Silk Road, Atlas Mountain und jetzt 7.500 km Norwegen–Portugal. Was sich nach einem Abenteuer-Sammelband anhört, erlebt der Gravel-Topathlet und Unbound XL-Winner Sebastian Breuer mit jedem Atemzug. Im Glückstaumel, Schneesturm oder mit gebrochenem Lenker. Wir haben den Ausnahmesportler über Ups, Downs und Skills befragt – und was wir alle daraus ziehen können!

Es ist kalt, saukalt. Genauer gesagt, -7 °C. Ölgeruch steigt mir in die Nase, sonst spüre ich nicht mehr viel. Außer einem knallharten Boden, auf dem mein ausgelaugter Körper liegt. Auch sonst gibt es in der offenen Tankstelle im Atlasgebirge nichts, was Wärme und Leben versprüht. Was mache ich hier eigentlich? Doch kaum fallen die Augen zu, sehe ich wieder die unfassbar schönen Bilder vor mir: lange, geschlängelte Trails inmitten karger Bergketten, Wüste, grüne Oasen. Und super freundliche Menschen. Der Geruch von leckeren Omeletts und Tajine steigt mir in die Nase …

Die Gedanken von Sebastian Breuer entstammen dem Atlas Mountain Race, einem Bikepacking-Rennen über 1.145 km und 20.000 Höhenmeter durch den Hohen Atlas und Anti-Atlas in Marokko. Was hat den Athleten und Vollzeitangestellten aus dem geruhsamen Bensheim im Odenwald dazu bewegt, dort und bei vielen anderen Ultradistanzrennen zwischen unzähligen Profis und Ambitionierten teilzunehmen? Bei Bike-Packing-Rennen ist man immer auf sich selbst gestellt. Allein, auf einem Rad, spärlich bepackt nach einem ausgeklügelten System, das jedem Controlling-Freak das Blut aus dem Kopf sacken lässt. Den ungewöhnlichen Weg des Ex-Radiologen, Ex-Bundesliga-Radfahrers und Ex-MTB-Europameisters hin in die Gravel-Rennszene hat uns Seb bereits in unserem ersten Gespräch erklärt. Doch wie gelingt der dreibeinige Spagat zwischen Leistungssport, Beruf und Privatleben? Und welche Abenteuer, Höhen und Tiefen hat Seb erlebt und was können wir für uns daraus mitnehmen?

Geradeaus, oder wie läuft es?

Ganz klar, als Erstes wollen wir von Seb (wie er genannt wird) wissen, wie er Leistungssport, berufliches und privates Leben unter einen Hut bekommt. Die Antwort kommt prompt: „Wichtig ist, dass man seine Ziele klar definiert und diese auch verfolgt. Und dass man aus Tiefschlägen lernt und schnell wieder aufsteht.“ Ein Beispiel in seiner MTB-Karriere: Zwei Wochen vor der Mountainbike-Marathon-EM ‘21 erfuhr Seb vom BDR, dass er doch nicht aufgestellt wird. Sein großes Ziel damals, die EM, einfach aufgeben? No way! Der Athlet bemühte sich um eine Wildcard, organisierte sich, startete – und holte den Europameistertitel. Gefolgt vom Deutschen Meistertitel. Der besondere Wille und sein Durchhaltevermögen schienen ihm ins Gesicht geschrieben. Skills, auf die er noch öfter zurückgreifen wird ….

