Das Cervélo Áspero war Vorreiter des Gravel-Racings und steht für Geschwindigkeit und Effizienz. 2024 hat Cervélo das Modell neu aufgelegt, bleibt aber seiner DNA treu. Doch die Szene hat sich stark weiterentwickelt und wir fragen uns: Wie gut passt das neue Modell in diese moderne Gravel-Welt und geht das bewährte Konzept noch auf?

Mit dem Áspero der ersten Generation etablierte sich Cervélo als Pionier im Gravel-Racing: schnell, effizient und mit klarer Race-DNA. Als eines der ersten Modelle, das sich konsequent dem aufkommenden Gravel-Trend widmete, bewiesen die Kanadier damals ein gutes Feingespür für neue Entwicklungen – ähnlich wie zuvor schon mit dem aerodynamischen S5-Rennrad. In seiner zweiten Generation will das Áspero jetzt genau dort anknüpfen und die Stärken des Originals weiter ausbauen.
Doch die Gravel-Szene hat sich verändert und moderne Rennen stellen neue Anforderungen an die Bikes: Von weiterentwickelten Aero-Konzepten bis hin zu durchdachten Komfort-Features prägen clevere Details das Bild der aktuellen Gravel-Racer. Kann das neue Áspero da mithalten? Oder bleibt es, trotz solider Performance, ein Racer alter Schule?
Mit der neuen Generation des Áspero will Cervélo ein schnelles und vielseitiges Gravelbike bieten, das auf vielen Terrains performen kann. Die Ansage: bewährte Stärken übernehmen, gezielt optimieren und damit den perfekten Mix aus Speed, Kontrolle und Komfort liefern. Ohne radikale Neuerungen geht Cervélo so den Weg der Evolution und setzt auf eine feine Abstimmung der bekannten Qualitäten.

Positioniert sich das Áspero so womöglich irgendwo zwischen den Extremen – schnell und agil, aber eben auch ohne alles dem Racing-Gedanken unterzuordnen? Könnte das der sportliche Allrounder sein, der sowohl auf der Straße als auch abseits davon eine solide Figur machen kann? Ob die Neuauflage in der Praxis überzeugt, zeigt unser Test.
Das Cervélo Áspero im Detail
Schon auf den ersten Blick macht das neue Áspero Eindruck: Die weiße Lackierung mit feinen blauen Farbakzenten und goldenen Decals verleiht dem Bike eine elegante, edle Optik. Ergänzt wird der Look durch die klassischen Tanwalls der WTB Vulpine-Reifen, die das minimalistische Design perfekt abrunden. Insgesamt bleibt Cervélo seinem Stil treu – das Áspero wirkt clean, aufgeräumt und verzichtet auf überflüssige Details.



Besonders auffällig ist das kompakte Heck, das durch den Cut-Out am Sattelrohr und das tiefer gelegte Tretlager sportlich und schlank erscheint. Auch bei den Rohrformen bleibt Cervélo seiner Linie treu: Keine scharfen Kanten, sondern abgerundete Übergänge, die laut Hersteller für eine aerodynamische Optimierung sorgen sollen, ohne den minimalistischen Look zu stören. Komfort-Updates, wie die tiefer angesetzten Sitzstreben, versprechen spürbare Vorteile bei langen Touren oder auf ruppigen Schotterstrecken, indem sie Vibrationen besser dämpfen sollen.
Auch an der Front soll die reduzierte Steifigkeit des Steuerrohrs dafür sorgen, dass Schläge vom Untergrund sanfter abgefangen werden und die Belastung der Handgelenke sinkt. Die semi-integrierte Kabelführung sorgt für eine aufgeräumte Optik, ohne auf einfache Wartung zu verzichten. Außerdem wurde die Reifenfreiheit auf 45 mm erweitert – um eine Schlammschlacht wie beim Unbound Race 2023 zu vermeiden.

