15 Jahre nach Release der ersten Serie bringen die Kanadier mit dem Argon 18 Gallium Pro Disc 15th Anniversary Edition die bereits sechste Auflage des Erfolg-Renners auf den Markt. Kann das Gallium Pro Disc auch 2020 noch überzeugen und für Tage in Gelb sorgen?
Gerade noch wurde das Gallium Pro Disc beim Design & Innovation Award als schönstes Bike 2020 ausgezeichnet, schon musste es sich im Einzeltest der nächsten Herausforderung stellen. Denn Schönheit allein bringt keinen weiter, wenn das Rad nicht ordentlich auf der Straße liefern kann. Bereits zur Eurobike 2019 haben wir das Rad unter die Lupe genommen, das Gravel-Bike aus dem Hause Argon 18 (Zum Test) wurde in Ausgabe #013 ausführlich getestet. Wie sein Namensgeber aus der Chemie kommt das Argon 18 Gallium Pro Disc 15th Anniversary Edition funkelnd und glitzernd daher, die limitierte Auflage orientiert sich optisch am ersten Modell aus dem Jahre 2005. Das Gallium Pro Disc wurde mit dem Anspruch entwickelt, seinen Fahrer aufs Podium zu führen. Laut Argon 18 hat das Rahmenset dafür nochmals 150 g abgespeckt, ohne die nötige Steifigkeit für Sprints oder Komfort für längere Etappen einzubüßen. Dafür soll unter anderem das Argon Fit System (AFS) sorgen.
Das Argon 18 Gallium Pro Disc im Detail
Schaltung Shimano Dura Ace Di2
Übersetzung 52/36T und 11–28T
Bremsen Shimnao Dura Ace 140/140 mm
Vorbau PRO Vibe
Lenker PRO Vibe
Laufräder HED Vanquish 4
Reifen Vittoria Corsa Control Graphene 2.0
Je nach Rahmengröße und Fahrergewicht werden unterschiedliche Rohrformen und Wandstärken genutzt, wodurch Leistung und Kraftübertragung verbessert werden sollen. Ebenfalls zum Einsatz kommt das von Argon 18 entwickelte 3D System zur Optimierung von Handling und Fahrerposition. So werden statt Spacern zwei verschiedene Distanzhülsen unter den Vorbau montiert, um damit die Distanz der Steuerlager zueinander zu vergrößern. Das ermöglicht drei verschiedene Höhen des Lenkers, und die gesamte Steifigkeit im Cockpit-Bereich soll dadurch deutlich höher als die bisheriger Lösungen sein. Neben dem Umstieg auf ein Direct Mount-Schaltwerk, das für geschmeidigere Schaltvorgänge sorgen soll, wurde der Gabel eine DT Swiss Thru Axle für schnelle Reifenwechsel spendiert.
Keine 7.800 € locker? Dank individueller Ausstattungskonfiguration kein Problem!
Das Gallium Pro Disc 15th Anniversary Edition lässt sich je nach Vorliebe und Geldbeutel individuell beim europäischen Vertriebspartner United Cycling konfigurieren. Das geht vom Low-Budget-Aufbau mit Shimano 105-Schaltung (5.380 €) über den Standard-Aufbau mit DURA-ACE Di2 (7.800 €, 7,21 kg in Größe L) bis hin zu Extras wie Vision Metron 81 SL Carbon-Laufrädern oder Ceramic Speed-Lagern. Länge von Kurbelarmen, Vorbau und Lenker sind ebenso frei wählbar wie die Größe der Kassette und der Kettenblätter. In Sachen Geometrie gibt es bei der 15th Anniversary Edition keine Veränderungen, sie ist identisch mit der des aktuellen Gallium Pro Disc-Bikes.
| Größe | XXS | XS | S | M | L | XL |
|---|---|---|---|---|---|---|
| Sattelrohr | 420 mm | 455 mm | 493 mm | 530 mm | 565 mm | 595 mm |
| Oberrohr | 499 mm | 519 mm | 539 mm | 559 mm | 577 mm | 596 mm |
| Lenkwinkel | 71,0° | 72,0° | 72,7° | 72,7° | 72,7° | 73,0° |
| Sitzwinkel | 75,5° | 74,5° | 74,0° | 73,5° | 73,0° | 72,5 |
| Kettenstrebe | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm |
| BB Drop | 65 mm | 70 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm |
| Radstand | 970 mm | 973 mm | 981 mm | 997 mm | 1.010 mm | 1.021 mm |
| Reach | 374 mm | 382 mm | 389 mm | 395 mm | 401 mm | 408 mm |
| Stack | 474 mm | 492 mm | 529 mm | 552 mm | 575 mm | 596 mm |
Das Argon 18 Gallium Pro Disc 15th Anniversary Edition im Test
Die Basis des neuesten Modells der Gallium Pro Disc-Reihe bildet, wie auch bei sämtlichen Vorgängern, ein klassischer Diamantrahmen. In Zeiten von aerodynamischer Formoptimierung und heruntergezogenen Sitzstreben eine erfrischende Abwechslung! Argon 18 zeigt mit dieser Hommage an die traditionelle Bauweise, dass sich auch mit einer 130 Jahre alten Rahmenform clevere technische Details sehr gut integrieren lassen. Optisch weiß das Jubiläumsrad zu überzeugen, die grau-schwarze Lackierung funkelt bei genauer Betrachtung leicht im Sonnenlicht. Kaum ein Tester konnte dem Drang widerstehen, vor der ersten Ausfahrt sanft mit der Hand über das Oberrohr zu streichen.