Für Seb wurde die Rennszene im MTB-Marathon-Bereich bald zu monoton und er wandte sich zu Gravel-Rennen in Langdistanz, was Leistungssport, Freiheit und Abenteuer vereint. Für ihn der perfekte Schmelztiegel. Aber auch der erfordert viel Engagement und einen starken Willen, wie Seb erklärt. „Es läuft nicht immer geradeaus, man muss selbst aktiv werden und auch unbequeme Situationen meistern.“ Zack, sofort schwirrt einem die Gedankenwolke „Raus aus der Komfortzone“ vor Augen. Seb scheint sein Leben in ein Venn-Diagramm aufzuteilen. Ein Kreis das sportliche Leben, ein Kreis das private und ein Kreis das berufliche. Und in der Schnittmenge fetter Erfolg, oder was? „Nein, ganz so einfach ist das nicht“, lacht Seb. „Man muss gut organisiert sein, damit nichts auf der Strecke bleibt.“ Struktur und gleichzeitig Flexibilität ist dem 34-jährigen gebürtigen Krefelder auf die Stirn geschrieben, schon allein durch seine Arbeit beim Reifenhersteller Schwalbe. Durch Testings, Trainingslager und Beratung für Profiradfahrer und -Triathleten ist er viel unterwegs. Manchmal trainiert auch Seb bei solchen Gelegenheiten, vor allem aber zuhause im Odenwald, vor oder nach dem Bürotag – Dunkelheit und Kälte inklusive.

Man muss gut organisiert sein. Ich habe meine Ziele angepasst und konzentriere mich auf die langen Abenteuer-Rennen, die mich einfach reizen.

Meetings, Telefonate, mit Hund raus, kochen, trainieren… ein Balanceakt, den er korrigiert hat „Ich habe meine Ziele angepasst und konzentriere mich auf die langen Abenteuer-Rennen, die mich einfach reizen. Rennen wie die Word Series habe ich gestrichen. Ich möchte noch Zeit für meine Frau, unser Coffee-Start-up und Freizeit haben.“ Okay, wir haben verstanden. Im Programm stehen jetzt ultra lange Abenteuer-Rides, davon dann aber weniger. Sie haben ihre ganz eigenen Herausforderungen: akribische Vorbereitung, Strategieplanung, Listen abhaken. Bis zum Startschuss. Dann heißt es: Leben im Moment. Und zulassen, aus allen Erfahrungen zu lernen, auch aus schlechten. Unsere Ohren noch weiter gespitzt.

Höhen und … damned Tiefen

Sebs erste Langstreckenfahrt? „Damals hieß es nicht Bikepacking, sondern Radreisen. Nach dem Abi bin ich einfach los, von Krefeld an die Nordsee, nur mit einer Unterhose und einer abgesägten Zahnbürste in der Trikottasche.“ Etwas mehr Gepäck hatte er dann 2019 bei seiner ersten Bickepacking-Ralley von Turin nach Nizza – denn infiziert war er nun. Die Welt leider auch: Durch Corona musste das legendäre Transcontinental-Race (TCR) auf 2022 verschoben werden. Seb erhielt einen Startplatz. „Als self supported Rennen quer durch Europa hatte ich mich riesig auf das TCR gefreut. 4.400 km von Belgien nach Bulgarien. Doch schon bald konnte es mich emotional nicht erreichen. Zu viel Stress, schlechte Organisatoren und überhaupt keinen Spaß. Ich sah es sehr früh nur als Vorbereitung für Badlands an.“ Während des TRCs dann ein harter Schlag: „Ich bekam Knieschmerzen, die ich zu ignorieren versuchte. Doch der Schmerz war unerträglich.“ Nach 1.914 km musste Seb aufgeben. „Natürlich ist es bitter und ich hätte ich es gerne beendet. Aber das Big Picture von Badlands hatte immer Vorrang. Ich konnte dann meinen Fokus voll darauf ausrichten und versuchen, die Knieprobleme in den Griff zu bekommen.“

Gesundheitliche Probleme sind Seb nicht fremd. Schon vor dem TCR, zwischen den Rennen The Traka in Girona und Unbound in den USA, war er an Covid erkrankt. „Meine erste USA-Reise stand lange Zeit in den Sternen. Das war mega hart, weil es ein Highlight werden sollte.“ Klar, das Unbound in Kansas ist ein Klassiker, die Geburtsstätte des Gravel-Rennens, für das der ganze Austragungsort Kopf steht. „Gerade rechtzeitig bin ich gesund geworden und erst in den USA wieder aufs Rad gestiegen.“ Untrainiert an den Start? „Ich wollte einfach die Atmosphäre erleben. Hier kommen alle Größen, sie werden gefeiert wie Filmstars. Dass dabei dann Platz 16 für mich rausgekommen ist, war natürlich mehr als cool. Aber es geht mir bei Unbound um das USA-Abenteuer, das Rennen selbst ist nebensächlich. USA ist halt USA.“

