Ausgabe #017 Test

Brooks Scape Bikepacking Taschen im Test

Stauraum für die kurze Alltagsflucht oder das große Bike-Abenteuer – das will Brooks mit den Travel Bags der Scape-Serie bieten. Wir wollten wissen, ob es sich dabei um smarte Raumwunder oder sperrigen Ballast handelt. Unter Realbedingungen haben wir verschiedene Modelle der Serie für euch getestet. Auf zum Bikepacking!

Brooks Scape Travel Bags | 1.530 g (Set) | 450 € (Set) | Hersteller-Website

Die englische Traditionsmarke Brooks hat sich bei allen Großstadtcowboys und Bike-Abenteurern mit edlen Lederprodukten einen Namen gemacht. Nachdem sich schon eine Weile nicht mehr nur Sättel, Griffe und Lenkerbänder, sondern auch stylishe Rucksäcke und Taschen im Portfolio befinden, steht jetzt das erste Bike-Taschen-Set der Briten am Start: die Brooks Scape-Serie. Zur Einordnung der Taschen empfiehlt es sich, unsere allumfassende Enzyklopädie zu Bike-Packing-Taschen zu lesen.

Die Travel Bags der Brooks Scape-Serie

In der Scape-Serie vereint Brooks Bikepacking-Taschen in verschiedenen Größen. Allen gemein sind die schlichte, aber coole Optik in den Farben Schwarz und – wenig schmeichelhaft – Schlamm, das robuste Material in verschweißter Verarbeitung, das auch wildeste Abenteuer sicher überstehen will, und die solide Wasserdichtigkeit nach IPX4. Wir haben die fünf Taschen aus der unten stehenden Tabelle getestet.

Hier kommen harten Fakten:

Maße (L x B x H) Kapazität Tragkraft Gewicht Preis
Top Tube Bag 210 x 40 x 110 mm 0,9 l 1 kg 129 g 55 €
Saddle Pocket Bag 150 x 55 x 80 mm 0,7 l 66 g 45 €
Frame Bag 460 x 60 x 120 mm 3 l 3 kg 225 g 95 €
Handlebar Roll 350–400 x 160 x 160 mm 12 l 5 kg 560 g 125 €
Seat Bag 400–600 x 180 x 140 mm 8 l 3 kg 550 g 130 €

Zusätzlich zu den getesteten Modellen gibt es noch zwei unterschiedlich große Panniers, eine einteilige Rolltasche für den Sattel und einteilige Lenkertaschen in zwei Größen. Mit Ausnahme der Handlebar Roll ist die Montage der Taschen auch ohne Anleitung unkompliziert. Zu beachten ist, dass die Scape-Serie eher für Bikes mit entspannter Geometrie entwickelt wurde. Die Straps der Rahmentasche sind zu kurz für fette Aero-Formen und bei kurzen, aggressiven Steuerrohren geht der voluminösen Handlebar Roll der Platz zwischen Lenker und Vorderrad aus. Außerdem ist das Gewicht des Sets für den gebotenen Stauraum überdurchschnittlich hoch.

Kleine Helfer – Scape Saddle Pocket Bag und Scape Top Tube Bag

Die beiden kleinsten Taschen der Scape-Serie bieten praktischen Stauraum für eure Essentials. So verschwindet in der Top Tube Bag locker eine Tagesration Riegel und Gels, die euch die nötige Power bis zum nächsten Café geben. Durch eine Kabelöffnung lässt sich hier auch optimal eine Powerbank für den Radcomputer verstauen – gut geschützt, da die Innenwände gepolstert sind. Mit einem Strap um das Oberrohr und einem um den Spacer-Tower hält die Mini-Speisekammer sicher ihre Position. Wer allerdings keine Spacer mehr unter dem Vorbau hat, der hat ein Problem bei der Befestigung und muss erfinderisch werden. Nerviges Manko der Top Tube Bag ist der wasserdichte Reißverschluss, der vergleichsweise hakelig läuft. Dazu weiter unten mehr.

Brooks Scape Top Tube Bag | 0,9 l | 129 g | 55 €
Mini-Speisekammer
In der Scape Top Tube Bag verschwindet problemlos eine Tagesration Riegel und Gels – immer in Griffweite. Damit geht euch nie der Treibstoff aus!
Hakelige Angelegenheit
Durch die Positionierung der Zugschlaufe sinkt der Reißverschluss beim Schließen mit der Front ein. Vor allem eine eher leere Tasche könnt ihr deshalb nicht einhändig schließen – ärgerlich!

In der Saddle Pocket Bag ist genug Platz für zwei Ersatzschläuche, CO2-Kartuschen und das benötigte Werkzeug. Die kleine Satteltasche hat drei Positionen für den Strap, wodurch sie sich optimal an die Position des Sattels anpassen lässt. Und trotz ihres Namens kann man sie mit dem Strap auch einfach an einer anderen Stelle des Bikes oder an anderen Scape-Taschen fixieren, wenn der Platz unterm Sattel bereits von der großen Seat Bag belegt ist.

