
Die DT Swiss ARC-Carbon-Laufräder gehen in die dritte Runde – und es wurde Zeit. Fast fünf Jahre ist der Launch der letzten Generation her. In der Zwischenzeit hat sich das Spiel um Reifenbreiten und Felgengeometrien spürbar verändert. Immer mehr Hersteller setzen auf breitere Felgenprofile, optimiert für 28–30 mm breite Pneus. 23, 24 oder 25 mm interne Breite an Rennradfelgen? Keine Seltenheit mehr. Jetzt zieht auch DT Swiss nach – mit einem rundum überarbeiteten ARC 1100, der leichter und aerodynamischer sein soll als je zuvor.
Der Laufradhersteller aus der Schweiz hat dafür wieder mit den Aerodynamik-Profis von Swiss Side zusammengearbeitet. Das Ergebnis: Ein komplett neues Felgenprofil soll besonders am Vorderrad und im Zusammenspiel mit dem eigens entwickelten Continental AERO 111-Reifen für maximale Effizienz sorgen.
Optisch passt sich die neue ARC-Serie dem Design der GRC-Gravel-Laufräder an: Die Felge verjüngt sich mit einem Knick im unteren Drittel zum Reifen hin. Das „A” in großen Lettern auf der Felge kennzeichnet die Modellreihe, spiegelnde Decals und silberne Akzente an der Nabe vollenden den hochwertigen Look.


In unserem großen Carbon-Laufrad-Vergleichstest war DT Swiss damals mit dem ebenfalls frisch überarbeiteten ERC 1100-Endurance-Modell vertreten – eigentlich ein Langstrecken-Spezialist mit Fokus auf Komfort und ausgewogenes Handling. Etwas überraschend, schließlich ging es im Test primär um Performance.
Mit der dritten Generation der ARC-Serie erfolgt nun also der große Auftritt. DT Swiss will damit wieder an die Spitze des Aero-Segments. Und das mit Blick auf eine spannende Regeldiskussion: Die UCI plant, Felgentiefen über 65 mm in Straßenrennen zu verbieten. DT Swiss scheint mit dem Sprung von 62 auf 65 mm bei der mittleren Variante also ganz bewusst das Limit ausgelotet zu haben. Die neue ARC 85 dürfte damit aus dem WorldTour-Peloton verschwinden – und in Zukunft wohl primär Triathleten und Zeitfahrer glücklich machen.
Wir hatten für diesen Test die vermutlich spannendste Version im Einsatz: 55 mm Felgentiefe sind laut DT Swiss der Sweet Spot für alle, die Aero-Vorteile wollen, ohne im Alltag auf Seitenwind-Stabilität und ein vernünftiges Handling verzichten zu müssen. Ob das neue Modell nicht nur technisch, sondern auch im Test überzeugt?

Die neuen DT Swiss ARC 1100 im Detail
Breiter, tiefer und moderner präsentiert sich die dritte Generation der DT Swiss ARC 1100 DICUT. Doch wer den direkten Vergleich zu anderen Herstellern sucht, stellt schnell fest: Mit 22 mm Maulweite bleibt DT Swiss vergleichsweise konservativ. Während andere längst auf 23 oder sogar 25 mm setzen, hält man in Biel am eigenen Aero-Konzept fest – nicht ohne Grund, wie DT Swiss betont.
Laut Hersteller ist die neue Innenbreite das Ergebnis eines ausgeklügelten Kompromisses zwischen Aerodynamik, Reifenabstützung und Kompatibilität mit modernen 28–30 mm breiten Reifen – insbesondere beim Continental AERO 111 in 26 oder 29 mm Breite, der in Kooperation mit Swiss Side und DT Swiss entwickelt wurde und auf dem GP5000 S TR beruht.


