Taschen und Zubehör für Gravel-Bikes

Gravel-Bikes ermöglichen die Fortbewegung auf so ziemlich allen Wegen und Untergründen. Naheliegend also, dass sie auch zum Touren, Reisen und für Abenteuertrips benutzt werden können oder direkt dafür konstruiert sind. Sie bieten die leichteste und schnellste Möglichkeit, lange Etappen oder Mehrtagestouren mit dem dafür notwendigen Gepäck durch gemischtes Gelände zu fahren. Während die Ursprünge eher im sportlichen Randonneuring und den Brevets vergangener Zeiten liegen, ist das „Wandern mit dem Bike“ heute populärer als je zuvor und der Begriff Bikepacking ist in aller Munde. Neben Fatbikes und Mountainbikes gehören Gravel-Bikes hier zu den bevorzugten Radarten.

Das Grundkonzept hierbei ist jedoch für alle gleich: nur das nötigste Gepäck so am Bike zu verstauen, dass das Handling und die Möglichkeiten des Bikes so wenig wie möglich eingeschränkt werden. Aus diesem Grund wurden über die letzten Jahre einige spezielle Taschen und Setups entwickelt und das Angebot sowie die Anzahl der Hersteller haben sich drastisch vergrößert. Mittlerweile bieten sogar Bikehersteller direkt passende Taschen für ihre Modelle an (z. B. Surly, Salsa, Specialized). Grundsätzlich besteht ein Setup aus drei Posten.

Satteltasche

Sie gibt es in verschiedenen Größen von der Notfalltasche fürs Tool und den Schlauch bis hin zu Packmonstern mit über 15 l Volumen. Der klassische Aufbau besteht aus einer Art keilförmigem Packsack mit Rollverschluss; er wird an der Sattelstütze sowie den Sattelstreben befestigt. Die Taschen fungieren außerdem perfekt als Schutzblech. Je nach Taschengröße, Qualität der Befestigung und Füllmenge haben Satteltaschen jedoch die Tendenz, seitlich zu schwingen. Um dem entgegenzuwirken und die Usability zu verbessern, gibt es zweiteilige Systeme, die aus einem verstärkten Halter bestehen, in das ein zugehöriger Packsack eingeschoben wird (z. B. Revelate Designs Terrapin System). Für maximale Stabilität gibt es Systeme, die am Boden zusätzlich über Metallstreben verfügen, die dann per Klemme an der Sattelstütze befestigt werden (Porcelain Rocket Mr. Fusion). Auch mit Dropper Posts kompatible Satteltaschen sind mittlerweile erhältlich (Bedrock Bags Black Dragon, Porcelain Rocket Albert, Revelate Designs Vole). Qualitativ, aber auch preislich bietet der Markt mittlerweile alles. Hersteller mit hervorragender Qualität – und dementsprechendem Preis – sind neben den bereits erwähnten z. B. ORTLIEB, Apidura oder Oveja Negra.

Rahmentasche

Das Herzstück des Aufbaus gibt es in zwei Varianten. Eine füllt den kompletten Rahmen aus, die andere ist nur im oberen Bereich angebracht – dann bleibt darunter Platz für Flaschen. Die rahmenfüllende Option ermöglicht die maximale Zuladung, setzt aber voraus, dass die Wasserflaschen woanders unterkommen können (z. B. an der Gabel) und ist auch etwas anfälliger für Seitenwinde. Fertige Taschen, egal ob partiell oder voll, gibt es meist in zwei oder drei Größen. Falls keine davon passen sollte, bleibt einem nur die Möglichkeit, sich eine Maßanfertigung machen zu lassen. Das ist im Vergleich meist gar nicht so viel teurer, kann aber je nach Beliebtheit des Herstellers lange Wartezeiten bedeuten.