Badlands … bis heute bekomme ich Gänsehaut bei den Gedanken daran. Obwohl es mit das Härteste war, was ich bis dahin gemacht habe, habe ich jede Sekunde genossen.

Dann Badlands – und Achterbahngefühle

Dann das Event, auf das Seb hingefiebert hatte: Badlands! Nonstop und self-supportet durch einige der abgelegensten und anspruchsvollsten Orte Europas. 780 km und 16.000 hm müssen im spanischen Almeria überwunden werden. Und ja, auch Europa hat Wüsten! 2021 musste Seb dort wegen eines gefährlichen Wespenstichs noch aussteigen, ein Jahr später errang er dann prompt den Badlands-Sieg: „Es war eine unbeschreibliche Erfahrung, bis heute bekomme ich Gänsehaut bei den Gedanken daran. Obwohl es mit das Härteste war, was ich bis dahin gemacht habe, habe ich jede Sekunde genossen und es hat mein Leben als Sportler komplett verändert.“ Doch es gab dabei auch Momente, in denen Seb körperlich wie mental am absoluten Limit war. „An diesem Punkt sagte ich mir: einfach nur noch in Bewegung bleiben und dem Ziel nähern, egal wie. Hauptsache ankommen”.

Aufgeben war zunächst keine Option für mich und so quälte ich mich weiter, doch irgendwann war mein physischer Akku komplett aufgebraucht.

Ankommen. Das galt für Seb dann auch auf seiner bisher längsten Reise: Chile. „Across Andes war mein erstes Rennen nach dem Badlands-Sieg. Jeder hatte mega Erwartungen an mich. Ich sollte den neuen Streckenrekord aufstellen. Das alles war am Ende vielleicht etwas zu viel, ein ungewohnter Stress. Inzwischen weiß ich mit so etwas umzugehen, damals nicht. Ich fühlte mich leer, müde. Aufgeben war zunächst keine Option für mich und so quälte ich mich weiter. Doch irgendwann war mein physischer Akku komplett aufgebraucht. Das folgende DNF war dann natürlich hart. Aber auch hier war die Reise insgesamt wieder eine Erfahrung wert, die über jedes Ausscheiden hinweg tröstet.“

Rennen als Abenteuer … und Problemlöser

Beim Langdistanz-Sport muss man seinem Körper verdammt viel Kalorien zuführen. Was aber, wenn man nichts vorfindet? „Ich hatte beim Atlas Mountain Race 2023 in Marokko das Pech, bei den wenigen Einkaufsmöglichkeiten immer nachts anzukommen. Das zieht dich schon mal runter, wenn du nur auf deinen letzten Zuckerriegel zurückgreifen kannst.“ Dann aber gab es einen Moment, in dem Seb bei einem Checkpoint Omelett und Taijin bestellen konnte. Glücksgefühle. Mit Nachwirkung: „Der Streckenposten hat mich zu sich eingeladen, nach dem Rennen. Es war eine supercoole Erfahrung, einfach mal zu sehen, wie man dort lebt. Vom kleinsten Nachwuchs bis zur Uroma. Sie begegnen dir mit einer unglaublichen Gastfreundschaft.“ Wir fragen Seb nach dem Rennen per se: „Atlas war wieder etwas ganz Neues. Mein bis dahin längstes Rennen. Ich habe mich noch nie zuvor und noch nie danach so an meinem Limit geführt wie dort.“ Gelohnt hat es sich, denn Seb belegte den 3. Platz.

