Gravel und Aero? DT Swiss folgt dem Trend zu schnellen Gravel-Bikes mit Racing-Fokus. Mit den DT Swiss GRC 1100 DICUT 50 setzt der Schweizer Hersteller alles auf die Aero-Karte. Doch reicht das, um den Gravel-Thron zu erobern? Und wie schlagen sich die Räder in unserem Härtetest, inklusive Renneinsatz?
DT Swiss, bekannt als großer Laufrad-Innovator, darf im Gravel-Segment nicht fehlen. Der Schweizer Hersteller ist eine feste Instanz, wenn es um höchst zuverlässige und performante Fahrradkomponenten geht. Doch im Gravel-Segment war die Modellpalette bislang dünn gesät. Das soll sich nun ändern: Mit den neuesten GRC-Modellen wird nun auch der stetig wachsende und sich weiterentwickelnde Gravel-Markt bedient. Hier ist neben Adventure-Gravel mittlerweile auch Racing fester Bestandteil jeder Schotter-Diskussion. Dafür passend bietet DT Swiss die GRC 1100 DICUT als High-End-Modell mit 50 mm tiefen Felgen und Keramiklagern an – ihr Anblick allein verspricht, schnell genug für jedes Gravel-Rennen zu sein. Doch geht das auf? Nach dreistelligen Rennkilometern und knapp fünf Monaten im Dauertest können wir euch sagen, was die DT-Wheels besonders macht.
DT Swiss GRC 1100 DICUT 50-Laufräder – Warum Gravel Aero werden muss
Gravel ist schon lange nicht mehr nur Adventure und Dropbar-Biken abseits befestigter Straßen. Längst ist Racing in jeglicher Form fester Bestandteil der Gravel-Szene. Dabei kämpfen nicht nur Amateure um Sekunden, auch im professionellen Bereich hat sich die Trendsportart etabliert. Kein Wunder also, dass mit großen Rennen wie Unbound, The Traka und der UCI Gravel-Weltmeisterschaft auch der Drang nach Effizienz beim Graveln zunimmt. Gravel- wie Triathlon-Rennen sind dabei noch nicht so stark reguliert wie Straßenrennen. Das bringt unter anderem einzigartige Bikes wie das 2024er Unbound-Race-Bike von Chase Warks mit Aero-Verkleidungen und Federung zutage. Dazu kommt der Fokus auf immer schnellere Rennformate. Mit schnellen Rennradfahrern und technikstarken Mountainbikern in der Startbox sind alle Anzeichen des ursprünglichen „Spirit of Gravel“ verflogen. Es wird um Sekunden gekämpft, und bei über 40 km/h stehen Effizienz und Aerodynamik ganz klar im Vordergrund. Das bedeutet auch: Vorbei sind die Zeiten von schmalen Road-Laufrädern am Gravel-Bike, eine spezialisierte Ausrüstung muss her. Denn auch wenn Rennrad-Felgen lange Zeit gut funktioniert haben, für breite Gravel-Reifen bieten sie einfach zu wenig Platz. Hier geht DT Swiss mit den GRC 50 den effizienten und aerodynamischen Weg.
Schweizer Aero-Ansatz – DT Swiss GRC 1100 DICUT 50
DT Swiss hat bei der Entwicklung der GRC auf geballtes Know-how gesetzt: Neben der hauseigenen Erfahrung ist hier auch die Expertise der Aero-Fachleute von Swiss Side eingeflossen, mit denen sie eine lange Zusammenarbeit pflegen. Betrachtet man die speziellen Anforderungen im Gravel-Segment, ist all das Wissen für perfekte Weiterentwicklungen auch dringend nötig. So sind in der Regel nicht nur die Geschwindigkeiten niedriger als auf der Straße, auch die griffigen und breiten Reifen mit aggressiven Noppen bringen so manche Tücken mit sich. Hinzu kommt der teils große Unterschied zwischen den einzelnen Reifenmodellen – somit ist der allgemeine Aero-Ansatz von so schmal und smooth wie möglich dahin.
Um dem entgegenzuwirken und die Felgen auf die Reifen zu optimieren, setzt DT Swiss bei der Entwicklung der GRC auf den Schwalbe G-One RS. Er ist nicht nur einer der schnellsten Reifen, auch das hohe Level an Grip und Kurvenverhalten machen ihn zur ausgezeichneten Wahl für Racer. In unserem großen Gravel-Reifen-Vergleichstest konnten wir uns bereits von der guten Performance der Schwalbe-Reifen überzeugen.