Lenkertasche

Für den Lenker gibt es verschiedene Optionen. Die günstigste ist ein einfacher, idealerweise wasserdichter Packsack (z. B. Sea to Summit eVent Compression Dry Sack), der per Riemen oder einer Tasche mit Riemen (z. B. North St. Pioneer 12 Pack + Handlebar Straps oder Porcelain Rocket Horton) am Lenker befestigt wird. Die zweite Version sind Packsäcke mit bereits integrierten Halterungen (z. B. Bedrock Vishnu oder ORTLIEB Handlebar-Pack S). Die dritte und stabilste, aber auch schwerste Lösung sind Haltesysteme, in die ein beliebiger Packsack eingespannt werden kann (z. B. Revelate Harness). Viele der Lösungen sind jedoch eher für Mountainbike-Lenker konstruiert und so sollte man unbedingt auf die Breite der Tasche achten, um die Griffpositionen des Lenkers noch voll nutzen zu können. Da viele Systeme jedoch auf beidseitig öffnenden Packsäcken basieren, ist man hier recht flexibel.

Vergesst die klassischen Packtaschen. Das Credo lautet: leicht, kompakt und so handlingsneutral wie möglich.

Zu diesen drei Haupttaschen können diverse kleine Taschen auf dem Oberrohr und am Lenker links und rechts neben dem Vorbau hinzukommen. Fast alle Hersteller bieten die gesamte Bandbreite an Taschen in unterschiedlichen Formen und Optionen an und es lohnt sich, das Sortiment mehrerer Marken durchzuschauen. Einige haben sich außerdem auf Custom-Anfertigungen spezialisiert. Hier sind also den Vorstellungen keine Grenzen gesetzt – außer vielleicht finanziell. Und schließlich darf man natürlich auch selbst kreativ werden und verschiedene Methoden der Befestigung ausprobieren oder sogar eigene Taschen nähen.

Es empfiehlt sich sehr, Rahmen und Lenker an den Kontaktpunkten zu den Taschen mit Schutzfolie zu versehen. Denn Bewegung und Vibrationen in Kombination mit den robusten Textilien sowie Staub und Schlamm scheuern schnell den Lack herunter.

Wer es bei den Taschenformen und Befestigungsarten eher klassisch im Randonneur-Stil mag, sollte sich bei Firmen wie Carradice, Swift Industries oder Gilles Berthoud umschauen.

Konzepte

Die Bedürfnisse bei der Zuladung und der Taschenaufteilung sind natürlich sehr individuell und mit etwas Erfahrung wird jeder recht bald wissen, welche Taschen er benötigt und was wo befestigt wird. Wir geben euch dennoch vier Versionen als Grundlage mit auf den Weg.

Minimalistisch

Für den ausgedehnten Tagestrip oder den Overnighter mit Unterkunft braucht man nicht viel: eine Extralage wind- oder wasserdichter Kleidung, Werkzeug und Schlauch sowie Wasser und ein paar Snacks. Besorgt euch einfach eine kleine Satteltasche und/oder eine kleine Lenkertasche, die sich idealerweise zum Hipbag umbauen lässt (z. B. North St. Pioneer 12 Pack) und ihr seid perfekt gerüstet. Die Wasserflaschen finden wie sonst auch ihren Platz im Rahmen und ihr seid windschnittig und leicht unterwegs.

Leicht und schnell

Für mehrtägige Trips – mit Unterkunft – solltet ihr euch mit einer partiellen Rahmentaschen (z. B. Revelate Tangle) beschäftigen. Sie erlaubt eine normale Wasserflaschenbefestigung, nutzt aber den restlichen freien Platz im Rahmen und bietet je nach Größe und Hersteller zwischen 2 und 6 l Volumen. Wer hier Probleme mit mehreren Flaschen bekommen sollte, kann auf spezielle Adapter wie das Wolf Tooth B-RAD System zurückgreifen. Kombiniert das mit einer Satteltasche, einer Lenkertasche ohne Packsack sowie einer kleinen Tasche auf dem Oberrohr direkt hinter dem Vorbau (z. B. PEdAL ED Node).

