Bosch Active Line Plus

Bosch dominiert bereits seit vielen Jahren große Teile des E-Bike-Segments und zielt mit dem Bosch Active Line Plus Motor vor allem auf den Einsatz im Alltag und Touren-Freizeitbereich. Doch kann ein System, das ursprünglich für City- und Trekkingbikes entworfen wurde, auch am Rennrad überzeugen? Wir haben es ausprobiert!

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Der beste E-Rennrad-Motor – Die 5 wichtigsten Motoren für E-Road-Bikes im Test

Der Bosch Active Line Plus – oder wie manche ihn fortan nennen werden: Mr. Roadflow – ist knapp hinter dem Shimano STEPS E8000 der zweitstärkste Motor im Vergleichstest. Mit einer Tretkraftunterstützung von bis zu 270 % findet er seinen Wohlfühlbereich bei 75–85 rpm. Unter 60 bzw. über 100 rpm geht ihm schnell die Puste aus. Die magische Grenze von 25 km/h existiert beim Bosch Active Line Plus zumindest in der Ebene nicht und so erwischt man sich dabei, ungeachtet des nicht mehr vorhandenen Motor-Supports mit 35 km/h über die flachen Straßen zu fliegen. Außerdem nutzten unsere Test-Motoren den in Deutschland geltenden, rechtlichen Toleranzbereich von 10% voll aus, d.h., dass die Unterstützung ab 25 km/h zwar abnimmt, aber bis ca. 27,5 km/h noch minimal vorhanden ist. Im Wiegetritt werden Leistungsspitzen des Fahrers umgehend angenommen, jedoch überdeckt der Motors das „Kraftloch“ des Piloten und schiebt mit nur minimal verringerter Kraft weiter – das ist nicht natürlich.

Der Nachlauf des Motors ist in allen vier Modi (Eco, Tour, Sport, Turbo) sehr gering, das gefällt! Jedoch ist ein kleiner Kick des Motors zu verzeichnen, sobald man aufhört zu pedalieren. Ein Merkmal, das man ebenfalls hören kann, das nach einiger Eingewöhnungszeit jedoch nicht weiter störend ist. Der Freilauf des Active Line Plus beträgt ca. 5°, die beim Antreten überkommen werden müssen, bevor der Motor greift. Zum Vergleich: Die Freiläufe vieler herkömmlicher Naben mit Sperrklinken haben einen Auslösewinkel zwischen 10° und 15° – der Freilauf des Motors geht also vollkommen in Ordnung.

In Sachen Optik wirkt der Bosch Active Line Plus ebenso bullig wie der Shimano STEPS E8000. Im Gegensatz zum Shimano ist der Bosch jedoch ein wahrer Ohrenschmaus. Dabei überzeugt er durch all das, was man nicht hören kann. Auch bei voller Last gibt er sich im Vergleich zu seinen Konkurrenten angenehm leise. Bosch bietet Bike-Herstellern für den Active Line Plus-Motor aktuell fünf Display-Optionen. Im Test konzentrieren wir uns jedoch auf zwei Alternativen: Purion und Kiox. Im direkten Vergleich konnten uns die farbige Darstellung und die Bedienung des Kiox-Displays überzeugen. Die Anzahl und Darstellung der Daten ähnelt der eines GPS-Computers und zum Wechseln der Bildschirmoberfläche genügt der linke Daumen. Mit der Bosch eBike Connect-App kann das Kiox-Display via Bluetooth mit dem Smartphone verbunden werden. So lassen sich bestimmte Einstellungen ändern oder die eigenen Aktivitäten auswerten – allerdings ist die Bedienung und Funktionalität noch sehr rudimentär und umständlich. Das Purion-Display wirkt in seiner Auflösung antiquiert, zeigt jedoch die essentiellen Daten klar verständlich an. Einziges Manko hier: Um den Unterstützungs-Modus zu wechseln, muss der Fahrer zum Display greifen und unter Umständen die linke Hand kurz vom Lenker lösen.

Die zentrale Montage des Bosch-Motors im Tretlagerbereich ermöglicht zum einen die Konstruktion von Rahmenkonzepten mit einer ausbalancierten Gewichtsverteilung, stellt jedoch hinsichtlich des Q-Faktors eine enorme Hürde dar. Hier macht es der Active Line Plus unmöglich, rennradtypische Werte zu erreichen, und er erfordert so eine gewisse Gewöhnungsphase. Als weitere Besonderheit ist der Ladevorgang zu erwähnen. Dabei kann der Akku je nach Bedarf entnommen werden oder im Rahmen verbleiben. Am Ende bleibt nur eine Frage offen: Wo ist der progressive eMTB-Modus aus den Bosch Performance Line CX-Systemen? Eine dem eMTB-Modus ähnliche Unterstützungsstufe mit progressiver Leistung und natürlicher Modulation würde auch den Active Line Plus-Motoren auf der Straße sehr gut stehen!

Fazit

Der Bosch Active Line Plus ist ein Manifest deutscher Ingenieurskunst: Leise, kraftvoll und unauffällig verrichtet er seine Dienste auch in anspruchsvollen Situationen. Das neue Kiox-Display überzeugt durch die intuitive Bedienbarkeit und clevere Datenaufbereitung. Wer es gewohnt ist, auf einem Rennrad zu sitzen, wird sich an den immensen Q-Faktor und das nicht zu vernachlässigende Systemgewicht allerdings erst gewöhnen müssen.

Drehmoment 50 Nm
Gewicht Motor 3,2 kg
Support-Modi 4
App-Steuerung nein

Tops

  • sehr kraftvolle Unterstützung, insbesondere bei steilen Anstiegen
  • internationales Service-Netz
  • geschmeidiger Übergang bei 25 km/h
  • Bedienung und Daten-Darstellung beim Kiox-Display

Flops

  • hohes Gewicht
  • sehr großer Q-Faktor

Mehr Infos unter: bosch.de

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Der beste E-Rennrad-Motor – Die 5 wichtigsten Motoren für E-Road-Bikes im Test

Alle Motoren im Test: Ebikemotion X35 M1 | FAZUA Evation | Specialized SL 1.1 | Shimano STEPS E8000


Dieser Artikel ist aus GRAN FONDO Ausgabe #012

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Text: Benjamin Topf, Felix Stix Fotos: Robin Schmitt