
Hoja – Was zunächst nach einer schwedischen Süßigkeit klingt, ist in Wirklichkeit viel mehr: Ein Ausdruck, der sich nicht eins zu eins übersetzen lässt, aber fest verankert ist im schwedischen Lebensgefühl. Frei interpretiert bedeutet Hoja so viel wie: Radfahren aus Lust und Laune. Kein Hype, kein Bling-Bling. Dafür mit dem erklärten Ziel: „Ride out, stay out!“
Fjällräven, gegründet 1960 im nordschwedischen Örnsköldsvik, steht seit über sechs Jahrzehnten für funktionale Outdoor-Bekleidung und -ausrüstung. Die Marke mit dem Polarfuchs ist bekannt für langlebige Produkte, die den rauen skandinavischen Alltag ebenso trotzen müssen wie der Beanspruchung auf langen Trekkingtouren.


Nach der beliebten S/F-Kollektion, die aus der Zusammenarbeit mit dem kalifornischen Bike-Hersteller Specialized hervorgegangen ist, folgt jetzt der eigene Aufschlag. Mit Hoja präsentiert die schwedische Outdoormarke ihre erste vollständig selbst entwickelte Radkollektion, die das richtige Equipment für lange Tage im Sattel verspricht und ein klares Ziel hat: unsere Nähe zur Natur stärken. Dafür möchte Fjällräven den eigenen Anspruch auf Langlebigkeit mit dem Lebensgefühl von Hoja verbinden.

Für den Praxistest der neuen Kollektion hat sich Fjällräven nicht irgendeinen auf Hochglanz polierten Showroom ausgesucht, sondern uns in die schwedische Wildnis geschickt. Dort, wo es darauf ankommt, dass Dinge funktionieren. Also hieß es: Taschen packen, Bikes beladen und ab in die malerischen Nationalparks südlich der schwedischen Hauptstadt. Statt warmer Frühlingssonne gibt’s bei unserer Abfahrt zehn Grad, feuchte Luft und Wind aus Nordwest. Genau die richtige Bühne für Hoja.



Hoja
Entwickelt und getestet wurde die Kollektion im Vinkelladan, Fjällrävens eigener Kreativschmiede im Djurgården, nördlich von Stockholm. Sie war bereits Schauplatz der ersten Kollaboration mit Specialized. Und tatsächlich: Auf den ersten Blick wirkt vieles bekannt. Taschen, Hosen, Hemd und der grell-orange Regenponcho waren in ähnlicher Form bereits Teil des Produktsortiments, das aus der Zusammenarbeit mit dem kalifornischen Fahrradhersteller entstanden ist und bereits damals durch seinen stattlichen Preis Aufmerksamkeit erregte. Neu sind neben ein paar Verbesserungen an Taschen und Bekleidung das aktuell noch reduzierte Farbkonzept – und der Polarfuchs als alleiniges Logo auf den Produkten.


Geblieben ist auf jeden Fall eines: der Gedanke vom Abenteuer. Damals noch als „The Great Nearby“ betitelt, hat sich die Ideologie, in die Natur einzutauchen, weiter verankert. Hoja bleibt seiner Linie treu: „Ride out, stay out“. Nicht höher, schneller, weiter – sondern näher dran. Am Moment. Am Draußen. Am Ich.


Einige Teile wurden grundlegend überarbeitet, etwa die Saddle Bag: Sie ist funktionaler, stabiler und einfacher im Handling. Das alles steht – typisch Fjällräven – unter dem Zeichen von Langlebigkeit und Bewusstsein für Materialien. Auf umstrittene Chemie wie PFAS wird konsequent verzichtet. Stattdessen kommt zum Einsatz, was sich längst bewährt hat: Vinylon F, der robuste Stoff, der mit seinen strapazierfähigen Eigenschaften schon den Kånken-Daypack berühmt gemacht hat. Das leichte, synthetische Material ist dabei reiß- und abriebfest sowie wasserabweisend – laut Hersteller hat es eine Wassersäule von 10.000 mm. Dass es dem Nass die kalte Schulter zeigt, können wir direkt auf unseren Testfahrten dann auch erfahren: Ob Spritzwasser, nächtlicher Regen oder feuchter Morgentau – die Produkte halten alles ab.



