PAS 3DMSS?
Den Nago R4 PAS 3D haben wir auf Herz und Nieren getestet – und ja, man will gerne darauf sitzen bleiben! Das futuristische Aussehen macht definitiv einen gewaltigen Eindruck.
Beim Design und der Konstruktion setzt Prologo auf die hauseigene Auswertung aus der Pressure Map MyOwn, bei der mit 50 auf der Sitzfläche verteilten Sensoren Druckmessungen des jeweiligen Fahrers auf den Sattel ausgeübt werden. In Bereichen, wo keine Belastung festgestellt wurde, konnte Material eingespart werden, was eine deutliche Gewichtsreduzierung bei einem schon ohnehin leichten Bauteil am Bike zur Folge hat.
Auf den Rails wird der 3D-gedruckte Sitzbereich angebracht. Er bildet den wichtigsten Kontaktpunkt zwischen Mensch und Maschine. Bei der Montage ist die Verwendung von hochovalen Sattelklemmen allerdings ein Muss. Das Druckverfahren ermöglicht es, verschiedene Zonen unterschiedlich weich und hart zu gestalten. Dabei spielt die Druckdichte der Wabenstruktur eine entscheidende Rolle. Prologo hebt sich mit dem MSS (Multi Sector System) von anderen Herstellern am Markt ab.
Der erste Sitzeindruck ist, wie wenn man auf einem neuen Sofa Platz nimmt. Etwas härter als erwartet, aber dennoch eine sehr nachgiebige Struktur. Aufgrund der Nachgiebigkeit muss auch die Sattelhöhe um 1 bis 2 mm höher gestellt werden, da man sonst zu tief sitzt. Die Passform und das Wohlbefinden auf dem Sattel sind natürlich subjektiv und unterscheiden sich sowohl von Fahrer zu Fahrer und den damit verbundenen Fahrstilen sowie Sitzpositionen.
Es gibt über die Sitzfläche verteilt fünf verschieden harte Zonen. In unserem Test konnten wir diese deutlich spüren. Gerade bei sehr sportlicher Position auf dem Renner konnte man entgegen der Erwartungen sehr bequem auf der Sattelnase sitzen, was bei normalen Sätteln nach etlichen Stunden Renntempo zur Qual wird. Somit variieren die Dämpfungseigenschaften beziehungsweise Härtegrade des Sattels je nach Bereich. In der Mitte ist die Struktur zum Beispiel deutlich weicher und dünner als hinten und eine Aussparung für den Weichteilbereich sorgt für zusätzliche Entlastung.


Auf langen Touren jenseits der 130 km oder bei Ausfahrten über mehrere Stunden, und das bei nicht perfektem Untergrund, spielt der Prologo Nago R4 3D seine Stärke aus: Die Kombination aus der natürlichen Dämpfung von Carbon und der speziellen 3D-gedruckten Struktur schluckt Unebenheiten souverän. Damit eignet sich der Sattel nicht nur für den klassischen Straßenrenner, sondern macht auch im roughen Gelände eine gute Figur. Die dämpfende Eigenschaft variiert jedoch mit unterschiedlichen Bibshorts und deren eingearbeiteten Polstern. Trotzdem bleibt die Konstruktion formstabil, sodass man nicht ins Hüpfen gerät und keine Pedalkraft verliert – ein typisches Problem bei einem zu weichen Sattel, der bei jedem Tritt nachgibt.
Eine Gummioberfläche neigt eigentlich dazu, bei Regen oder Schweiß rutschig zu werden.
Die Vielzahl von Regenfahrten über die Weihnachtszeit haben aber genau das Gegenteil gezeigt. Man rutscht dank der offenen Struktur nicht hin und her, da das Wasser nicht auf dem Sattel „stehen” bleibt. Gleiches bestätigt sich auch auf der Rolle bei langen, schweißtreibenden Indoor-Einheiten. Durch die Kühlung mit einem Ventilator, die dem Fahrtwind gleichkommt, bildet sich kein Arschwasser, was sehr angenehm ist, da die Haut nicht aufweicht und sich keine wunden Stellen bilden.
Braucht man den Prologo Nago R4 3DMSS-Sattel?
Ja! Wer einen sehr hochwertigen, leichten Sattel sucht, der durch innovative Technologien das letzte bisschen Performance und Komfort herauskitzelt, ist hier genau richtig. Alle Gewichtsfanatiker und Bikeästheten kommen hier voll auf ihre Kosten – das hat allerdings auch seinen Preis. Trotzdem gibt es eine gewisse Voraussetzung: Die eigene Becken-Anatomie muss zur nicht individualisierbaren Form des Prologo Nago R4 3D passen! Ist dies nicht der Fall, bringt selbst das letzte bisschen Hightech nichts.
Wenn er passt, bringt er durch die fünf Zonen einen deutlichen Komfortgewinn ohne Leistungsverlust. Die vielseitige Einsetzbarkeit von groben Untergründen bis zur perfekt asphaltierten Straße lässt den Prologo Nago R4 3D-Sattel auch am Gravel-Bike performen. Mit seinem futuristischen 3D-Design sorgt er außerdem beim Groupride garantiert für Aufsehen – ein echter Hingucker, der aus der Masse heraussticht. Statt einer Verwarnung gibt’s von der Stylepolizei anerkennendes Nicken und vielleicht sogar ein paar neidische Blicke 😉.

Würden wir den Prologo-Sattel kaufen?
Ja, aber … Der Prologo Nago R4 3DMSS überzeugt durch seine innovative Wabenstruktur, die dank 3D-Drucktechnologie auf der Carbonschale entsteht. Das Ergebnis: Eine angenehm flexible, griffige und luftdurchlässige Oberfläche, die ordentlich Druck entlastet – ohne dabei an Pedalkraft einzubüßen. Die geschickt platzierten Härtezonen unterstützen die individuelle Sitzposition und bieten dadurch spürbaren Komfort auch auf langen Touren und in anspruchsvollen Rennen.

Doch trotz des stolzen Preises ist der Sattel nicht individuell anpassbar. Passt die vorgegebene Form, bekommt man allerdings einen echten High-Performance-Sattel, der sowohl auf der Straße als auch im Gelände überzeugt. Passt er nicht, helfen auch die Hightech-Features wenig. Letztlich bleibt das Thema Sattel eine höchstpersönliche Angelegenheit, die jeder für sich selbst lösen muss.

Tops
- geringes Gewicht
- cooler Look
- hoher Komfort auch auf langen Fahrten und rauen Untergründen
- massig Grip und Belüftung

Flops
- nicht individualisierbar
Mehr Infos auf prolog.it
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Text: Tobias Kübler, Jan Richter Fotos: Jan Richter