Das Konzept der breiteren Felgen kommt dabei nicht von irgendwo: Breitere Felgen bieten dem Reifen mehr Seitenhalt, was besonders in Kurven für mehr Stabilität sorgt. Die Karkasse wird besser geführt und reduziert Walken – das Ergebnis ist ein satteres, präziseres Fahrgefühl. Gleichzeitig kann der Luftdruck abgesenkt werden, was nicht nur den Komfort verbessert, sondern auch Grip und Pannenschutz erhöht. Klingt gut – ist es auch, sofern die Aerodynamik mitspielt.
Genau hier kommt das neue V-Shape-Profil der Felge ins Spiel: Statt wie früher auf ein klassisches U-Profil zu setzen, läuft die Felge nun deutlich spitzer zur Nabe hin aus. Das soll laut Hersteller die Stirnfläche reduzieren und den Luftstrom besonders bei Seitenwind optimal anleiten.



Die neuen ARC-Felgen sind aber nicht nur breiter, sondern auch tiefer geworden: 55 statt 50 mm, 65 statt 62 mm und 85 statt 80 mm. Während fast alle Hersteller von „weniger Gewicht bei mehr Performance“ sprechen, erlaubt sich DT Swiss einen charmanten Ausreißer: Die 55-mm-Version soll ganze 6 g schwerer geworden sein als ihr Vorgänger – allerdings bei 5 mm zusätzlicher Tiefe. Für uns: völlig vertretbar. Unsere Waage zeigt: 1.483 g (inkl. Tubeless-Felgenband & Freilaufkörper). Zum Vergleich: Die ERC 1100-Laufräder mit 45 mm Tiefe wiegen mit 1.465 g nur minimal weniger.

DT Swiss ARC 1100 DICUT DB 55
2.699,80 €
Gewicht: 1.483 g (inkl. Tubeless-Felgenband & Freilaufkörper)
Felgenhöhe: 55 mm (vorne + hinten)
Nabe: DT Swiss 180 DICUT
Maulweite: 22 mm
Außenbreite: 28,5 mm
Speichenanzahl: 20 vorne / 24 hinten (DT aerolite)
Maximales Systemgewicht: 110 kg
Einsatzbereich: Allround-Race
Kompatibel mit: Tubeless & Schlauch (Hakenfelge)
Ein zentrales Element des neuen Konzepts ist das Wheel Tire System (WTS) – also die Kombination aus Felge und Reifen, die für 100-€-Aufpreis vormontiert kommt. Montiert ist ein Continental AERO 111-Vorderreifen in 29 mm Breite und ein GP5000 S TR in 30 mm Breite am Hinterrad. Das spezielle Profil, DT Swiss nennt diese „Vortex-Kammern”, soll den Luftstrom gezielt verwirbeln und kontrolliert an die Felge leiten – Formel 1 lässt grüßen. Im Idealfall sorgt das für weniger Strömungsabriss und mehr Laufruhe bei Seitenwind. Der Lenkmoment soll dadurch linearer, kontrollierter und weniger nervös wirken – zumindest in der Theorie.

Wie groß der Effekt auf der Straße ist, hängt – wie so oft – von Windbedingungen, Fahrposition und Geschwindigkeit ab. Klar ist: Das System wirkt durchdacht und konsequent umgesetzt.
Ein weiteres Aero-Upgrade versteckt sich in der Speichenzahl: 20 statt 24 der DT Aerolite-Speichen vorne sollen nicht nur Gewicht sparen, sondern laut DT Swiss auch den Luftwiderstand reduzieren. Die Rede ist von sogenannten „Rotational Drag“– also dem Widerstand, den drehende Bauteile in der Luft erzeugen. Klar ist: Weniger Speichen am Rad = weniger Speichen, die im Wind stehen – logisch also, dass sich hier Potenzial für Aero-Feintuning verbirgt.

