Eine Reise ans Ende der Welt. Der nächste Bikeshop? Hundert Kilometer entfernt. Wer sich ins Rad-Abenteuer stürzt, möchte bei seiner Schaltung vor allem eins: robuste, wartungsfreie Schaltperformance. Getriebeschaltungen sind durch ihr geschlossenes Design als langlebig bekannt. Wir haben die Pinion Smart.Shift und Rohloff SPEEDHUB mit SternShift getestet – beide vollelektrisch und trotzdem grundverschieden.

Kaum Wartung, keine Rücksicht aufs Material und trotzdem nie ein Defekt? Klingt wie die Wunschvorstellung eines perfekten Reiserads … Aber ist das überhaupt möglich? Wir wollten es genau wissen und haben zwei High-End-Bikes unter die Lupe genommen: das Falkenjagd Aristos R Rohloff Gravel und das 853 PI Gravel von Rennstahl. Beide setzen auf einen Riemenantrieb und elektrische Getriebeschaltungen – doch die Technik dahinter könnte unterschiedlicher kaum sein.
In der Hinterradnabe des Falkenjagd arbeitet die Rohloff SPEEDHUB-Schalteinheit mit 14 Gängen, die durch das nachträglich eingefügte SternShift-System elektrisch geschaltet wird. Im Rennstahl sorgt die Pinion Smart.Shift-Getriebeschaltung im Tretlagerbereich für den richtigen Gang und bietet per eigener App einige spannende Zusatzfunktionen. Zwei Ansätze, die auf den ersten Blick ähnlich wirken, im Detail aber entscheidende Unterschiede offenbaren. Zeit, den Geheimnissen, die sich hinter den Getriebegehäusen verstecken, auf den Grund zu gehen!

Was ist eine Getriebeschaltung fürs Gravel Bike und welche Ansätze gibt es?
Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Fahrrädern beschäftigt, hat schon einmal eine klassische Kettenschaltung gesehen: vorne ein Kettenblatt – einfach oder mehrfach – und hinten eine Kassette. Beide über eine Kette verbunden. Je nach eingelegtem Gang läuft die Kette mehr oder weniger gerade über die Ritzel und sollte regelmäßig geölt, geputzt und gewechselt werden. Bei Getriebeschaltungen hingegen gibt es keine klassischen Ritzel, sondern Zahnräder. Der komplette Schaltmechanismus ist in einem Gehäuse – dem Getriebe – eingeschlossen, ähnlich wie beim Auto. Dadurch bleibt die komplexe Mechanik im Ölbad geschmiert und vor Schmutz, Wasser und sonstigen Umwelteinflüssen geschützt. Innerhalb des Getriebes wird die eingehende Kraft über- bzw. untersetzt. Das heißt: Eine Kurbelumdrehung wird in mehrere Radumdrehungen übersetzt (Übersetzungsverhältnis > 1) oder aber in weniger als eine Radumdrehung untersetzt (Übersetzungsverhältnis < 1).
Doch wo befindet sich diese abgedichtete Einheit eigentlich am Fahrrad? Es gibt nur zwei Möglichkeiten, da der Antriebsstrang für die Kraftübertragung unterbrochen werden muss:
- An der Kurbel, also dort, wo die Kraft auf die Kette übertragen wird – wie bei der Pinion Smart.Shift. Die Folge ist ein zentraler Schwerpunkt im Rad, der nicht rotiert und für weitgehend ausgeglichene Massenverhältnisse zwischen Vorder- und Hinterrad führt. Das Pinion-Getriebe kann nicht nachgerüstet werden, da das Getriebe als Teil des Rahmens integriert wird.
- Alternativ dazu findet die Kraftunterbrechung in der Hinterradnabe statt, wo die Kraft vom Ritzel aufs Hinterrad wirkt – das ist der Ansatz der Rohloff SPEEDHUB. Dieses System sorgt für eine erhöhte rotierende Masse am Hinterrad und verlagert auch mehr Gewicht nach hinten, was das Heck des Bikes überproportional schwer macht. Ein Nachrüsten der Nabenschaltung ist durch passende Adapter oder bei horizontalen Ausfallenden problemlos möglich.