United Cycling bietet auch für das Gallium Pro Disc 15th Anniversary Edition einen praktischen Online-Konfigurator an. Damit ist es für den Kunden möglich, ausgewählte Anbauteile ohne viel Aufwand nach individuellen Vorstellungen anzupassen. Statt dem Standard-Laufradsatz (HED Ardennes GP Disc) haben wir zum Test ein Rad mit HED Vanquish 4GP Carbon erhalten. Auch dank dieses Upgrades beschleunigt das Gallium Pro Disc leichtfüßig und kommt schnell auf Geschwindigkeit, die investierte Kraft wird direkt und ohne spürbaren Verlust in Vortrieb umgewandelt. Ist das Bike einmal in Bewegung gebracht, geht die Effizienz in der Ebene in Ordnung – hier gibt es aber ökonomischere Räder. Natürlich macht sich gerade bei hohen Geschwindigkeiten die klassische Rahmenform ohne spezielle Aero-Features bemerkbar. Hier werden gegenüber einem reinen Aero-Bike deutlich mehr Körner in den Wind geschossen, die bei der nächsten Attacke fehlen können.
Geht es aber raus aus der Ebene und rein ins anspruchsvolle Gelände, blüht das Gallium Pro Disc auf und spielt seine Stärken perfekt aus. Es klettert flink und bereitwillig, steile Anstiege verlieren komplett ihren Schrecken und ihr fahrt plötzlich persönliche Gipfel-Bestzeiten ein. Auch im anschließenden Downhill nimmt der Argon 18-Renner den Schwung gut mit und bietet geübten Fahrern trotz kleinster Bremsscheibengröße (140/140) ausreichend Bremspower. Wer jedoch auch mal länger auf der Bremse steht und sie schleifen lässt, sollte sich für ausreichende Sicherheitsreserven eine 160er-Scheibe ans Vorderrad schrauben.
Das Handling empfanden die Tester als sehr präzise und ehrlich direkt, ohne zu fordernd zu sein. Auch unerfahrenen Fahrern vermittelt das Gallium Pro Disc viel Sicherheit und Kontrolle, auf Lenkimpulse reagiert es berechenbar. Sowohl bei hohen Geschwindigkeiten als auch bergauf im Wiegetritt hält es gut die Spur und ist stets kontrollierbar. Laufruhe und Agilität sind geschickt ausbalanciert, wodurch auch in Kurven oder technischen Sektionen viel Fahrspaß aufkommt. Hier hatte das Team von Argon 18 schon beim 2016er-Modell im Bereich Geometrie seine Hausaufgaben gemacht und das bisher ausgewogenste Gallium Pro konzipiert – und das funktioniert bis heute ausgesprochen gut.
Die Sitzposition ist sportlich und etwas gestreckt, lässt sich jedoch mittels 3D System etwas entschärfen. Statt Spacern greift Argon 18 hier auf Distanzhülsen zurück, damit der Vorbau um 15 oder 30 mm erhöht wird – die Lösung ist so einfach wie genial und verspricht erhöhte Steifigkeit im Cockpitbereich, vom hübscheren Gesamtbild ganz zu schweigen. Das Verhältnis von Stack und Reach lässt sich dadurch, je nach Vorliebe des Fahrers, von sportlichen 1,39 auf moderate 1,48 erhöhen.
Als Sänfte geht das Gallium Pro Disc keinesfalls durch: Die Vibrationsdämpfung ist mittelmäßig, auch kleinere Unebenheiten werden an den Fahrer weitergegeben und ermüden. Hier helfen die beim Test montierten Vittoria Corsa Control mit ihrer effektiven Eigendämpfung. Insgesamt sind aber sowohl Rahmen und Gabel als auch Laufradsatz und Anbauteile steif und sportlich direkt, der Komfort bleibt dabei allerdings etwas auf der Strecke.
Fazit
Das Argon 18 Gallium Pro Disc 15th Anniversary Edition kann euch auch nach 15 Jahren noch zu Siegen und Podiumsplatzierungen führen! Die Muskelkraft wird 1:1 auf die Straße gebracht, das Rad will attackieren und Berge erobern. In anspruchsvollem Gelände fühlt es sich zu Hause, für längere Sightseeingtouren ist es aufgrund des fehlenden Komforts nicht zu empfehlen.
Tops
- edler Diamantrahmen
- individuelle Konfiguration
- Kletter- und Downhill-Qualitäten
- optimales Verhältnis von Laufruhe und Agilität
Flops
- wenig Vibrationsdämpfung
- 140-mm-Bremsscheibe vorne ist für schwere/ungeübte Fahrer zu klein
Mehr Informationen findet ihr unter argon18bike.com
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Text: Philipp Schwab Fotos: Valentin Rühl
