Rennrad fahren mit dem falschen GPS Computer kann richtig ätzend sein. Damit ihr in das richtige Gerät investiert und nicht unnötig viel Geld verpulvert, haben wir 9 spannende GPS-Modelle getestet. Wie schlagen sich Garmin, Apple, Wahoo und Co?

Was macht einen guten GPS Fahrradcomputer aus?

Die Bandbreite an GPS Computern ist enorm. Von der kompakten Smartwatch über den iPhone-großen Garmin Edge 1030 bis hin zu Retro-GPS-Geräten im Klassik-Look gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten, seine Leistungsdaten aufzuzeichnen oder sich ans Ziel navigieren zu lassen – allerdings mit großen Unterschieden. Die gute Nachricht: Wer mit seinem GPS Computer nicht zum Mond fliegen will, kann anhand einfacher Kriterien herausfinden, ob das gewünschte Modell auch das ist, was er tatsächlich braucht.

Da helfen selbst die dicksten Beine nichts mehr:
Wenn der GPS Computer nicht richtig aufzeichnet, ist das Strava-Segment futsch!

Usability

Für den normalen Alltagsgebrauch sind viele GPS Fahrradcomputer zweifelsohne überentwickelt. Wie beim Smartphone ist das kein Problem, solange der Funktionen-Overkill keine Einbußen in der Usability bedeutet. Denn ein schlecht und umständlich zu bedienender GPS Computer kostet nicht nur wertvolle Zeit, sondern vor allem auch Nerven. Ausschlaggebend sind eine intuitive Menüführung, eine hohe Prozessorgeschwindigkeit mit schneller Routenberechnung, die Bedienungsfreundlichkeit des Touchscreens bzw. der Tasten sowie eine gute Ablesbarkeit des Displays bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen und bei Dunkelheit. Und wenn der Bike-Kollege kurz vor der Feierabendrunde noch schnell die Route als GPX-Datei per Mail verschickt, sollte sie in wenigen Schritten auch vom Smartphone aufs GPS-Gerät gespielt werden können. Dafür muss die Hersteller-App nicht nur mit dem GPS Computer, sondern auch barrierefrei mit dem jeweiligen Betriebssystem des Smartphones kommunizieren können.

Navigation

Die Navigationsanzeige von GPS Computern muss klar und einfach zu verstehen sein sowie über eine kontrastreiche Darstellung verfügen. Eine hohe Detailtiefe kann auf Entdeckungsfahrten zwar hilfreich sein, im Straßenverkehr ist eine minimalistische Darstellung, die man mit einem kurzen Blick aufs Display sofort versteht, jedoch wichtiger. Schließlich kann ein sekundenlanges Starren auf das Display sehr gefährlich werden. Darüber hinaus kommt es beim Rerouting oder an Kreisverkehren auf eine schnelle Reaktionszeit des GPS Computers in Kombination mit einem guten GPS-Empfang an – nichts ist ärgerlicher, als wegen einer hinterherhinkenden Anzeige eine Abzweigung zu verpassen!

Konnektivität

Datenfreaks wollen gängige Sensoren zur Herzfrequenz-, Leistungs- und Trittfrequenzmessung mit ihrem GPS Computer koppeln und nach einem Ride die Aktivität automatisch hochladen. Hier ist aktuell noch eine ANT+ Schnittstelle wichtig, da erst nach und nach Bluetooth im Sensoren-Markt Einzug hält. Da das Smartphone auf jeder Fahrt ebenfalls dabei ist, nutzen einige Hersteller die App auch als Ergänzung zum GPS Computer, um weitere Infos darzustellen. Smartphone-Apps und GPS Computer kommunizieren via Bluetooth miteinander.

Kartenmaterial und -darstellung

Früher war die Frage nach dem Kartenmaterial ein wichtiger Faktor bei der Kaufentscheidung, da hohe Folgekosten entstehen konnten, wenn man sich bestimmte Karten nachkaufen musste. Doch heute scheint das Problem kaum mehr präsent: Wahoo setzt auf kostenlose OpenStreetMap-Daten, Garmin installiert routingfähige Fahrradkarten kostenlos vor. Lezyne verzichtet auf eine Kartendarstellung während der Navigation und zeigt die Route auf einem weißen Untergrund in Kombination mit Abbiegehinweisen für Straßengabelungen und Kreisverkehre an. Und Smartwatches wie die Apple Watch setzen auf die Power der Smartphones und Online-Karten wie GoogleMaps.