Die Rohloff SPEEDHUB ist eine Hinterrad-Nabenschaltung mit 14 präzise abgestimmten Gängen und einer Übersetzungsbandbreite von 526 %. Die Pinion Smart.Shift-Getriebeeinheit hingegen bietet eine größere Bandbreite von 568%, die sich – je nach Modell – auf bis zu 12 Gänge aufteilt. Bei unserem Test-Bike kommt die kompaktere Variante C1.9i zum Einsatz, die nur neun Gänge aufweist. In Serie wird das Rennstahl aber mit der C1.12i 12-Gang Pinion Smart.Shift Schaltung angeboten.
Beide Schaltsysteme können entweder mit wartungsarmen Riemenantrieb oder Kette kombiniert werden und ermöglichen auch das Schalten im Stand – was besonders praktisch ist, wenn man voll beladen am Berg anfahren muss. Die zahlreichen Wellen und Zahnräder sind dank der abgedichteten Bauweise vor Wasser und Dreck geschützt und dadurch – laut Hersteller – extrem wartungsarm. Doch wo Vorteile sind, gibt es auch Nachteile. Was macht die beiden Systeme besonders? Was können sie besser als eine normale Kettenschaltung und wo liegen ihre Schwächen? Wir haben die Antworten.
Die Hard Facts: Technische Daten von Pinion Smart.Shift C1.9i vs. Rohloff SPEEDHUB mit SternShift
Pinion Smart.Shift C1.9i | Pinion Smart.Shift C1.12i | Rohloff SPEEDHUB SternShift | |
---|---|---|---|
Gangzahl | 9 Gänge | 12 Gänge | 14 Gänge |
Übersetzungsbandbreite | 568 % | 600 % | 526 % |
Abstufung zwischen den Gängen | 24,3 % | 17,7 % | 13,6 % |
Leichtester Gang | 1,82 | 1,82 | 1,47 |
Schwerster Gang | 0,32 | 0,3 | 0,28 |
Gewicht | ca. 2.000 g | ca. 2.100 g | ca. 1.850 g |
Wartungsintervall | alle 10.000 km / 1x pro Jahr | alle 10.000 km / 1x pro Jahr | alle 5.000 km / 1x pro Jahr |
Wie in der Tabelle zu sehen ist, liegen die größten Unterschiede in den 5 weniger Gänge bei Pinion, trotz der insgesamt höheren Bandbreite im Vergleich zu Rohloff. Erreicht wird das durch eine etwa 10 % größere Abstufung zwischen den Gängen, was zu etwas größeren Gangsprüngen bei jedem Schaltvorgang führt. Der kleinste Gang des Pinion-Systems ist mit einem Übersetzungsverhältnis von 1,82 außerdem rund 20 % leichter. Zur Erklärung: Das ist sogar leichter als eine 52-zu-30-Übersetzung, die bei MTBs üblich ist und ein Verhältnis von 1,73 ergibt. Rohloff hat sich hingegen für einen etwas höher übersetzten letzten, also schwersten Gang entschieden. Das bedeutet, dass ihr bei höheren Geschwindigkeiten kraftvoll mittreten könnt. In puncto Gewicht ist das Pinion-System etwa 150 g schwerer, wobei hier auch die Integration am Rahmen eine Rolle spielt. Aufgrund von unterschiedlichen Bauweisen und Rahmenmaterialien kann hier allerdings keine präzise Angabe gemacht werden. Für Rohloff genügen hier in der Regel horizontale Ausfallenden bzw. stehen einige Adapterplatten zur Verfügung. Bei der Wartung hat Pinion mit einem doppelt so langen Strecken-Intervall von 10.000 km die Nase vorn, was für Vielfahrer durchaus ein Argument ist.
Rohloff SPEEDHUB mit SternShift und Pinion Smart.Shift im Detail
Rohloff SPEEDHUB mit SternShift im Detail
Herzstück des SternShift-Systems bildet die Rohloff SPEEDHUB-Nabenschaltung mit 14 Gängen. Normalerweise wird die Schaltung in der Hinterradnabe analog per Drehgriff angesteuert – ein Mechanismus, der bei vielen Radfahrern nicht beliebt war und am Dropbar auch schwer Platz fand. Dazu kommt, dass für den Betätigungsmechanismus gleich zwei Bowdenzüge zur Gangschaltung verlegt werden mussten. Dem Problem hat sich der findige Tüftler und Maschinenbauingenieur Hans-Hermann Herms angenommen.