„Ich habe bald gemerkt, dass es egal ist, ob man gewinnt oder Letzter wird, weil man immer irgendwelche Erfahrungen rauszieht.“ Der Ausnahmeathlet hat da einige Beispiele parat: „Es ist echt nicht cool, wenn du unkonzentriert eine Abbiegung verpasst, wie mir das im Atlasgebirge und auf der Badlands-Strecke passiert ist. 5 oder 10 km Umweg unter solch extremer Belastung zu fahren, und das noch bergaufwärts, ist zermürbend. Oder wenn du beim Atlas-Race in Marokko ein Hotel via Google ausfindig machst, es am Abend dann aber leerstehend vorfindest.“ Wir würden den Stresspegel mit dem letzten Funken Energie fluchend in die Wüste schicken. „Klar, im Moment ist es niederschmetternd, aber auch das bringt dich weiter. Jetzt habe ich immer einen Schlafsack, ein Minizelt oder irgendeinen Schutz dabei. Dann bist du mental anders vorbereitet, wenn du zum Beispiel in Kirgisistan 400 km lang gar nichts vorfindest.“

Ich habe bald gemerkt, dass es egal ist, ob man gewinnt oder Letzter wird, weil man immer irgendwelche Erfahrungen rauszieht.

Kirgisistan. Dort, beim Silk Mountain Race, befand sich der Extremsportler allein in Führung auf einem 3.800 m hohen Gebirgsstock, als ein Schneesturm aufkam. „Binnen zwei Minuten war ich unterkühlt. Ich suchte die Gegend ab, aber außer einem verwahrlosten Bagger gab es hier nichts. Irgendwo entfernt vom Trail entdeckte ich dann ein Licht, fuhr darauf zu und fand einen Bauwagen mit ein paar Männern vor, die sich am kleinen Ofen mit Decken wärmten und mich aufnahmen.“

Tiefen, aus denen man sich immer wieder rausstrampeln muss. In Kirgisistan sackte Seb nochmal tiefer: „Bei einem Sturz brach der linke Teil meines Lenkers ab. Ich hatte noch 150 km und einen 4.000 Meter hohen Berg vor mir und dachte: ‚Ich bin so weit gekommen und will das Ding jetzt auch beenden, also muss ich da durch’.“ „Da durch“ hieß in diesem Fall: Das runterhängende Teil einfach ignorieren und mit dem verbliebenen Rest bergauf und bergab tänzeln – ein Kraft-Balanceakt.

Bei einem Sturz brach der linke Teil meines Lenkers ab, er hing einfach runter. Ich dachte: ‚Ich bin so weit gekommen und will das Ding jetzt auch beenden, also muss ich da durch’.

Okay, man wächst mit seinen Aufgaben. Aufgaben? Klingt nach Schule, und das ist nicht weit gefehlt. Mathematik scheint dazuzugehören: Ermittlung der Fettverbrennung, des Kalorienbedarfs, der Wattzahl … – und dann gibt es noch so Variablen. „Die meisten denken, Ultra-Endurance-Fahrer trainieren täglich 8 bis 10 Stunden. Aber das stimmt nicht, schon zeitlich bedingt trainiere ich kurz und intensiv, mit Intervallen. Dann kann man auch mal seine Schwelle hochsetzen“. Was ihm zugutegekommen ist, wie wir erfahren. „Bei Badlands hatte ich einen Defekt an meiner Gangschaltung und musste im hohen Gang 500 Watt drücken. Das entscheidet dann, ob du gewinnst oder aussteigst.“

Pokale, Pokale! Oder doch etwas ganz anderes?

Trotz einiger Tiefschläge hat Seb enorme Erfolge erlangt. Ein absolutes Highlight: Der Gewinn des Unbound-Rennens in diesem Sommer, noch dazu im 350 Meilen langen XL-Format. Titel für sich einheimsen? Pokale sammeln? Gierige Blicke nach seinem Namen auf Ranglisten werfen? Fehlanzeige. Bei Seb läuft ein anderer Motor: „Was einen persönlich weiterbringt, ist, sich selbst zu erfahren, aus dem Kokon zu lösen und Grenzen auszuloten.“

Wenn man sich seinem gesteckten Limit nähert, entdeckt man, dass noch so viel mehr geht, als wir vermutet hatten.

