Ausgabe #010 Touren & Reisen

ACROS-Gravel Ride x GRAN FONDO

Was hat ein mehrtägiger Gravel-Ride mit einer Klassenfahrt, Hi-Fi-Nerds und Schnapsfrüchten zu tun? Das Team von ACROS hat für den Launch seines neuen Gravel-Lenkers zum gemeinsamen Abenteuer in der Schwäbischen Alb geladen – und fünf GRAN FONDO-Leser waren mit von der Partie.

„Wir bauen die Sachen, die wir auch gerne fahren. Wenn es etwas gibt, was in unserem Portfolio wirklich fehlt und auf das wir Lust haben, wie z. B. einen Lenker mit ergonomischem Drop und schönem Flare, dann bauen wir den halt.“

Mit diesen Worten erklärt uns Axel Brunst, Marketing-Manager von ACROS, die Idee zum neuesten Produkt des Präzisionsteileherstellers. Um den neuen Gravel-Lenker stilgerecht einzuweihen, fand die offizielle Jungfernfahrt im Rahmen eines Gravel-Wochenendes statt. Mit vielen geladenen Gravel-Aposteln und einigen glücklichen Gewinnern der ACROS X GRAN FONDO-Verlosung sollte es für uns ins Abenteuer auf die Schwäbische Alb gehen. Gestartet wurde in Renningen, etwa 25 km westlich von Stuttgart. Am Firmensitz des Präzisionsteileherstellers waren die Gewinner leicht zu erkennen an ihrem vorfreudigen Gesichtsausdruck: endlich mal was gewonnen, und dann noch etwas, das so viel cooler ist als ein Standmixer! Bevor aufgesattelt wurde, standen noch ein frühstückliches Festmahl und eine Tour durch die heiligen Hallen von ACROS auf der Agenda.

Was macht ACROS eigentlich? Viele kennen die Firma von ihren hochwertigen Steuersätzen, aber die wenigsten wissen, was eigentlich dahintersteckt. Nicht nur wir, sondern auch die GRAN FONDO-Leser hatten so manches Aha-Erlebnis während der Werksführung. So trocken das Thema Kugellager auch sein mag, so spannend war es zu sehen, wie viel Know-how und Technik darin stecken können. Was schätzt du, wie viel Fett in einem Steuersatz ist? Was unterscheidet ein Lager von einem guten Lager? Und warum wird im Prüflabor von ACROS jeder Hi-Fi-Nerd neidisch?

ACROS greift auf verschiedenste Techniken und Produktionsverfahren zurück, die ihren Ursprung unter anderem in der Raumfahrttechnik haben. Warum? Die Mutterfirma von ACROS heißt Horst Weidner GmbH, kurz WHG, und ist ein absoluter Lagerspezialist, der Custom-Lagerlösungen made in Germany anbietet – vom Schwerlastkran bis zum Satelliten. Hier befinden sich die maximal erlaubten Toleranzen im Mikrometerbereich, das sieht dann so aus: 0,000001 m. Diese Philosophie überträgt sich auch auf die Produkte ACROS.

Jedes Lager ist hoch spezialisiert, deswegen steht bei ACROS eine ganze Batterie an verschiedenen Lagerfetten zur Verfügung, um dem jeweiligen Einsatzbereich gerecht zu werden. Das teuerste Fett kostet über 2.000 € pro Kilogramm! In einem ACROS-Steuersatz kommen übrigens 0,4 g zum Einsatz. Die Kugeln für die Lager bezieht ACROS übrigens aus Japan, und die Renninger scheuen nach eigener Aussage keine Kosten oder Mühen, um den eigenen sehr hohen Qualitätsstandards gerecht zu werden. Wie viel Mühe, Liebe und Feinarbeit in ein ACROS-Lager bei der Produktion fließen, lässt sich nur erahnen. Nach dem Rundgang können wir uns aber eine ungefähre Vorstellung machen und haben einige spannende Erkenntnisse gewonnen. Zum Beispiel, dass die Temperaturschwankungen des Tages die Genauigkeit der Fräsmaschinen beeinflussen, entsprechend muss über den Tag hinweg fein nachjustiert werden. Auch sehr wichtig für die präzise Produktion sind entmagnetisierende Maschinen; kleinste Ladungen reichen aus, damit die Teile nicht richtig sauber gewaschen werden können, weil Metallspäne in Mikrogröße daran haften. Der Teufel steckt im Detail: Beim Schweißen eines Rahmens verzieht sich der Rahmen zwar, aber er kann zumindest bei Stahl und Alu wieder ausgerichtet werden. Bei ACROS-Lagern geht es hingegen um Toleranzen im My-Bereich: 1 My sind 0,001 mm. Zum Vergleich: Ein Haar besitzt eine Dicke zwischen 0,08 und 0,1 mm. Zu guter Letzt kommt dann die akustische Qualitätskontrolle mit Geräten, die das Herz jedes Hi-Fi-Nerds höher schlagen lassen würden. Dabei werden die Lager auf ihre Geräuschentwicklung geprüft – je mehr Geräusche, desto unsauberer läuft das Lager. Das Ziel: absolute Stille!