Funktion bedeutet aber auch mehr: Gerade die Taschen könnn durch Details wie leichtgängige Reißverschlüsse, durchdachte Mesh-Fächer und eine sehr formstabile Bauweise überzeugen und machen sie so zu idealen Gefährten auf euren Bike-Touren. Die besten Gefährten sind aber nichts wert, wenn man selbst allen Witterungen und Umständen ungeschützt ausgesetzt ist. Deshalb haben die Designer von Fjällräven den Windbreaker und die Hybrid-Trousers entwickelt, die sich auf dem Fahrrad bei Gegenwind genauso gut tragen und funktional sind wie am Lagerplatz bei gegrilltem Elchburger. Zahlreiche Taschen an den Kleidungsstücken bieten hier Platz für alles – vom Multitool bis zur Zimtschnecke.



Hoja bedeutet so viel wie Radfahren aus Lust und Laune.
Lediglich bei der Farbauswahl bleibt Hoja etwas zurückhaltend. Statt dem verspielten Spirit der ersten Kollektion in Senfgelb, Rot, und Grün dominieren aktuell Schwarz, Graubraun und Navy bei der Produktpalette. Abgesehen von der knallorangen Weste und dem Regenponcho natürlich. Schade eigentlich. Hier fehlt nur ein Farbtupfer mehr, um aus schlicht wieder den Fjällräven-typischen Vibe aufleben zu lassen. Doch auch wenn viele Teile spürbar weiterentwickelt wurden, wirkt dieHoja-Serie eher wie ein konsequentes Feintuning der S/F-Kollektion, weniger wie ein echtes Face-Lift. Doch warum auch einen kompletten Neuanfang, wenn die erste Iteration schon gelungen war?


Der Zimtschneckenduft liegt noch in der Luft, als wir losrollen. Rein in den Wald. Raus aus dem Alltag. Keine Ahnung, was uns erwartet. Aber genau das ist der Punkt. Zwischen Kiefern, Matschpassagen und Bilderbuchpanorama wird schnell klar: Gutes Marketing allein ersetzt keine funktionierende Ausrüstung. Genau der richtige Ort also, der neuen Hoja-Kollektion auf den Zahn zu fühlen.



Fika
Bikepacking in Schweden ist für viele der Inbegriff von Outdoor-Romantik. Für uns heißt das: Drei Tage auf dem Sattel, zwei kalte Nächte am Lagerfeuer und im Zelt. Zeit, sich zu besinnen und mit der Natur zu verbinden. Zeit für eine Pause. Fika nennt man das hier. In Schweden ist es mehr als eine Kaffeepause – es ist ein Moment. Eine Haltung. Innehalten, nicht ausbrechen. Da sein.

Wir starten im Umland von Stockholm, als letzte Bike-Gruppe, die sich an diesem späten Vormittag in die Wildnis losmacht. Direkt rein in die Wälder, über Trails, die mehr Wurzel als Weg sind. Fährüberfahrten, Schotterpisten, kleine Seen in der Abendsonne. Eine Etappe später erreichen wir den ersten Campspot. Müde Beine unten, ein breites Grinsen oben. Am Camp wartet die Ostsee. Acht Grad kalt. Arschkalt. Schnell rein, schnell raus, und dann direkt ins dampfende Saunazelt zum Aufwärmen. Mehr braucht es nicht. Zwei Nächte im Zelt, 250 Kilometer auf dem Tacho, vorbei an Rentieren, roten Schwedenhäusern und endlosen Wäldern. Irgendwo unterwegs – zwischen dem dritten Blaubeersaft und der letzten Schiebepassage beginnt man zu verstehen, worum es bei Hoja eigentlich geht.



Auf der Tour ersetze ich meine klebrigen Koffeingels durch warme Kanelbullar. Wattzahlen durch den Rhythmus, den der Weg vorgibt. Den Trainingsplan durch das Gefühl, angekommen zu sein, obwohl man noch unterwegs ist. Und ich merke: Vielleicht geht es beim Bikepacking gar nicht ums Ankommen, sondern ums Losfahren. Vielleicht ist das alles nur eine Fika – für die Seele.



Fazit
Mit Hoja rollt Fjällräven zum ersten Mal ohne „Stützräder“ ins Fahrradsegment und präsentiert eine komplett eigene Kollektion, die mit funktionalen, durchdachten und langlebigen Eigenschaften aufwartet. Vieles erinnert an die vorherige Produktserie, die in Zusammenarbeit mit Specialized entstanden ist, womit Hoja eher Evolution als Revolution darstellt. Aber warum auch Bewährtes ändern? Hoja ist keine Kollektion fürs nächste KOM-Segment, sondern eine Einladung, loszufahren: Für alle, die Radfahren aus Lust und Laune lieben. Für alle, die Verbindung suchen – mit der Natur, dem Moment – und vielleicht auch mit sich selbst.
Mehr Infos unter fjallraven.com

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Text: Jan Fock Fotos: Jan Fock, Deven Mccoy, Anders Klapp