Das erfundene SternShift System bezieht sich auf die elektrische Betätigung der SPEEDHUB, entwickelt von Herms Produktentwicklung. Die Eigenentwicklung des Ingenieurs – die Bezeichnung „Stern“ bedeutet übersetzt Heck – wird genau dort, nämlich an der Hinterachse befestigt. Die Idee für SternShift entstand aus der Not heraus: Die Bedienung der SPPEDHUB über einen Brems-Schalthebel mit seinem langen Schaltweg war unergonomisch und gefährlich. Herms kollidierte fast mit einem LKW, da der Schaltweg derart lang und schwergängig war, dass es anspruchsvoll war, beim Schalten keinen Lenkimpuls zu geben. Um das Problem zu lösen, hat Hans die Schaltung kurzerhand (nach 3 Jahren Entwicklungsarbeit) elektrifiziert.
Während Rohloff mit der Rohloff E.14 bereits eine elektronische Schaltung für E-Bikes anbietet, fehlt bislang eine vergleichbare Lösung für analoge Bikes – speziell für Gravel Bikes, bei denen der übliche Drehgriff aufgrund der Lenkerform kaum in Frage kommt. Hier setzt SternShift an und verbindet die bewährte Rohloff-Schaltung mit moderner elektronischer Schaltung. Das Herzstück des Systems ist ein robuster Servo-Motor, der sich an der Hinterachse befindet und über einige Zahnradpaarungen den Schaltbefehl an die SPEEDHUB weitergibt. Angesteuert wird der Motor über eine wasserdichte Kabelverbindung, die sich für den Hinterrad-Ausbau einfach lösen lässt.



Am Lenker des Falkenjagd Titan-Bike sind zwei Mikroschalter innen in der Biegung montiert, deren haptisches Feedback so subtil ist, wie die Taster selbst – mit Winterhandschuhen kann das fehlende taktile Feedback dann ein Problem werden. Der rechte Schalter wechselt in einen leichteren Gang, während derlinke in einen schwereren Gang schaltet – durch Tauschen der Steckverbindung im Vorbau könnt ihr die Schaltlogik aber auch umstellen. Darüber hinaus stehen euch Shifter für Campagnolo Chorus, TRP Hywire sowie Flatbars zur Auswahl. Beim getesteten Falkenjagd-Bike ist im Titan-Vorbau auch der Akku elegant integriert. Alternativ kann die Verkabelung samt Akku extern unterhalb des Vorbaus angebracht werden.
Das System ist für den Betrieb mit Nabendynamo konzipiert, was es zu einer perfekten Wahl für autarke Radreisen fernab der Zivilisation macht. Der Nabendynamo im Vorderrad lädt den Akku der Schaltung während der Fahrt und speist gleichzeitig noch die Lampen. Bei Nachtfahrten mit eingeschaltetem Licht bleibt der Ladezustand des Schaltungs-Akkus laut Herms stabil. Aus eigener Erfahrung sollte man dennoch nicht bei Nacht mit fast leerem Akku aufbrechen. Möchtet ihr das System extern laden, könnt ihr das mitgelieferte Magnetkabel am Vorbau einstecken, wo sich der Ladeport nahtlos ins Design des Bikes einfügt. Der interne Akku ermöglicht dann bis zu 1.000 autonome Schaltvorgänge oder ca. 200 km Fahrstrecke. Eine Signal-LED an der Schalteinheit zeigt euch den Ladezustand für 10 Sekunden an, sobald der Trigger betätigt wird:
- Grün: 30–100 %
- Gelb: 10–30 %
- Rot: 0–10 %
Pinion Smart.Shift C1.9i im Detail
Pinion verfolgt bei der Schaltung einen grundlegend anderen Ansatz als Rohloff: Statt die Gangwechsel in der Hinterradnabe zu verwalten, befindet sich ein Getriebe zentral im Tretlagerbereich – vergleichbar mit der Position eines E-Bike-Motors. Der Einbau des Pinion-Systems erfordert eine spezielle Rahmenkonstruktion – die natürlich auch ein erhöhtes Gewicht nach sich zieht. Im Tretlagerbereich des Rennstahl Stahl-Gravel Bike findet sich eine Anschraubplatte, wie man sie von E-Bikes kennt – nur dass hier die abgedichtete Getriebeeinheit befestigt wird. Im Inneren arbeiten zwei nacheinander geschaltete Teilgetriebe, die die 9 Gänge des C1.9i passend über- bzw. untersetzen.