Die Ausstattung des Cervélo Áspero
Cervélo bietet das neue Áspero in sechs Varianten an. Los geht’s bei 2.799 € für das Rahmenset, während das Topmodell mit SRAM Rival XPLR AXS für 5.799 € den oberen Abschluss bildet. Das exklusivere Áspero-5 mit SRAM XPLR RED eTap AXS und einem höherwertigen Carbon bleibt vom Generations-Update allerdings bisher außen vor.
Unser Testrad ist mit der elektronischen SRAM Rival XPLR-Schaltung, einem UDH-Schaltauge und einem geschraubten T47-Tretlager ausgestattet. Abgesehen von der Oberrohrtasche, die serienmäßig mitgeliefert wird und sich harmonisch ins cleane Design einfügt, verzichtet Cervélo beim Áspero komplett auf Befestigungsösen – ein klares Statement für die Ausrichtung als reinrassiges Gravel-Race-Bike.
Cervelo Aspero 2024
5.799 €
Ausstattung
Sattelstütze Cervélo SP19 Carbon 27,2
Bremsen SRAM Rival AXS 160/160 mm
Schaltung SRAM Rival AXS XPLR 1 x 12
Kettenblatt 40 T
Vorbau Cervélo ST36 Alloy mm
Lenker Cervélo AB09 Carbon mm
Laufräder Reserve 40|44 12 x 100 / 12 x 142
Reifen WTB Vulpine TCS Light Fast Rolling Dual 700 x 40c
Kurbeln SRAM Rival mm
Kassette SRAM XPLR XG-1251 10-44T
Technische Daten
Größe 48 51 54 56 58 61
Gewicht 8,60 kg
Das zweigeteilte Cockpit wirkt dank der cleveren Kabelführung unter dem Vorbau clean und aufgeräumt. Ein ähnliches Setup kennt man bereits vom Cervélo Caledonia-5 und Soloist – sportlich, funktional und ohne komplizierte Wartung. Auch beim Tretlager setzt Cervélo auf Pragmatik: Das geschraubte T47-Tretlager ist robuster und deutlich einfacher zu warten als die üblichen Pressfit-Varianten. Mit 8,6 kg in Größe 56 bringt das Áspero durch seine fehlende Top-End-Gruppe allerdings auch kein kompromisslos getuntes Race-Gewicht auf die Waage.



Die Geometrie des Cervélo Áspero
Schon ein Blick auf die Zahlen zeigt: Das Áspero wurde für Speed gemacht. Mit einem Stack-to-Reach-Verhältnis (STR) von 1,46 in Größe 56 bietet es eine sportlich-gestreckte Sitzposition – genau das, was man von einem schnellen Gravelbike erwartet. Das lange Oberrohr in Kombination mit dem eher hohen Stack bringt den Fahrer aerodynamisch tief nach vorne, während die Geometrie dennoch genug Komfort für längere Touren bietet. Zusätzlich lässt sich die Lenkgeometrie über den sogenannten Trail Mixer anpassen, einen Flip-Chip in der Gabel, der den Nachlauf je nach Position um bis zu 9 mm variiert und Platz für 650B-Laufrädern macht.
Größe | 48 | 51 | 54 | 56 | 58 | 61 |
---|---|---|---|---|---|---|
Reach | 370 mm | 379 mm | 388 mm | 397 mm | 406 mm | 415 mm |
Stack | 505 mm | 530 mm | 555 mm | 580 mm | 605 mm | 630 mm |
Lenkwinkel | 71° | 71.5° | 72° | 72° | 72° | 72° |
Front Center | 577/582 mm | 587/592 mm | 597/602 mm | 614/619 mm | 631/637 mm | 648/654 mm |
Tretlagerabsenkung | 78.5 mm | 78.5 mm | 76 mm | 76 mm | 73.5 mm | 73.5 mm |
Steuerrohrlänge | 83 mm | 107 mm | 133 mm | 159 mm | 188 mm | 214 mm |
Oberrohrlänge | 512 mm | 532 mm | 553 mm | 575 mm | 591 mm | 608 mm |
Sitzwinkel | 74.5° | 74° | 73.5° | 73° | 73° | 73° |
Überstandshöhe | 681 mm | 704 mm | 733 mm | 757 mm | 784 mm | 808 mm |
Gabel-Offset | 52/57 mm | 49/54 mm | 46/51 mm | 46/51 mm | 46/51 mm | 46/51 mm |
Radstand | 990/995 mm | 999/1004 mm | 1010/1015 mm | 1028/1033 mm | 1046/1051 mm | 1063/1068 mm |
Kettenstrebenlänge | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Der verbaute Lenkwinkel mit 72° soll für ein flinkes und direktes Lenkverhalten sorgen und das Áspero besonders in Kurven oder auf technischen Strecken agil machen. Mit seinem relativ kurzen Radstand verspricht es zudem genug Wendigkeit für schnelle Manöver und reaktive Spurwechsel.
Auf dem Papier sieht das nach einem Bike aus, das gern sportlich gefahren werden will und genau weiß, was es will: Geschwindigkeit. Doch ob dieses Gefühl auch auf der Strecke bestätigt wird?