DT Swiss ARC 1100 im ersten Test
Auf dem Papier ist der neue ARC 1100 DICUT DB 55-Laufradsatz ein Aero-Allrounder – aber wie schlägt sich das 55 mm tiefe Carbonlaufrad in der Praxis? Im ersten Test zeigt sich: Der Antritt ist spürbar effizient, aber nicht explosiv. Die hohe Steifigkeit sorgt für kräftigen Vortrieb, besonders im Wiegetritt oder bei Zwischensprints und vermitteln nach wie vor das von DT Swiss gewohnte Fahrgefühl. Damit sind die Laufräder tendenziell auch auf der härteren Seite und haben im Vergleich zum Vorgänger keinesfalls an Steifigkeit eingebüßt. Gleichzeitig macht sich das – im Aero-Kontext moderate – Gewicht bemerkbar: Für den Gipfelsturm gibt es leichtere Alternativen.
Doch als Kompromiss zwischen Aero-Performance und Race-Tauglichkeit ist das Setup stimmig. Seitenwindanfälligkeit? Spürbar, aber nicht kritisch. Bei konstantem Seitenwind stellen sich die Laufräder regelrecht in den Wind – der Segeleffekt ist deutlich ausgeprägt. Auf der Geraden wirken die ARC 1100 wie auf Schienen – das vermittelt Sicherheit bei Tempo und sorgt für einen ausgeprägten Geradeauslauf.


Das Handling ist präzise, fast sportlich direkt – Flex sucht man hier vergeblich. Die Räder geben klares Feedback und bleiben auch bei schnellen Richtungswechseln zuverlässig in der Spur. Wer ein laufruhiges und trotzdem direktes Fahrgefühl sucht, wird hier fündig.
Komfort? Eher zweitrangig. Die Felge selbst gibt wenig nach, der Komfort entsteht in erster Linie durch die breiten Continental-Reifen im WTS-Setup, die mit moderatem Druck gefahren werden können. Für lange Etappen ist das ausreichend – besonders, wenn der Fokus auf Speed liegt.
Tuning-Tipp: Wer mehr Compliance will, sollte bei 30 mm breiten Reifen mit dem Luftdruck experimentieren.

Für wen sind die DT Swiss ARC 1100 geeignet?
Der neue ARC 1100 DICUT DB 55 richtet sich an Fahrer, die einen Allround-Laufradsatz für jegliches Terrain suchen – für schnelle Flachetappen, lange Solofahrten oder welliges Terrain mit schnellem Tempowechseln. Besonders bei wechselnden Windbedingungen spielt das Laufrad seine Stärken aus: Denn das Handling bleibt auch bei Seitenwind stabil und berechenbar, und besonders in Kombination mit den Continental AERO 111 sorgt das Setup für einen geschmeidigen Lauf und ein ruhiges Lenkverhalten.
Klar ist aber auch: Mit 1.483 g ist der ARC kein Leichtbau-Wunder. Wer bei jedem Anstieg auf Watt pro Gramm schielt oder maximale Spritzigkeit sucht, greift lieber zu reinen Climbing-Wheels. Für alle, die es noch aerodynamischer wollen – etwa im Sprint oder beim Kriterium – bietet sich die 65-mm-Variante der ARC-Serie an. Die liegt exakt am geplanten UCI-Limit und dürfte das Maximum an Aero-Performance herausholen. Und für alle, die sich auf der Abfahrt gerne am satten Freilauf-Surren erfreuen, kommen mit den DT 180 DICUT-Naben voll auf ihre Kosten.

Fazit zu den DT Swiss ARC 1100
Die neuen DT Swiss ARC 1100 präsentieren sich als durchdachte Weiterentwicklung mit typischer Schweizer Zurückhaltung in Sachen Felgenbreite. Wer auf der Suche nach einem echten Aero-Allrounder ist, der Performance und Alltagstauglichkeit vereint, wird hier fündig. Das präzise Handling, die hohe Laufruhe und das sauber abgestimmte Wheel-Tire-System ergeben ein Paket, das sich nicht nur auf reinen Racing-Einsatz beschränkt, sondern auch im ambitionierten Trainingsalltag glänzt.

Tops
- hohe Steifigkeit
- präzises Handling
- Effizienz
- satter Nabensound

Flops
- etwas träger am Berg
- etwas wenig Compliance
Mehr Information unter dtswiss.com.
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Text & Fotos: Jan Fock