Die Smart.Shift-Technologie – erkennbar am i im Produktnamen – beschreibt die vollständig elektronische Schaltung, die quasi aus „erster Hand“ entwickelt wurde und keine Nachrüstlösung darstellt. Das macht sich im nahtlosen Zusammenspiel bemerkbar: Die TRP Hywire-Brems-/Schalthebel fühlen sich vertraut an, und die Ergonomie erinnert etwas an Shimano. Geschaltet wird ausschließlich am rechten Hebel, wo zwei hintereinanderliegende Schalthebel die Gangwahl regeln: Am vorderen Hebel wird runter-, am hinteren Hebel hochgeschaltet. Die Schaltbelegung könnt ihr aber in der Pinion-App anpassen, falls gewünscht.
Die Pinion-App bietet außerdem noch zwei Features:
- Start.Select: Hier wird ein Start-Gang definiert, der beim Anhalten automatisch eingelegt wird – ideal für Stop-and-Go-Situationen.
- Pre.Select: Dieser Modus bringt fast schon ein halbautomatisches Fahrgefühl. Eine Zielkadenz wird vorgegeben, und die Schaltung passt den Gang während des Rollens an die Geschwindigkeit an. Das Ergebnis: Ihr habt immer den richtigen Gang, der beim Reintreten genug Widerstand im Pedal bietet, ohne selbst geschaltet zu haben.



Der Akku ist unauffällig im Rahmen versteckt und sorgt für beeindruckende 20.000 Schaltvorgänge – das entspricht laut Pinion etwa 100 Stunden reiner Betriebszeit. Selbst auf langen Touren dürfte der Akku kaum an seine Grenzen kommen. Auf unseren Rides war nach rund 80 km die Pinion-Batterie noch zu 96% geladen. Nachladen dauert weniger als drei Stunden und erfolgt über ein spezifisches Ladekabel direkt am Getriebe – Allerdings ist hierfür eine Hausstrom-Steckdose notwendig. Das Ladekabel ist nicht so elegant integriert wie der Magnet-Ladeport beim SternShift-System, sondern nur an einer Öse am Flaschenhalter befestigt und mit einer kleinen Abdeckkappe verschlossen. Außerdem ist hier erforderlich, dass das Ladegerät auf langen Reisen immer mitgeführt wird und ihr das Rad ab und an neben einer Steckdose abstellen könnt.
Das Rennstahl 853 PI Gravel on Track – Der Test des Pinion Smart.Shift C1.9i
Das Stahl-Gravel besticht durch seine schlanke und sportliche Optik: im schwarzen Finish und mit roten Akzenten auf der Lackierung, passend zu den roten Tune-Naben. Typisch für ein Stahl-Bike hat der Rahmen eine sehr schlanke, geradlinige Designsprache. Nur der Pinion-Getriebeblock im Zentrum des Bikes trägt dick auf – dafür bleibt der Hinterbau schnörkellos ohne Schaltwerk und Kassette.

In den Uphill startet man mit dem Rennstahl 853 PI Gravel-Bike relativ aufrecht und komfortabel positioniert – passend zum Einsatz auf der Langstrecke. Man sitzt in einer entspannten Haltung und die hohe Frontpartie schafft ein einladendes Cockpit, das sich natürlich anfühlt. Will man die Übersetzung an die Steigung anpassen, geht das absolut mühelos: Die Gänge rasten in jeder Situation zuverlässig rein, allerdings lässt sich vor allem in den leichtesten vier Gängen ein rasselndes Geräusch vernehmen – was typisch ist für die gerade Verzahnung der Zahnräder. Egal ob während der Fahrt, unter Last oder im Stillstand: Die Gangwechsel gelingen tadellos. Der kleinste der neun Gänge ist sehr leicht übersetzt. Vollgepackt mit Taschen und Gepäck die steilsten Rampen hochtreten? Überhaupt kein Problem! Noch ein Cargo-Trailer dazu? Warum nicht! Dazu passt auch das Gefühl, ewig auf diesem Rad sitzen zu können. Der optionale Brooks-Sattel sorgt für eine gute Sitzkomfort und die 50 mm breiten Schwalbe G-One Bite-Reifen liefern eine ausgewogene Compliance.