40c bis 45c ist dabei die bevorzugte Größe und kristallisiert sich immer mehr als die „Go-to“-Reifenbreite für viele Racer heraus. Zu Recht setzt auch DT Swiss auf 40 mm breite Reifen für eine optimale Aero-Performance auf schnellen Gravelpisten. Entwickelt haben sie die Felgen bei eigentlich eher untypischen 37,5 km/h im Windkanal – für Gravel-Races jedoch eine durchaus realistische Geschwindigkeit: So lag beim Unbound 200, dem berüchtigten 200-Meilen-Gravel-Rennen, die Durchschnittsgeschwindigkeit des Siegers bei knapp über 35 km/h – und das auf über 325 km Strecke!
Das Ergebnis der Entwicklung: eine außergewöhnliche Felge mit 24 mm Maulweite und 36,5 mm Breite – fast erinnert es an Mountainbike-Räder von vor ein paar Jahren. Doch wie die 50 mm Tiefe bedeuten auch breite Felgen bei Gravel „Aero pur“! Ein Trend, der sich im neue entstehenden Aero-Gravel-Bereich zu etablieren scheint. Auch die Laufräder ROSE GC50 und HUNT 42 LIMITLESS bewegen sich in ähnlichen Maßen. Einzigartig ist jedoch die Form der Felgen von DT Swiss. Der klassische bauchige Look moderner Aero-Felgen wird hier weitergedacht. Mit einem Knick im unteren Drittel verjüngt sich die Felge zum Reifen hin deutlich – ein cooles Design, das wir so noch nicht gesehen haben und das die Aerodynamik deutlich verbessern soll. Getreu dem DT-Swiss-Standpunkt zur aktuellen Hookless-Debatte setzt DT auf „hooked“ Felgen für extra Sicherheit und Vielseitigkeit und natürlich tubeless.
Laut DT Swiss ergibt das alles nicht nur eines der schnellsten Gravel-Laufräder, sondern auch ein besonders geringes Lenkmoment bei Seitenwind. Also wie gemacht für Gravel bei Crosswind-Action?
Die DT Swiss GRC-Laufräder im Detail
Typisch für DT Swiss gibt es die GRC-Laufräder in verschiedenen Ausführungen. Das von uns getestete Topmodell GRC 1100 DICUT mit 180er-Naben und den schnellen Aerolite-Speichen steht natürlich auf SINC-Keramiklagern und setzt auf 50 mm tiefe Felgen, um die Aerodynamik im Gravel-Bereich auszureizen. Mit 1.606 g ordnen sich die 2.499,80 € teuren Laufräder passend zur Konkurrenz ein. Sowohl die ROSE GC50 als auch HUNT 42 LIMITLESS liegen im gleichen Bereich.
Etwas schwerer und ohne Keramiklager ausgestattet kostet die 1400 DICUT-Variante knapp 450 € weniger, setzt dafür aber auf DT Swiss 240-Naben und kommt mit den etwas schwereren und weniger aerodynamischen Aero-Comp-Speichen.
Beide Versionen gibt es auch in der Adventure-Version mit 30 mm tiefen und 31 mm breiten Felgen. Durch das im Vergleich zur 50-mm-Version knapp 217 g geringere Gewicht eignen sich die 1100 DICUT 30 auch für den Renneinsatz im bergigen Gelände. Gerade bei Formaten wie dem Octopus Gravel-Race profitieren Bikes von einem möglichst geringen Gewicht.
Passend zum neuen Gravel-Auftritt spendiert DT Swiss den Rädern einen frischen Look. Mit der neuen „out of the mold“-Fertigung kommen die Felgen ganz ohne Nachbearbeitung zu euch. Dazu runden neue Chrom-Decals den cleanen Look ab.
Die DT Swiss GRC 1100 DICUT 50-Laufräder im Test
Auf dem Papier eine runde Sache, aber wie schlagen sich die Räder in unserem Praxistest? Wir hatten die DT Swiss GRC 1100 DICUT 50 im Härtetest, einschließlich eines Renneinsatzes beim UCI-Gravel-Rennen in Dänemark unter widrigsten Bedingungen. Sand, Matsch, Singletrails und Schotterpisten ergeben eine Strecke, die nicht nur technisch anspruchsvoll, sondern dort auch verdammt schnell ist. Also wie gemacht für die GRC 1100?