Das Cervélo Áspero im Praxistest
Kaum in die Pedale getreten, zeigt das Áspero, worauf es abzielt: Vortrieb. Der steife Tretlagerbereich überträgt jede eingesetzte Energie effizient und direkt auf die Strecke. Besonders auf festen Untergründen zeigt sich das Aspero außerdem leichtfüßig und einfach schnell. Die WTB Vulpine-Reifen tragen ihren Teil dazu bei. Ihre schmalen Mittelstollen minimieren den Rollwiderstand, während die Seitenstollen ein gleichmäßiges Abrollverhalten und einen verlässlichen Grip bieten.
Auch auf Asphalt rollt das Bike überraschend flott. Natürlich sind die Reifen nicht so glatt wie semi-slickartige Modelle à la Schwalbe G-One RS, doch dafür bleibt das Áspero auf Schotterstrecken souverän und liefert selbst auf losem oder feuchtem Untergrund genug Halt. Zudem vermittelt das Bike jederzeit das Gefühl, sicher unterwegs zu sein, ohne dabei an Geschwindigkeit einzubüßen.

Das Handling? Ausgewogen. Das Áspero wirkt nicht nervös, aber auch keineswegs träge. Egal, ob ihr in schnellen Abfahrten unterwegs seid oder durch enge Kurven jagt, das Bike bleibt jederzeit berechenbar und gut kontrollierbar. Die Kombination aus dem relativ steilen Lenkwinkel und den kurzen Kettenstreben macht es agil genug, um auf technischem Terrain zu punkten, während es gleichzeitig stabil genug bleibt, um bei hohem Tempo ein ruhiges Fahrgefühl zu vermitteln. Besonders in den Drops fühlt sich das Bike dank des leichten Lenker-Flares sicher an und bietet genug Kontrolle, auch wenn’s mal ruppiger wird.
Die Sitzposition ist angenehm sportlich, ohne zu extrem zu wirken und bietet eine angenehme Mischung aus Komfort und Effizienz. Wer es noch direkter mag, kann mit einem längeren Vorbau und weniger Spacern die Front weiter absenken und das Handling so noch aggressiver gestalten.
Trotz seiner Race-DNA überrascht das Áspero mit einem ordentlichen Maß an Komfort. Die tief angesetzten Sitzstreben und die Carbon-Sattelstütze dämpfen Vibrationen spürbar, vor allem am Heck. Auf langen, ruppigen Strecken bleibt das Fahrgefühl angenehm straff, ohne dass es zu einem störenden Wippen kommt – die Kraftübertragung bleibt ohne Verlust vorhanden. Das Cockpit bietet währenddessen, dank des flachen Oberlenkers, eine entspannte Auflagefläche für die Arme.



Insgesamt hinterlässt das Áspero einen ausgeprägt sportlichen und durchaus vielseitigen Eindruck. Ein Bike, das euch auf Asphalt genauso wenig ausbremst wie auf Schotter und selbst dann noch angenehm bleibt, wenn der Untergrund etwas gröber wird.
Tuning-Tipp: Schwalbe G-One R vorne und G-One RS hinten für weniger Rollwiderstand und noch mehr Speed.

Für wen ist das Cervélo Áspero geeignet?
Das Cervélo Áspero bleibt auch in der neuen Generation seinen sportlichen Wurzeln treu und versucht dabei weiterhin ein Racer zu sein, bringt aber keine bahnbrechenden Innovationen oder trendsetzenden Features wie sein Vorgänger mit. Es ist für Fahrer gedacht, die ein schnelles, sportlich ausgelegtes Gravelbike suchen, das sich sowohl auf Asphalt als auch auf festen Schotterpisten zuhause fühlt. Dabei kombiniert das Áspero direkte Kraftübertragung mit gutem Handling und liefert damit jede Menge Fahrspaß, ohne dabei kompromisslos racy zu wirken. Wer den Fokus auf Geschwindigkeit legt und ein Bike möchte, das auch auf langen Touren komfortabel bleibt, wird hier fündig.
Allerdings richtet sich das Áspero nicht an jene, die extreme Offroad-Abenteuer oder lange Bikepacking-Trips planen – dafür fehlen ihm die passenden Features wie Montagemöglichkeiten für Taschen und eine größere Reifenfreiheit. Stattdessen punktet das Áspero mit einem klaren, puristischen Konzept, das vor allem auf Spaß am Graveln setzt.

Fazit zum Cervélo Áspero
Die zweite Generation des Cervélo Áspero bleibt ein schnelles, sportliches Gravelbike, das auf Performance und Vielseitigkeit setzt und kombiniert einen effizienten Antritt, agiles Handling und guten Komfort. Zwar fehlen extreme Aero-Features und maximale Reifenfreiheit, doch das Áspero überzeugt mit Fahrspaß pur. Kein radikaler Neustart, sondern ein gelungenes Update, das Bewährtes verbessert. Das ausstehende Update des Áspero-5 könnte den Lückenschluss im Profi-Peloton des Gravel-Race-Segments bringen.

Tops
- Direkter Antritt
- Cleaner Look
- Hält die Geschwindigkeit effizient

Flops
- Kein echter Top-Spec verfügbar

Mehr Informationen unter cervelo.com.
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Text: Jan Fock Fotos: Antonia Feder