Lang und weit

Mehrere Wochen oder gar Monate? Ein Zelt samt Schlafsack und Kochutensilien wird hier unabdinglich und der Platzbedarf steigt deutlich. Eine Rahmentasche, die das komplette Dreieck ausfüllt, ist essenziell. Darin finden alle schweren und sperrigen Dinge Platz wie die Verpflegung, Zeltstangen oder das Werkzeug, und der Schwerpunkt des Bikes bleibt halbwegs weit unten. Die Flaschenhalter landen an der Gabel – idealerweise verfügt euer Bike über entsprechende Halterungen. Falls nicht, gibt es Optionen wie z. B. den Anywhere-Halter von SKS oder den BarYak Mule. Ein Packsack am Lenker nimmt den Schlafsack und eventuelle Kleidung auf, die Tasche davor diverse Kleinteile. Eine Tasche auf dem Oberrohr sowie Snackbags links und rechts vom Vorbau (z. B. Oveja Negra Chuckbucket) fassen eine zusätzliche Flasche, öfter benötigte Gegenstände oder eben Snacks. Die Wechselklamotten und voluminöse, leichte Dinge wie das Zelt kommen in eine große Satteltasche. Das klingt erst mal nach viel Gewicht, je nach Jahreszeit und Ausrüstung solltet ihr voll bepackt (ohne Wasser/Essen) aber nicht mehr als 5–7 kg zusätzlich auf dem Bike haben – inkl. der Taschen. Das entspricht ungefähr dem Gewicht einer einzelnen regulären Packtasche an einem klassischen Reiserad. Apropos Packtaschen: Wer noch mehr Platz benötigt, muss nicht unbedingt zu den 40-Liter-Monstern greifen. Es gibt inzwischen auch kleine, leichte Modelle, die fürs Bikepacking geeignet sind, z. B. die Nano Panniers von Revelate, Bedrocks Hermosa UL Panniers oder ORTLIEBs Gravel-Packs. Das Gesamtgewicht wird darunter jedoch trotzdem leiden, da ihr auch für diese Taschen einen Gepäckträger benötigt.

Commuting

Wer sein Bike auch zum Pendeln nutzen möchte, kann prinzipiell die gleichen Taschen wie bereits erwähnt nutzen, wird sich aus Praktikabilitätsgründen aber wohl eher für die Gepäckträgervariante entscheiden. Hier empfiehlt sich vor allem die Montage kleiner Taschen (z. B. ORTLIEB Gravel-Pack) seitlich der Vorderräder oder eine Porteur-/Randonneurtasche samt Decaleur vor dem Lenker. Anlaufpunkte für geneigte Interessenten wären z. B. Firmen wie Surly, Nitto, Carradice, Swift Industries oder Gilles Berthoud. Da sich das Wetter auch nicht immer von seiner besten Seite zeigt und sich die Lichtverhältnisse ebenfalls nicht beeinflussen lassen, werdet ihr langfristig nicht um Schutzbleche und eine Lichtanlage herumkommen. Glücklicherweise bieten viele Gravel-Bikes Aufnahmen für Schutzbleche oder kommen sogar direkt mit Fendern, die eigens fürs Bike konstruiert wurden. So könnt ihr euch die optische Enttäuschung der meisten Nachrüst-Stecklösungen sparen und zu edleren, robusteren Modellen wie z. B. denen von Honjo greifen. Achtet vor dem Kauf nur darauf, dass eure gewünschte Reifenbreite zusammen mit dem Schutzblech auch noch in euren Rahmen passt. Beim Licht könnt ihr entweder zur Akkuvariante greifen (z. B. Lupine, Lezyne, Exposure oder Knog) – mit dem Vorteil, das Licht schnell wieder entfernen zu können – oder zur langfristigen, sorgenfreien Version mit Dynamo. Die besten Dynamos gibt es von Schmidt/SON und Shutter Precision, sehr gute Lampen ebenfalls von Schmidt/SON sowie von Supernova. Das Mehrgewicht für so eine Anlage liegt bei ca. 400–500 g.

Dieser Artikel ist aus GRAN FONDO Ausgabe #010

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