Wie genau kann ein GPS Fahrradcomputer sein?

Wie genau die Position bestimmt werden kann, hängt von vielen Faktoren ab. Entscheidend ist die Anzahl der Satelliten, zu denen das Gerät eine aktive Verbindung hat. Geräte, die neben GPS auch noch alternative Satellitensysteme wie GLONASS oder Galileo unterstützen, haben mehr Auswahl und sind entsprechend im Vorteil. Doch auch die Leistung des Empfänger-Moduls beeinflusst Empfangsqualität, Genauigkeit der Aufzeichnung und Verbindungsgeschwindigkeit.

Das Testfeld

Die Testkriterien

Der Fokus unseres Vergleichstests lag auf Everyday-Rides für Rennradfahrer, die Leistungsdaten primär für Strava und Co aufzeichnen und darüber hinaus gelegentlich sicher im Straßenverkehr navigieren wollen. Im Alltag muss ein GPS Computer fürs Rennrad möglichst kompakt sein und er muss übersichtlich und schnell die wichtigsten Daten und notwendigen Streckeninformationen liefern. Die Bedienung sowie Connectivity sollte dabei so intuitiv und unkompliziert wie möglich ausfallen.

Tops & Flops


Tops

Smartphone-Konnektivität
Wahoo legt mit dem ELEMNT und dem ELEMNT BOLT die Messlatte in Sachen Smartphone-Konnektivität sehr hoch. Platzhirsch Garmin besitzt zwar eine Smartphone-App, über die lässt sich jedoch nicht einmal ein GPX-Track importieren – enttäuschend.
Multitalente
Vom Meeting direkt aufs Rad? Die Garmin Fenix 5 und die Apple Watch überzeugen beide mit einem vielseitigen Funktionsumfang.
Simple und präzise Navigationsdarstellung
Wahoo hat es geschafft, die Routenführung auf das Nötigste zu reduzieren und ermöglicht so eine schnelle und einfache, aber gleichzeitig präzise Navigation – essenziell, wenn man im gefährlichen Straßenverkehr navigiert
Craftsmanship
Der OMATA One begeistert mit seinem Retro-Look, seiner Simplizität sowie einer sehr hochwertigen Verarbeitung

Flops

Design
Der Wahoo ELEMNT gewinnt mit seiner klobigen Erscheinung keinen Schönheitspreis, die rudimentäre Befestigung des Lezyne Super und Micro GPS ebenfalls nicht
Prozessorgeschwindigkeit
Der Garmin Edge 1030 und 820 sind die mit Abstand langsamsten Geräte im Testfeld, wenn es um die Dauer der Routenberechnung geht
Ablesbarkeitbei Dunkelheit
Der OMATA One verfügt über keine Hintergrundbeleuchtung und ist damit für Fahrten bei Dunkelheit leider nicht zu gebrauchen
GPX-Upload
Garmin und Lezyne erlauben es nicht, GPX-Dateien vom Smartphone direkt in ihre Hersteller-Apps zu importieren. So bleibt nur der umständliche Weg über die jeweilige Online-Hersteller-Plattform oder den Computer.

Das Fazit – welcher GPS Fahrradcomputer ist der beste?

Die Ernüchterung im Test: Windows 98 wirkt im Vergleich zu manchen GPS Fahrradcomputern wie eine Software der fernen Zukunft. Bei der komplexen Menüführung mancher Geräte darf man sich berechtigterweise auch fragen, ob diese Geräte für Outdoor-Sportler oder für programmierende Computer-Nerds entwickelt wurden. Unterirdische Prozessorgeschwindigkeit und eine schlechte Usability zeigen bei einigen Geräten, dass die Hersteller in ihren proprietären Systemen gefangen sind: Wie kann es sein, dass ein Navigationsspezialist minutenlang für eine Routenberechnung braucht, während ein modernes Smartphone mit GoogleMaps solche Vorgänge in Sekundenschnelle erledigt? Bei den meisten Modellen gilt zudem: Wer ein Gerät richtig verstehen und alle Funktionen nutzen will, braucht immer eine gewisse Einarbeitungszeit.