Erfahrungen, die man auf viele Lebensbereiche transportieren kann. Sie zu teilen und Mitmenschen zu inspirieren, ist seine Passion. So nannte Seb auch bei seinem TED-Talk vor Studierenden den Katalysator, der – aufgepasst – in uns allen stecken würde. „Wichtig ist, Herausforderungen anzunehmen und seine eigenen Limits zu setzen. Und sich nicht von anderen zurückhalten zu lassen, die ihre eigenen Fähigkeiten gar nicht kennen und daher versuchen, ihre Grenzen auf andere zu übertragen.“ Wir erfahren noch einen anderen Aspekt: „Neben der Leistungsfähigkeit spielt der Kopf eine entscheidende Rolle. Wenn man sich seinem gesteckten Limit nähert, entdeckt man, dass noch so viel mehr geht, als wir vermutet hatten.“ Als Extremsportler, Berater für Profiathleten und Unternehmer überträgt Seb diese Erfahrung auf viele Lebensbereiche und Situationen. Eine Situation brennt uns noch unter den Nägeln: Insights aus dem noch relativ frisch unter die Stollen genommenen Trail von Norwegen nach Portugal.

Der Länge nach: Ride von Meer zu Meer

Der European Divide Trail ist die längste, meist geländegängige Bikepacking-Route der Welt. Man fährt auf sich allein gestellt, getrackt, aber individuell und nicht in einem Rennen, bei dem alle gleichzeitig starten. Konzipiert wurde die Ultra-Distance-Strecke nach dem Vorbild der Great Divide MTB-Route in den USA, einer knapp 5.000 km langen Strecke von Alberta nach New Mexico.

Der Gründer der europäischen Variante, Andy Cox, setzte in puncto Länge und Schwierigkeit noch eins drauf und legte eine Schnur zwischen dem Nordmeer und Atlantik. Genauer gesagt, zwischen Grense Jakobselv am nördlichsten Zipfel Europas und Cabo de São Vicente, dem südwestlichsten Ende. Dazwischen: jede Menge Dirt Roads und so einige technische Abschnitte. Ambitionierte Abenteuerherzen können also los. Man muss sich ja nicht gleich eine top Zeit auf den Helm kleben, es gibt auch mehr als 304:41 Stunden Fahrzeit in 30 Tagen. Oops, jetzt haben wir die von Seb erzielte Leistung schon vorweggenommen – aber bei ihm geht es ja um mehr als pure Zeiten.

Reise ohne Grenzen: European Divide Connect Trail

7.500 Kilometer, 67.000 Höhenmeter, 9 Länder. Seb war angestachelt: „Wo kann man schon einen Kontinenten durchfahren, mit all seinen Facetten: den Kulturen, Wirtschaftsräumen, Ökosystemen und vielfältigen Begegnungen auf der Straße? Und das Beste: Ich habe nie einen Pass gebraucht!“ Man spürt es, Seb schätzt die Einheit, die Zusammengehörigkeit. „Gerade in heutigen Zeiten ist es wichtig, sich zu verbinden, und nicht zu trennen, teilen oder ausgrenzen.“ So hat er auch die Tour für sich umbenannt: Überall auf seinen Social-Media-Kanälen erkennt man das Logo: European Divide Connect Trail. Auch auf seinem Begleitfahrzeug, in dem ein Fotograf sowie sein Social-Media-Berater saßen (Spoiler: Es wird auch einen kleinen Film geben). Mehr durften die beiden Freunde aber nicht unterstützen, für Route, Wasser, Lebensmittel und nächtliche Bleibe musste Seb selbst sorgen.

