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Coronavirus – Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Bikes und Bike-Entwicklung?

Lieferengpässe, reduzierte Auswahl, leere Geschäfte – erwartet uns dieses Szenario in den nächsten Monaten oder gar in diesem Jahr? Im Moment steht die Produktion in China in weiten Teilen still. Wir haben uns in der Fahrradindustrie über die Folgen der Virusausbreitung informiert.

Das Coronavirus fordert drastische Maßnahmen in China: So ist das traditionelle chinesische Neujahrsfest, das seit dem 25. Januar läuft, von vielen Behörden bis mindestens 8. Februar verlängert worden, um die Beschäftigten länger von der Arbeit und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel fernzuhalten. Außerdem sind viele Feierlichkeiten abgesagt und zahlreiche Flüge gestrichen worden. Wer ein- oder ausreist, muss im Verdachtsfall in Quarantäne.

Wie die Automobilindustrie, so ist auch die Bike-Industrie in hohem Maße von der Produktion in China abhängig. Immer mehr namhafte Hersteller der Fahrradbranche sprechen nun von Lieferengpässen. Wichtige Besprechungen und Qualitätskontrollen vor Ort werden verschoben, Dienstreisen abgesagt. Ein Beispiel ist BAFANG, der chinesische Hersteller für E-Bike-Motoren, Akkus und Displays, dem ebenfalls ein Produktionsstopp auferlegt wurde. Auch SWYPE, eine ganz junge Fahrradmarke der cycle union GmbH, berichtet im aktuellen Newsletter über Auslieferungsverzögerungen bei ihren vollgefederten Mountainbikes.

Ein ganz wichtiges Thema ist die Produktion der Akkus: Aktuell werden Lithiumzellen fast ausschließlich in Asien hergestellt. Panasonic/Sanyo und Sony aus Japan, LG Chem und Samsung aus Südkorea sowie einige chinesische Hersteller beherrschen mehr als 90 % des Weltmarkts. Bereits in der Vergangenheit kam es schon zu Lieferverzögerungen bei E-Bikes, weil nicht genügend Lithiumzellen für die Herstellung von Akkus zur Verfügung standen.

ISPO Beijing abgesagt – Taipei International Cycle Show findet statt

Zahlreiche Großveranstaltungen wie auch die ISPO in Peking, die vom 12.-15. Februar stattfinden sollte, wurden abgesagt. In einer Eilmeldung vom 31.01.2020 erklärte Taiwan, dass die Taipei International Cycle Show stattfinden würde. Auf der Website wird dies mit Datum vom 04.02. bestätigt. Begründet wird es mit den hohen medizinischen Standards in Taiwan und der Tatsache, dass seit 72 Stunden (Stichtag 4. Februar) keine neuen Fälle in Taiwan aufgetreten sind. Zudem gäbe es in Taiwan bislang nur zehn Krankheits- und keine Todesfälle.

Screenshot der Website vom 08.02.2020: Die Taipei International Cycle Show kündigt eine Pressekonferenz für den 11.02.2020 an – ob das Coronavirus hier noch weitere Auswirkungen haben wird, wird sich dann zeigen.

Allgemeine Verunsicherung in der Fahrradindustrie

Auf Anfrage teilten uns mehrere Hersteller mit, dass es zu Verzögerung und Lieferengpässen kommen wird. Je nach Produktionsstandort sind die Hersteller mehr oder weniger schwer betroffen:

Paul Lange & Co / Shimano – Michael Wild

Shimano zum Beispiel stellt in China nur Komponenten für günstige Einsteiger-Bikes her. Die Produktion von High-End-Komponenten wie XTR oder Dura-Ace sowie die E-Bike-Motorenproduktion läuft in Japan und dort gäbe es derzeit keine Probleme, meint Michael Wild, Leitung Marketing bei Paul Lange & Co / Shimano.