Aber natürlich ist nicht alles schlecht. Positiv formuliert setzen die Hersteller der getesteten GPS Computer hinsichtlich Smartphone-Konnektivität, Navigation und Usability unterschiedliche Schwerpunkte und bieten verschiedene Vor- und Nachteile für den jeweiligen Einsatzzweck.

Gerät Navigationsfunktion GPS-Genauigkeit GPX-Transfer in Klicks1 Routenberechnung2
Apple Watch Series 3 11* 00:10*
Garmin Edge 1030 16 02:34
Garmin Edge 820 16 02:58
Garmin Fenix 5 16 02:30
Lezyne Micro GPS 13 00:32
Lezyne Super GPS 13 00:30
OMATA One
Wahoo ELEMNT 6 00:23
Wahoo ELEMNT BOLT 6 00:05

1 benötigte Klicks zum Transfer einer GPX-Datei vom Smartphone auf den GPS-Computer
2 benötigte Zeit zur Berechnung einer Route mit 100 km
* via Komoot App

Gerät Akkulaufzeit Usability Design Preis-Leistung
Appel Watch Series 3
Garmin Edge 1030
Garmin Edge 820
Garmin Fenix 5
Lezyne Micro GPS
Lezyne Super GPS
OMATA One
Wahoo ELEMNT
Wahoo ELEMNT BOLT

Mit den umfangreichsten Navigationsfunktionen im Testfeld spielt Garmin seine fast 30-jährige Erfahrung im Navigationsgeschäft aus, verpasst es dabei jedoch, in Sachen Usability und Konnektivität den nächsten Schritt in Richtung Smartphone-Zeitalter zu machen. Mit 599 € ist der neue Garmin Edge 1030 fast so teuer und groß wie ein iPhone, doch Prozessorgeschwindigkeit, Displayauflösung und Menüführung erinnern eher an die Nokia-Ära. Auch wenn der Edge 1030 ein solide funktionierendes Produkt ist, so konnte er die Erwartungen in mehrerlei Hinsicht nicht erfüllen. Der Garmin Edge 820 bietet einen ähnlichen Funktionsumfang in einem kompakteren und 200 € günstigeren Paket als sein großer Bruder. Abstriche muss man bei Prozessorgeschwindigkeit, Display-Sensitivität und größenbedingt bei der Ablesbarkeit machen. Die Garmin Fenix 5 ist eine robuste wie schicke Multifunktionsuhr, die in Sachen Usability und Navigation zwar keinen Vollblut-GPS-Computer ersetzen kann, aber dafür mit Vielseitigkeit überzeugt.

Der Lezyne Super GPS und der Lezyne Micro GPS sind mit 150 € und 130 € die günstigsten Modelle im Vergleichstest und das merkt man bei der Usability, Displayauflösung, Navigation und Verarbeitung. Mit dem Micro GPS treiben die Kalifornier das Thema Minimalismus auf die Spitze – für Rennradfahrer, die primär Daten aufzeichnen und weniger ablesen wollen, eine interessante Option.

Exoten wie OMATA appellieren an den Entdeckergeist und verzichten zugunsten minimalistischer Schönheit sogar vollständig auf das Navigieren. Apple fängt mit der Apple Watch Series 3 den Zeitgeist der Smartphone-Ära gekonnt ein, limitiert jedoch durch die fehlende ANT+ Schnittstelle eine ambitioniertere Anwendung für Datensammler.

Wahoo setzt voll auf Konnektivität und zeigt mit dem ELEMNT BOLT, dass eine einfache, intuitive Bedienung, eine blitzschnelle Smartphone-Konnektivität und eine simple, jedoch gleichzeitig übersichtliche Routenführung alles sind, was man im Alltag benötigt. Mit dem ELEMNT BOLT ist es Wahoo gelungen, all das zu einem fairen Preis umzusetzen und gleichzeitig die oft abschreckende Komplexität von GPS Fahrradcomputern zu revolutionieren. Damit sichert er sich nicht nur den Testsieg, sondern auch den Kauftipp!

Dieser Artikel ist aus GRAN FONDO Ausgabe #008

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