Mit der passenden Bereifung und den von DT Swiss empfohlenen Schwalbe G-One R und RS in 40 mm Breite geht es an die Startlinie. Schnell zeigt sich: DT Swiss hat ganze Arbeit geleistet. Effizient und schnell im Antritt beschleunigen die GRC trotz des höheren Gewichts flink und halten die Geschwindigkeit mühelos. Durch die hohe Steifigkeit liegen die Räder stabil in der Kurve und überzeugen mit einem präzisen Handling, auch auf Singletrails. Diese ausgeprägte Laufruhe verleiht den Rädern viel Fahrsicherheit – wie gemacht für schnelles Racing und den Kampf um die beste Position im Feld.
Überraschend ist die Agilität bei niedrigen Geschwindigkeiten: Auch Kletterpassagen auf groben Singletrails sind kein Problem für die DT Swiss GRC 1100 DICUT 50. Ganz im Zeichen des Racing-Gedankens steht auch die Compliance. Zwar filtern die Laufräder Vibrationen sauber heraus, doch der Drang nach Speed lässt sich nicht verbergen. Für mittlere Gravel-Distanzen perfekt, für entspanntere Ultra-Endurance-Rennen mit vierstelligen Distanzen jedoch etwas zu wenig Komfort.
Tuning-Tipp: Schwalbe G-One R an der Front und G-One RS am Heck für das ultimative Racing-Setup.
Bei höhenmeterintensiven Strecken zeigt der Laufradsatz eine kleine Schwäche. Trotz des wettbewerbsfähigen Gewichts spürt man die knapp 1.600 Gramm plus die breiten Gravel-Reifen und das Tubeless-Setup beim Klettern etwas. Besonders beim Beschleunigen aus engen und steilen Kurven fordern die Räder etwas mehr Druck auf den Pedalen. Doch gerade an ungefederten Gravel-Bikes müssen die Räder einiges aushalten. Daher ist ein etwas höheres Gewicht zugunsten einer guten Haltbarkeit der Komponenten und besserer Dämpfungseigenschaften sinnvoll.
Das proklamierte, hervorragende Handling bei Seitenwind haben wir ausgiebig im stürmischen Süden Schwedens getestet. Zwar bleiben die Räder etwas stabiler, als man es bei 50 mm tiefen Laufrädern erwarten würde, die große Revolution ist es jedoch keinesfalls. Gerade bei böigen Verhältnissen braucht es nach wie vor eine ruhige Hand am Lenker. Was jedoch wirklich beeindruckt, ist die Auslegung des Laufrads: Mit purem Speed und absolut verlässlichem Fahrverhalten bietet der DT Swiss GRC 1100 DICUT 50 alles, was man von einem perfekten Road-Laufrad erwartet. Nur eben – und das ist das große Kunststück dieser Räder – auf Gravel!
Für wen sind die DT Swiss GRC 1100 DICUT 50-Laufräder?
DT Swiss schreibt sich mit den GRC 1100 DICUT 50-Laufrädern „Gravel Racing“ auf die Fahne – und das zu Recht. Für alle Gravel-Fans mit Drang nach Geschwindigkeit, ob Racer oder nicht, bieten die GRC in 50 mm Tiefe ein effizientes und schnelles Fahrverhalten mit Road-Charakter, aber gleichzeitig Gravel-Compliance und guter Steifigkeit. Perfekt also für Roadies auf Schotter, die ein schnelles Gravel-Bike in der Garage haben. Doch nicht nur Gravel-Racer profitieren von DT Swiss und dem Swiss-Side-Engineering, auch der zurückhaltende Gravel-Biker erfährt mit den GRC 1100 einen Schub an Performance.
Fazit zu den DT Swiss GRC 1100 DICUT 50
DT Swiss und Swiss Side stehen für Qualität, Haltbarkeit und Performance in einem. Bei den DT Swiss GRC 1100 DICUT 50 ergibt das eine perfekte Symbiose aus Road-Bike-Effizienz und Fahrverhalten, gepaart mit Gravel-Compliance und guter Steifigkeit. Eine Kombination, die im Gravel-Bereich schon fast ein Kunststück darstellt. DT Swiss schafft es damit, eines der bislang besten Gravel-Laufräder mit Racing-Ambitionen auf den Markt zu bringen.
Tops
- Road-Performance und Gravel-Compliance in perfekter Symbiose
- cleaner Look und glänzendes Branding
Flops
- weiße Decals gibt’s leider nur für Profis, da bleibt DT Swiss konsequent!
Mehr Infos unter dtswiss.com
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Text & Fotos: Calvin Zajac