Pexco Bikes (Husqvarna and R RAYMON) – Felix Puello

Felix Puello, co-director of Pexco, gave us the following statement:

„Natürlich verfolgen wir die Geschehnisse weltweit und wünschen allen Betroffenen schnelle Genesung. Die Gesundheit unserer Mitarbeiter und der Angestellten unserer Partner haben höchste Priorität. Momentan spüren wir noch keine Auswirkungen des Coronavirus, unsere Zulieferer sind gut organisiert. Aber weil die Situation und vor allem die künftige Ausbreitung des Erregers momentan nur schwer einzuschätzen sind, haben wir uns gegen eine Teilnahme an der Taipei Cycle Show entschieden. Sobald sich die Lage wieder entspannt, werden wir mit individuellen Treffen die verpassten Termine nachholen.“

Susanne und Felix Puello sind zusammen mit Johann Haunschmid Geschäftsführer bei Pexco

ZEG-Gruppe (BULLS u. a.) – Stefan Sahm

Ex-Profi-Racer Stefan Sahm ist Manager für Supply Chain & Quality Management Asia für Rahmen. Der dreifache Cape Epic-Sieger selbst bevorzugt die Bezeichnung „Feuerwehrmann“ oder „Troubleshooter“.

Auf unsere Anfrage teilte Stefan Folgendes mit: „Um das Qualitätsmanagement und die Produktion zu überwachen, bin ich viel in Asien unterwegs. Normalerweise reise ich einmal pro Monat nach China. Aktuell gibt es keinen von der Firma verordneten Reisestopp, aber niemand muss reisen, wenn er sich damit nicht wohlfühlt. Allerdings macht das im Augenblick auch keinen Sinn. Flüge nach China sind zum Teil gestrichen und einige Länder verordnen China-Reisenden bei der Rückkehr eine zweiwöchige Quarantäne. Das ist hauptsächlich ein Problem für meine asiatischen Kollegen aus der Qualitätssicherung.
Größtes Problem ist, dass China die Städte, in denen das Virus ausgebrochen ist, systematisch abriegelt. So können nach dem chinesischen Neujahr und der staatlich verordneten Verlängerung die Arbeiter, die z. B. Urlaub in ihren Heimatprovinzen machten, teilweise gar nicht in die Städte einreisen und ihre Arbeit wieder aufnehmen. Bis heute ist nicht bekannt, ob bzw. wann die Produktion wieder im vollen Umfang aufgenommen werden kann. Die Verzögerungen betreffen vor allem die finale Serienproduktion und die Auslieferung der Produkte. Da oft Einzelteile aus China fehlen, stehen dann auch in anderen Ländern die Bänder still – willkommen in der globalen Welt!“

Auf die Frage, ob die derzeitige Situation auch Auswirkungen auf Neuerscheinungen und Produkt-Relaunches hat, meinte Sahm, dass das bestimmt so sei, dann aber auch die gesamte Bike-Branche betreffen würde. Welche Konsequenzen das für die EUROBIKE im September haben wird, kann man heute noch nicht sagen.

Stefan Sahm reist normalerweise einmal pro Monat für die ZEG-Gruppe nach China

Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) – David Eisenberger

Von David Eisenberger, zuständig für Marketing und Kommunikation beim ZIV, war zu erfahren, dass sich der ZIV am 07.02.2020 an seine Mitglieder wendet, um die Auswirkungen des Coronavirus abzufragen.

World Health Organisation (WHO) – aktuelle Informationen

Über die aktuelle Situation und Ausbreitung des Coronavirus finden sich Informationen auf der Website der WHO.

Aktuelle Information über die Situation der Ausbreitung des Coronavirus vom 06.02.2020

Fazit

Irgendwie befinden wir uns in einem luftleeren Raum: Keiner weiß Genaueres, alle sind vorsichtig optimistisch und hoffen, dass China bald wieder zur Normalität zurückkehren kann.

Fakt ist aber, dass viele Bike- und Komponenten-Hersteller eigene Fabriken in China bzw. im asiatischen Raum haben oder dort produzieren lassen. Selbst Giant, der weltgrößte Bike-Hersteller aus Taiwan, hat dort eine eigene Produktion. Aktuell sind in China viele Lieferketten unterbrochen, Meetings und wichtige Abstimmungen sind auf unbestimmte Zeit aufgeschoben. Es ist heute so, wie man es immer befürchtet hat: Wenn China hustet, hält die Welt den Atem an.

Und was heißt das für uns Biker? Sicher ist, dass es schon jetzt zu Verzögerungen in der Auslieferung kommt. Wie massiv die Auswirkungen auf die EUROBIKE 2020 und das Angebot im Handel sein werden, werden wir erst nach und nach erfahren. Wir halten euch auf dem Laufenden.


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Text: Susanne Feddersen, Manne Schmitt Fotos: divers