Eine Reise ohne Grenzen – dennoch gab es gleich am Starttag eine Grenze, die ein mulmiges Gefühl bei Seb auslöste. „Meine Route startete direkt an der russischen Grenze, nur 3 Meter entfernt. 20 km war ich ohne Handyempfang. Beklemmend, ich konnte die Ausgrenzung von Menschen, die Spannungen förmlich spüren. Kirkenes ist inzwischen ein Zufluchtsort für russische Familien und Journalist:innen. Aber auf meiner Reise wollte ich zeigen, dass wir uns ohne Barriere vom hohen Norden bis in den tiefen Süden Europas bewegen und dabei jede Kultur kennenlernen können.“ Seb fuhr dann nach ein paar Tagen nicht die Originalroute – sie war zugewachsen, schlammig und teilweise unfahrbar –, sondern eine selbst ausgesuchte Strecke. „Es war mir egal, dass es für mich dann kein Rennen mehr war, bei dem ich als Finisher gelistet werde. Vielmehr ging es mir um ein Abenteuer, dann eben auf einer Strecke mit meiner Handschrift.“

Jedes Abenteuer hat seine Hürden. Es ist die Art und Weise, wie man sie bewältigt.

Gleich am Anfang kam es aber auch zu freudigen Begegnungen. Und das auf gleich vier Beinen. „Elche, Rentiere, sie laufen dir einfach so über den Weg.“ Weihnachten im Juli. Im Laufe der Tour gab es natürlich auch immer wieder Tiefpunkte – Dauerregen, Motivationsverlust, Hindernisse auf der Strecke. Besonders hart aber waren die zweitägigen Magenschmerzen: „Jeder Pedaltritt wurde zu einer Herausforderung. Aber die Kilometer müssen bewältigt werden, egal was passiert. Jedes Abenteuer hat seine Hürden. Es ist die Art und Weise, wie man sie bewältigt.“ Da ist sie wieder; die pure Willenskraft in schwierigen Situationen.

Kleine und große Highlights konnten den Wahl-Hessen schnell pushen, ob durch Zimtschnecken oder Gastfreundschaft. Und besonders: durch die kurzzeitigen Begleitenden auf seiner Strecke durch Deutschland – und die Übernachtung zuhause.

Der höchste Punkt seines Abenteuers? „Der 3.400 Meter hohe Pico del Veleta in der Sierra. Es war ein echt heftiger Ritt, denn es ging fast 100 Kilometer bergauf, und das am 27. Tag. Doch der epische Sonnenuntergang über Granada hat alles entschädigt.“ Es folgten noch letzte Etappen bei über 45° C, bis Seb dann am Ziel seiner Träume stand: am rot gestrichenen Leuchtturm am Cabo de São Vicente. Weiter geht es nicht, denn hier endet Europa, mit einem weitreichenden Ausblick auf den Atlantik.

Bleibt noch die Frage nach der kulinarischen Nr. 1 auf all seinen Trips. Taijin oder Zimtschnecken? Haben wir vergessen, aber das können wir als Community ja ausmachen 😉

Das Equipment von Sebastian Breuer:

Seine Habseligkeiten für den European Divide Connect Trail und auch für seine anderen Touren hat Seb in Taschen von Tailfin verstaut. Die Rahmentasche konnten auch wir bereits testen, hier findet ihr unseren Testbericht zur Tailfin Frame Bag.

Seb fuhr die meisten Gravel-Races mit dem ROSE BACKROAD, seit diesem Jahr ist er mit dem neuen BACKROAD FF unterwegs, das wir auch schon getestet haben.

Für den European Connect Trail hat Seb jedoch das ROSE PDQ-Mountainbike zu einem Gravel-Bike umfunktioniert. Ausgestattet ist es mit einem Rennradlenker, Schwalbe G-One-Reifen (45 und 50 mm) sowie Felgen (30 mm) und Federgabel von DT Swiss.

Mehr Informationen zu Seb findet ihr hier:
sebastianbreuer.de
YouTube: Seb Breuer
Seb´s Trail Documentary


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Text: Simone Giesler Fotos: Paul Hahne, Loris Reitschmidt, Pierre Barton