Je nach Steigung und bevorzugter Trittfrequenz kann es allerdings vorkommen, dass man zwischen zwei Gängen hin und her schaltet und nicht seinen „Wohlfühl Gang“ findet, der vermeintlich genau dazwischen liegen würde. Das liegt an der relativ groben, aber gleichmäßigen Aufteilung der 9 Gangsprünge von 24,3 %. Für all diejenigen, denen die Gangsprünge zu grob sind, bietet Pinion das Getriebe auch noch als 12-Gang-Variante an. Wenn ihr gern schnell und viel bergab fahrt, gehen euch dafür nie die Gänge aus: Auch bei hohen Geschwindigkeiten von 45 km/h und mehr ermöglicht die Schaltung, kraftvoll in die Pedale treten zu können. Wollt ihr einfach nur entspannt den Berg runter rollen, macht sich die Pre.Select-Einstellung in der Pinion App bemerkbar: Sie sorgt dafür, dass mit steigender Geschwindigkeit automatisch auch die Gänge hochgeschaltet werden – ohne eigenes Zutun. Wenn ihr dann wieder in die Pedale tretet, kommt nie das Gefühl eines „Durchtretens“ auf. In unserem Test erwies sich eine Trittfrequenz von 75 Umdrehungen pro Minute als idealer Wert, denn so hatten wir genügend Widerstand, um bei Bedarf einen Sprint einzulegen. Manuelles Eingreifen ist natürlich jederzeit möglich.

Eine andere smarte Funktion in der Pinion App ist Start.Select. Dabei wird bei Stillstand automatisch ein vordefinierter „Start-Gang“ eingelegt, der zum Losfahren ideal sein soll. Diese Funktion hat uns nicht überzeugt, da beim Anhalten und anschließenden Runterschalten der Automatik die Kurbel für jeden heruntergeschalteten Gang ein kleines bisschen absackt. Hält man zum Beispiel ruckartig im 9. Gang an, rattert das System fünf Gänge herunter, um im definierten 4. „Anfahrgang“ zu landen. Das fühlt sich nicht nur ungewohnt an, sondern zieht aufgrund der Lautstärke auch komische Blicke auf sich. In Kombination mit Pre.Select fällt das allerdings nicht weiter auf, da beim Ausrollen bzw. Abbremsen bis zum Stillstand das Getriebe bereits die Gänge runterschaltet und beim definierten Anfahrgang stehen bleibt. Bei aktiviertem Pre.Select ist Start.Select damit ebenso aktiviert.

Das Pinion-System ist zwar nicht überragend in Bezug auf Gewicht, aber der „Sorglos”-Faktor und die digitalen Erleichterungen machen es für Reiseräder und Pendel-Bikes wie das Rennstahl prädestiniert.
Die ca. 2 kg schwere Pinion C1.9 Smart.Shift-Getriebeschaltung bedeutet zwar etwas mehr Gewicht am 13,5 kg schweren Rennstahl Bike. Das wuchtige Getriebe ist aber zentral und tief im Rahmen platziert und sorgt für einen tiefen, zentralen Schwerpunkt – genau dort, wo man ihn haben möchte! Das liefert euch auf Abfahrten spürbar Sicherheit und Laufruhe, kostet im Uphill aber auch ordentlich Körner. So gewinnt man mit dem Rennstahl wahrscheinlich kein Hill Climb-Rennen, dafür ist es aber auch nicht konzipiert. Die Robustheit, der Komfort und die Vielseitigkeit machen das Rennstahl 853 PI Gravel zu einem quasi unverwüstlichen Begleiter. Und das 10.000 Kilometer lang, quasi wartungsfrei – zumindest was die Schaltung betrifft.
Das Falkenjagd Aristos R Rohloff Gravel im Test – Wie gut schaltet die Rohloff 14 SPEEDHUB mit SternShift?
Nach dem Rennstahl-Bike mit Pinion-Getriebe schwingen wir unser Bein über das 12,6 kg schwere Falkenjagd Aristos R mit Rohloff- und SternShift-Schaltkombination. Das fast voll ausgestattete Bike hat eigentlich alles, was man sich für den Alltag oder lange Radreisen wünscht: Ständer, Gepäckträger und Lampen mit Nabendynamo. Was fehlt, sind Schutzbleche – vor allem für die dunkle, nasse Jahreszeit ein wichtiges Feature. Dafür steht das Bike trotz fast Vollausstattung noch schlank und schön da. Rahmen, Vorbau und auch der Gepäckträger sind aus Titan und kommen ohne Lack aus. Das macht das Bike leichter und gleichzeitig fast unverwüstlich, da Titan eine besonders hohe Festigkeit aufweist und nicht korrodiert – ideal für den angestrebten Einsatzzweck als Reiserad und Kilometerfresser.

