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Von Genf nach Nizza – Die etwas andere Fixed-Gear-Tour

Was würde dir durch den Kopf gehen, wenn du mit einem Fixed-Gear-Bike von Genf nach Nizza fahren müsstest? Zwei Stuttgarter Fahrradclubs haben es gewagt. Wie es ihnen dabei erging, erfahrt ihr hier.

„Alter, ist das schön.“ Mehr kommt nicht aus mir raus – sprachlos stehe ich neben Marc auf der Passhöhe des Col du Galibier. Wir starren in das Tal hinunter und ziehen mit dem Kopf den kurvigen Straßenverlauf nach – fast so, wie Rennrodler am Start die Strecke mit geschlossenen Augen geistig abfahren. Wir aber haben die Augen weit aufgerissen, ist die Strecke doch einfach zu faszinierend! Sanft schmiegt sie sich an die raue Flanke des Berges. Unter uns quälen sich unsere Freunde durch die Serpentinen. Wie kleine Ameisen in rot-blauen und schwarzen Trikots krabbeln sie über den Asphalt. Die bemalte Straße zeugt von legendären Etappen der Tour de France. Kaum ein anderer Pass der Frankreich-Rundfahrt führt auf eine Höhe von 2.642 m. In unzähligen, schlaflosen Nächten haben wir uns immer wieder gefragt: Können wir die berühmtesten Passstraßen zwischen Genf und Nizza mit dem Fixie erobern?

Keiner von uns ist sich sicher, ob er es bis ans Mittelmeer schafft. Zu viele Unwägbarkeiten liegen vor uns. Aber uns trägt eine Idee – die Idee von Freundschaft und Zusammenhalt. Wir sind zwei ungleiche Teams, zusammengeschweißt durch eine gemeinsame Leidenschaft und Herkunft. Bei Rad Race-Events haben wir uns kennengelernt, Stuttgarts Straßen haben uns zusammenhalten lassen. „Stuttgarter Velohelden“ ist mehr der Name einer alten, unerschütterlichen Freundschaft als der eines Teams. Eine harmonische Gruppe im Vergleich zum zweiten Team, dem Heaven and Hell Cycling Club. Die wilde Mischung unterschiedlichster Charaktere ist gleichzeitig die größte Stärke und Schwäche des Clubs.

Inspiriert von anderen Fixie Crews, angespornt durch die Herausforderung und neugierig auf die berühmten Alpenpässe, planen wir zusammen eine gemeinsame Tour: Von Genf ans Mittelmeer über den Col de la Madeleine, Col du Télégraphe, Col du Galibier, Col des Champs und Col d’Allos. 10.000 Höhenmeter auf 500 km, ein starrer Gang und zehn Fahrer.

Wir lösen unseren Blick vom Tal, abwechselnd kommen jetzt Velohelden und HHCC-Fahrer eingetrudelt. Gemeinsam scheinen wir es zu schaffen. Jeder einzelne steigt mit einem Grinsen vom Fixie. Was soll uns jetzt noch aufhalten? Gestern ist es beinahe der Col de la Madeleine gewesen, brütende Hitze und Rampen mit 9 % im Schnitt haben uns an die Grenzen gebracht. Die Bedingungen heute sind ideal für den 29 Kilometer langen Anstieg.
Gänsehaut überzieht meinen Körper. Ich bin mir nicht sicher, ob der kühle Wind oder der Ausblick auf die Serpentinen auf der anderen Seite dafür verantwortlich sind. Mit nur einer Bremse und Starrgang ist die lange Abfahrt in der Gruppe genauso kraftraubend wie die Fahrt bergauf. Wenigstens können wir die Hinterräder um 180° drehen – auf der anderen Seite ist ein größeres Ritzel montiert. Eine Oldschool-Zweigang-Schaltung quasi. Dabei beschränkt uns die Kettenlänge, der Unterschied der beiden Ritzel ist nicht groß.

Zwei Tage später fallen wir erschöpft in Nizza ein. Direkt am Strand feiern wir uns – für das, was wir geleistet haben und für die Aert und Weise wie wir es geschafft haben: als Team. Manchmal braucht es nicht mehr als eine dumme Idee und zehn wundervolle Menschen, die für genau diese Idee brennen!