Brooks Scape Saddle Pocket Bag | 0,7 l | 66 g | 45 €
Für alle Rohre zu haben
Die Scape Saddle Pocket Bag fühlt sich nicht nur am Sattel wohl. Mit ihrem Strap kann sie an allen Rohren des Rades und an den Daisy-Chains anderer Scape-Taschen befestigt werden.

Im Rahmendreieck – Scape Frame Bag

Die Frame Bag in Einheitsgröße kommt mit einem schmalen, kompakten Aufbau daher. Sie lässt dadurch genug Platz zwischen den Beinen, um beim Treten nicht anzustoßen, und passt auch bei kleinen Rahmengrößen gut ins Rahmendreieck. Dort ist sie mit einer Vielzahl an Straps mit variablen Positionen sehr gut zu befestigen. Auf der linken Seite der Tasche befindet sich ein flaches Fach für flache Teile: Kreditkarten, Bargeld, Mundschutz. Rechts findet ihr ein größeres Fach, das über einen Kabelausgang an der Front und ein innenliegendes Reißverschlussfach verfügt. Dieses Fach nennt Brooks den internen Organizer. Die Scape Frame Bag bietet Platz für längliche Gegenstände und die kleine Garderobe: zum Beispiel Unterhose und Schlafshirt für eine Nacht oder einfach zwei Dosenbier. Für größeres Gepäck solltet ihr auf die Handlebar Roll oder die Seat Bag zurückgreifen. Nichts Neues gibt es an der Reißverschluss-Front: Sie laufen auf beiden Seiten der Rahmentasche nicht besonders geschmeidig, was den Spaß mit der Tasche trübt. Die Ursache dieses Problems sind nicht die eigentlich sehr guten Reißverschlüsse selbst, es ist die verbesserungsfähige Zuglasche. Sie kann sich nicht frei auf dem Zipper bewegen, was dazu führt, dass er beim Schließen der Tasche mit der Front eintaucht und sich verhakt. Dieses Problem verstärkt sich bei einer fast leeren Tasche, die sich verformen kann, und bei einer übervollen, ausgebeulten Tasche. Abhilfe kann hier Laschen-Tuning mit einer sich frei auf dem Zipper bewegenden Lasche schaffen.

Brooks Scape Frame Bag | 3 l | 225 g | 95 €
Tasche in der Tasche
Brooks nennt es Internal Organizer – wir nennen es Reißverschlussfach. Denn genau das ist es: ein praktisches Innenfach mit Reißverschluss. Nicht mehr und nicht weniger.
Platz für Essentials
In der Scape Frame Bag können viele nützliche Dinge verstaut werden, die eher flach und/oder lang sind – oder einfach zwei Dosenbier für den Feierabend.
Praktischer Durchgang
Im vorderen Teil der Rahmentasche gibt es einen Kabeldurchgang. Dadurch kann beispielsweise ein Handy im flachen Fach auf der linken Seite mit einer Powerbank im großen Fach auf der rechten Seite verbunden werden.
Hakelige Angelegenheit Teil 2
Auch das Vergnügen mit der Scape Frame Bag wird durch den Reißverschluss getrübt. Durch die Positionierung der Zuglasche sinkt die Front des Reißverschlusses beim Schließen ein und er verhakt.

Roll it – Scape Handlebar Roll

Die Handlebar Roll ist eine zweiteilige Lenkertasche, die aus einem fest am Lenker angebrachten Träger und einem entnehmbaren Trockensack mit zwei Fächern besteht. Die Montage des Trägers ist besonders bei Cockpits mit vielen Kabeln bauartbedingt etwas umständlich. Deshalb ist der zweiteilige Aufbau praktisch: Man kann den Träger nach der hakeligen Montage am Lenker lassen, während man den Trockensack mit zwei Handgriffen lösen und mit ins Zelt nehmen kann. Ist die Handlebar Roll in Position, solltet ihr beide Teile unbedingt mit den dafür vorgesehenen Clips und Klettverschlüssen sichern, damit sie sich nicht lösen. Dann sitzt die Tasche satt und schwingt auch voll beladen weder nach unten noch nach oben. Der Lenkeinschlag wird dabei nicht spürbar beeinträchtigt. Die Trockentasche bietet Platz für Klamotten, die in den zwei Fächern praktisch nach dreckig und sauber getrennt werden können. Im Gegensatz zur Seat Bag hat die Trockentasche der Handlebar Roll kein Entlüftungsventil, wodurch beim Schließen schnell unnötige Luft eingeschlossen wird. Beachten solltet ihr, dass die vollbeladene Frontrolle ziemlich voluminös wird. Besonders bei schmalen Dropbar-Lenkern und kurzen Steuerrohren kann es hier eng werden. Deshalb solltet ihr vor der Abfahrt immer prüfen, ob Schalt- und Bremshebel genug Platz haben und nichts auf dem Vorderrad schleift. Auch die Position des Radcomputers müsst ihr gegebenenfalls ändern – er kann im Zweifel einfach um 180° nach hinten gedreht werden. Auf den Daisy-Chain genannten Laschen, die zweireihig über den Träger laufen, lassen sich praktisch weitere Dinge wie die Saddle Pocket Bag oder die Handlebar Pouch befestigen.