Das Lied von Steuersätzen, Schnaps und Schotterwegen

Aber genug der Theorie! Als das Frühstück und der Kaffee endlich die morgendliche Müdigkeit aus den Köpfen und Beinen vertrieben hatten, wurde aufgesattelt. Das Ziel: die Rohrauer Hütte auf der Schwäbischen Alb, knapp 80 km von Renningen entfernt. Sonne? Check! Reifendruck? Check! Läuft. Alle waren heiß auf die Schotterstraßen, die vor uns lagen, und Erwin, der Business Development Manager von ACROS, hatte vor dem Losfahren nicht zu viel versprochen. Die Tour schlängelte sich entlang einer alten Panzerstraße bei Sindelfingen, vorbei an einem Munitions- und Entschärfungsdepot, über druckfrischen Asphalt und verwunschene Waldpfade. Dafür den optimalen Reifen zu bestimmen, war nicht ganz einfach, und jeder von uns hat da wohl eine eigene Interpretation. Falls ihr eine umfangreiche Übersicht über alle aktuell heißen Schotterreifen haben wollt, checkt unseren Gravel-Reifentest aus.

Als die Sonne im Zenit stand, landeten wir in einem schwäbischen Dörfchen und unterbrachen die Aufbauarbeiten für ein lokales deutsch-französisches Freundschaftsfest: „Gibt’s schon Bier?“ Auch wenn die örtliche Party noch nicht im Gang war, überzeugten wir die Aufbauhelfer, uns getränketechnisch unter die Arme zu greifen – schließlich war unsere Gravel-Party schon in vollem Gang. Nach ein paar Überredungsversuchen kamen wir in den Genuss von frischgezapftem Bier für die komplette Mannschaft. In diesem Sinne: Es gibt immer einen Grund zum Anstoßen!

Die Luft war erhitzt, einer der letzten schönen Sommerabende neigte sich dem Ende zu, als wir am Fuß des letzten Anstiegs ankamen. Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist rot – schwierig, das konnte der glühende Feuerball am Himmel sein oder aber die LEDs auf dem Wahoo, der von einer Herzfrequenz kündete, die hart oberhalb der Laktatschwelle dahinhämmerte. Gravel-Anstiege sind doch immer noch die schönste Art und Weise, sich und seine Beine noch mal komplett ins All zu schießen.

Beinahe senkrecht ging es vom Rand der Klippe runter ins Tal, ein phänomenaler Ausblick, der uns auch wieder kurz den Blick auf die Sonne bescherte; schließlich war hier kein Berg mehr im Weg, der uns die letzten Strahlen der Golden Hour hätte nehmen können. Das schrie geradezu nach ein paar letzten Aufnahmen mit unserem fliegenden Teammitglied, der Mavic-Drohne. Die darauf folgenden Geräusche „Bssst-klack … oh Shit!“ ließen alle zusammenzucken. Zum Glück sah die Mavic-Drohne die Kollision mit dem Gartenzaun nicht so eng wie wir. Der Verdacht drängte sich auf, dass der Fokus des Piloten an diesem Tag eher auf dem Dorffest als auf dem Fliegen lag.

„Psst, der Lehrer kommt!“

Glücklicherweise blieben weitere Crashes auf den letzten Metern bis zur Unterkunft aus. Kurz nach unserer Ankunft offenbarte sich ein ganz besonderes Highlight der Hütte: die Mehrbettzimmer. Das machte die Klassenfahrtsatmosphäre perfekt und nahm spätestens ab dem zweiten Drink jeden gefangen: „Pssst, der Lehrer kommt!“ Um das Ganze abzurunden, gab es nebst einem großen Lagerfeuer mit Grillgut und Bier auch in Schnaps eingelegte Früchte. Die Schnapsfrüchte wurden auch gleich dem „but does it burn?“-Test unterzogen, aber leider ließ uns die Kombination aus leicht brennendem Stockbrot und in Schnaps ertränkten Früchten trotz eifrigem Üben nicht zu Feuerspuckern werden. Irgendwas machen die wohl anders …

Der Traum näherte sich seinem Ende, als die wilden Schotterfahrer am nächsten Morgen zurück Richtung ACROS-Firmensitz und in ihre Ecken der Republik aufbrachen. Über Waldautobahnen, Schotterpisten und Singletrails, Panzerstraßen und Asphalt flogen wir zur Eselsmühle im Siebenmühlental. Der Kaffeestopp dort mit feinstem Kuchen und veganen Leckereien sorgte für den entscheidenden Motivationsschub auf dem letzten Abschnitt. Unter einer alten Eiche genossen wir den Moment und stellten erneut fest: Graveln ist verdammt gut. Uns geht es verdammt gut. So einfach kann das gute Leben sein!

Auf den letzten Metern zettelte Erwin einen Ortschildssprint von Schild zu Schild an. Wer sagt, dass Gravel-Räder nicht zum Sprinten auf der Straße taugen? Gravel miles make for happy smiles: In Renningen angekommen, gab es High-Fives und sehr zufriedene Gesichter zum Ende eines absolut gelungenen Wochenendes – mit neuen Bekanntschaften, alten Freunden und tollen Erfahrungen.

Danke, ACROS!


Dieser Artikel ist aus GRAN FONDO Ausgabe #010

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Text: Fotos: Robin Schmitt, Axel Brunst