Das Falkenjagd positioniert euch komfortabel, aber deutlich sportlicher als das Rennstahl, wozu auch der Carbon-Lenker mit leichtem Flare seinen Teil beiträgt. Das lädt zu kraftvollen Sprints im Unterlenker ein! Passend zum außergewöhnlichen Rahmenmaterial kommt die exotische SternShift-Schaltung hinzu, die nur an der Hinterachse sichtbar ist. Die Schalter am Lenker sind derart schlank und haptisch unauffällig, dass man sich die Position einprägen sollte, vor allem wenn ihr mit Handschuhen fahrt. Denn dann ist das Feedback aus den Schaltknöpfen kaum spürbar. Sehr ergonomisch und griffig kommen dagegen die TRP Hylex RS Bremsen daher: Die Hebel haben eine gelochte Oberfläche und sorgen für einen guten Grip. So kann zuverlässig verzögert werden, wenn ihr bergab mal zu schnell unterwegs seid und die Hebel klappen auch unter seitlichem Druck nicht weg, wie manche Brems-/Schalthebelkombinationen.

Doch wie ist das Schaltgefühl am Rohloff Falkenjagd? Im Stand gehen die Schaltvorgänge super schnell vonstatten – 150 ms pro Schaltvorgang – und werden durch ein hohes Zischen des Motors untermalt. So lange hat man auch Zeit, etwas Druck vom Pedal zu nehmen, damit der nächste Gang problemlos einrastet. Denn diese kurze Kraft-Unterbrechung ist für Rohloff unweigerlich nötig – trotz elektrischer Betätigung. Beim Hochschalten in schwere Gänge und beim Schalten bergab ist das kein Problem. Geht es steil bergauf, ist es für Rohloff-Einsteiger nicht so easy, auf Anhieb einen leichteren Gang reinzubekommen. Dann verfällt man in einen Teufelskreis aus zu schwerem Gang und schwindender Geschwindigkeit, sobald man Trittkraft wegnimmt. Hier lohnen sich ausgiebige Probefahrten im flachen Terrain mit zahlreichen Schaltversuchen, um sich an die kurze „Lastpause“ zu gewöhnen. Hat man den Dreh aber raus, gehen die Schaltvorgänge ganz intuitiv vonstatten. Mehrere Gangwechsel auf einmal sind vor allem bei hohen Geschwindigkeiten und bergab kein Problem, bergauf aber durch angesprochene Problematik nicht ganz leicht umzusetzen.

Wer gern Räder mit Rennradlenkern fährt und schon Rohloff-Erfahrung hat, wird die schnelle, mühelose Betätigung per SternShift von Beginn an begrüßen. Denn realistisch funktioniert Rohloff an analogen Drop-Bar-Bikes eben nur mit Nachrüst-Lösungen – außer man ist wirklich bereit, die originale Drehgriff-Betätigung ans Gravel-Bike zu schrauben. Aber dem würde die Style Polizei ebenso einen Riegel vorschieben wie das gesunde Menschenverständnis von Ergonomie und Handling. Dagegen ist SternShift eine echte Revolution und ein Türöffner, um Rohloffs SPEEDHUB auch an Gravel- und Dropbar-Bikes zu fahren.
Gegenüber alternativen Rohloff-Lösungen für Dropbar-Bikes-Bikes wie die „GEBLA“-Schaltbox ist SternShift eine echte Revolution.
Wo Licht ist, ist auch Schatten: Zum Ende des Testings zeigte die SternShift einen mechanischen Aussetzer in der Schaltübertragung – wie sich später herausstellte, durch einen leicht vermeidbaren Fehler in der Montage. SternShift hat für die Serienfertigung bereits proaktive Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass derartige Ereignisse ausgeschlossen sind. Das macht einmal mehr deutlich, dass elektromechanische Systeme an Fahrrädern immer eine Abwägung zwischen Sicherheit und Performance sind. Eine mechanische Steuerung der Rohloff per Drehgriff wäre nahezu ausfallsicher, aber alles andere als ideal für ein Gravelbike: Die elektronische Steuerung der SternShift ermöglicht es, die Vorteile moderner Getriebe voll auszuschöpfen, und bietet außergewöhnliche Schaltpräzision und Geschwindigkeit. Deshalb ist die elektronische Ansteuerung der Schlüssel, gerade wenn Getriebe auf dem Niveau moderner Kettenschaltungen mithalten sollen. Macht die Elektronik unterwegs Zicken ist es egal, welches elektrische Schaltsystem man nutzt – Die Fehlersuche wird zum Rätselraten und auch die trivialste Kabelverbindung sorgt unter Umständen für einen Totalausfall.