Brooks Scape Handlebar Bag | 12 l | 560 g | 125 €
Frisst jeden Trockensack
Der Träger des zweiteiligen Aufbaus verbleibt auch bei entnommenem Trockensack am Lenker. Weit geöffnet wie das Maul eines Hais erwartet er den Trockensack zurück – oder alles andere, das zwischen die Drops des Lenkers passt.
Breitbau
Voll beladen wird der Trockensack der Scape Handlebar Bag sehr breit. Ihr solltet vor der Abfahrt immer prüfen, ob Schalt- und Bremshebel genug Platz haben.
Kabelsalat
Besonders bei Cockpits mit vielen Kabeln braucht ihr etwas Geduld und Geschick, um den Träger so zwischen den Kabeln zu positionieren, dass die Steuerung des Bikes nicht beeinträchtigt wird und der Träger sicher sitzt.
Tiefergelegt
Bei Bikes mit kurzem Steuerrohr wird der Platz zwischen Handlebar Bag und Vorderrad sehr eng. Besonders bei voller Beladung besteht die Gefahr, dass die Frontrolle auf dem Vorderrad schleift. Ihr solltet hier immer auf ausreichend Platz achten und sichergehen, dass der Träger mit den beiliegenden Klammern sicher fixiert ist.

Festgeschnallt – Scape Seat Bag

Auch bei der Seat Bag handelt es sich um ein zweiteiliges System aus Träger und Trockensack. Der Träger wird schnell und einfach mit zwei Klettverschlüssen an der Sattelstütze und zwei Straps am Sattel befestigt und festgezurrt. An der oberen Innenseite des Trägers befindet sich ein kleines Fach mit Klettverschluss, das sich hervorragend als Geheimfach für flache Gegenstände wie beispielsweise Bargeld eignet. Der Trockensack wird mit einem Nylonstrap inkl. integrierter Daisy-Chain und einem Aluminiumhaken im Träger fixiert. Praktisch ist das Entlüftungsventil, das Luft beim Verschließen des Trockensacks entweichen lässt und so eine optimale Kompression ermöglicht. Da der Trockensack nicht symmetrisch ist, braucht die perfekte Befüllung trotzdem etwas Übung, damit man keinen Platz verschenkt und er optimal in den Träger passt. Beachten solltet ihr, dass der Trockensack bei wenig Gepäck und dementsprechend kleinem Packmaß nicht mehr optimal im Träger fixiert werden kann. Im Gegensatz zur sehr satt sitzenden Frontrolle schwingt die Satteltasche bauartbedingt etwas hin und her – harte Sprints mit schwerer Beladung sind zwar möglich, fühlen sich aber komisch an. Die Auf- und Abbewegungen der Seat Bag halten sich dagegen sehr im Rahmen und insgesamt kann sich die Scape Seat Bag auch im Vergleich mit ihren Konkurrenten von Revelate, ORTLIEB und Co. absolut sehen lassen!

Brooks Scape Seat Bag | 8 l | 550 g | 130 €
Zweigeteilt
Durch den Zweiteiligen Aufbau der Scape Seat Bag kann der Trockensack praktisch entnommen werden, während der Träger am Rad verbleibt.
Geheimes Fach
An der oberen Innenseite des Trägers befindet sich ein kleines Fach mit Klettverschluss, das sich hervorragend als Geheimfach für flache Gegenstände wie beispielsweise Bargeld eignet.
Mit Sicherheit sichtbar
An der Daisy-Chain, die auf dem Verschlussriemen der Seat Bag integriert ist, lässt sich praktisch ein Rücklicht anbringen, das durch die Tasche keinen Platz mehr an der Sattelstütze findet.

Mit den Taschen der Scape-Serie liefert Brooks coolen und durchdachten Stauraum fürs Bike, egal ob für einen Tagestrip, ein großes Bikepacking-Abenteuer oder den täglichen Weg zur Arbeit. Gefallen haben uns vor allem das stimmige Gesamtkonzept mit smarten Details, die gute Verarbeitung und der stylishe Look. Störend waren hingegen die hakeligen Reißverschlüsse und das eher hohe Gewicht des Sets im Vergleich zum gebotenen Stauraum. Alles in allem sagen wir trotzdem: Brooks Scape – ready to escape!

Tops

  • robustes Material ist top verarbeitet
  • absolut wasserdicht
  • große Auswahl: die richtige Tasche für jeden Zweck
  • durchdachtes Gesamtkonzept

Flops

  • hakelige Reißverschlüsse, besonders an der Rahmentasche
  • hohes Gewicht für den gebotenen Stauraum
  • kein Entlüftungsventil am Trockensack der Handlebar Roll

Tester: Tobias
Testdauer: 1 Monat
Hersteller-Website: brooksengland.com


Weitere Informationen zur Brooks Scape-Serie findet ihr unter brooksengland.com


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Text: Fotos: Phillip Schwab