Rohloff SternShift vs. Pinion Smart.Shift: Für wen ist welches System am besten geeignet?
Beim Rennstahl Bike mit Pinion Smart.Shift C1.9i kriegt man ein ausgereiftes System, das zuverlässige Schaltvorgänge in jeder Situation gewährleistet. Man kann mit einem doppelt so langen Ölwechsel-Intervall unterwegs sein und erhält mit der App noch ein paar smarte Schalt-Features on top. Bemerkbar macht sich das Ganze in etwas mehr Gewicht, großen Gangsprüngen und der E-Bike-Optik im Tretlagerbereich.

Beim Falkenjagd mit Rohloff SPEEDHUB SternShift bekommt man eine Neuheit im Rohloff-Segment. Von Maschinenbauingenieur und Tüftler Hans Herms wird die Rohloff SPEEDHUB durch eine elektrische Ansteuerung verfeinert. Das exklusive Teil passt perfekt zum Falkenjagd Titan-Bike und fällt kaum auf. Auch wenn es hin und wieder zu Herausforderungen bei der Elektronik kommen kann, sorgt der gute Support von SternShift und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Technologie dafür, dass dieses System eine der zuverlässigsten und leistungsstärksten Lösungen für Rohloff Gravelbikes ist.In der Ansteuerung und Summe der Integration samt Nabendynamo und Lampen ist es ein rundes und durchdachtes Konzept für early Adopter. Im Fall eines Defekts ist die SternShift allerdings so speziell, dass nur wenige Menschen auf der Welt euch damit wieder auf die Bahn bringen können. Die ungewohnten Lastpausen für den Schaltvorgang sind Gewöhnungssache, Rohloff-Kennern sollten sie aber bereits vertraut sein.

Das Fazit zu den Falkenjagd und Rennstahl Getriebe-Gravel-Bikes mit Rohloff- und Pinion-Schaltung
Was haben wir aus dem Getriebekonzept-Vergleich mitgenommen ? Wartungsfreiheit, kein Verschleiß und Schutz vor äußeren Einflüssen sind die Hauptpunkte, die für Getriebe-Gangschaltungen sprechen. Beide Modelle, Rohloff SPEEDHUB und Pinion Smart.Shift haben ihre Daseinsberechtigung für einen bestimmten Nutzerkreis, die Dropbar-Bikes auf Touren fahren wollen, ohne viel in Wartung zu investieren. In jedem Fall sind die Bikes Technologieträger und der Beweis dafür, dass elektrische Schaltungen in allen Bereichen klar auf dem Vormarsch sind!
Pinion Smart.Shift C1.9i | Rohloff SPEEDHUB SternShift | |
---|---|---|
Verschleiß | nahezu verschleißfrei | nahezu verschleißfrei |
Bandbreite | große Bandbreite von 568 % | große Bandbreite von 526 % |
Service Intervall | 10.000 km Ölwechselintervall | 5.000 km Ölwechselintervall |
Gewichtsverteilung | zentraler Schwerpunkt | schweres/träges Heck |
Akkulaufzeit | lange Akkulaufzeit | ständiges Aufladen durch Nabendynamo |
Connectivity | App-Connectivity | – |
Gänge | 9 Gänge: große Gangsprünge | 14 Gänge |
Kompatibilität | nur für ausgewählte Rahmen verfügbar | für OEM Ausfallenden/per Adapter |
Usability | gewohnte Brems-/Schalthebel-Kombination | mangelndes Feedback der Schalthebel |
Mehr Infos findet ihr unter 1bike4life.com, pinion.eu und sternshift.de bzw. rohloff.de

Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!
Text & Fotos: Julian Schwede