Wer würde seine Freunde nicht für bescheuert erklären, wenn sie mit Geschichten über pürierte Schwarzwälder Kirschtorten und Rock’n’Roll in einer Militärkaserne von einem Rennradwochenende zurückkämen? Spätestens wenn sie trotz 125 km und 3.500 hm selbst nicht wissen, ob sie an diesem Wochenende mehr Kalorien verbraucht oder zu sich genommen haben, drängt sich die Frage auf: Was war das für ein Wochenende?

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Die Antwort beginnt mit einer Frage: Was ist Gravel Fondo? Wer eine Definition erwartet, den müssen wir enttäuschen. Wie der Name jedoch schon sagt, geht es bei diesem neuen Event-Format um eine Menge Schotter (Gravel) und eine gute Ausdauer sowie ein ähnliches Level an Durchhaltevermögen, wie man es bei Gran Fondos benötigt – und zwar nicht nur auf dem Rennrad, wie wir später feststellen sollten. Ausdrücklich handelt es sich beim Gravel Fondo jedoch nicht um ein Rennen, sondern vielmehr um eine Ausfahrt mit optionalen Strava-Segmenten, deren Sieger im Anschluss gekürt werden.

„Alles kann, nichts muss“ lautete die Devise. Damit ist klar, dass der Name mehr für eine Einstellung als für ein überehrgeiziges Format mit ultimativem Muskel- und Ego-Vergleich steht. Ein faires Eventformat, bei dem man genau das machen kann, worauf man Bock hat: Wie geil ist das denn bitte?

„Geil“ war jedoch nicht nur das entspannte Format, sondern auch der Streckenverlauf. Am ersten Tag hieß es 75 km und 2.000 Höhenmeter zu bewältigen, am zweiten Tag waren es rund 50 km und 1.500 Höhenmeter. Feldberg, Schluchsee, Titisee – das waren die namhaften Orte, welche man entlang der Strecke passierte und genießen konnte. Wer nur auf seinen Wattmesser schaute, der war selbst schuld. Auch so galt: Je gemütlicher man es anging, desto mehr nahm man – an Natureindrücken – mit.

Unvermeidbar war jedoch, immer wieder auf sein GPS-Gerät zu schauen, da die Strecke nur teilweise ausgeschildert war und man mithilfe des vom Veranstalter zur Verfügung gestellten GPS-Tracks selbst navigieren musste. Familienfreundlicherweise ließ der Veranstalter es den Teilnehmern offen, beide oder nur einen der zwei Tage mitzufahren. Wer also Verpflichtungen hatte (Stichwort: Sonntagsbraten bei Oma), konnte diesen auch nachkommen.

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Wie viel darf ein gutes Wochenende kosten?

Am ersten Tag kamen in Anbetracht der 70 € Teilnahmegebühr ein paar mosernde Stimmen auf, die am zweiten Tag jedoch vollkommen verstummten. Klar ist die Teilnahmegebühr im Vergleich zu einem RTF deutlich höher, dafür bekommt man aber auch einiges mehr geboten! Neben dem Setup, dem Afterride-BBQ (Spanferkel und Pulled Pork!) und dem gebotenen Service – SRAM Mechanical Support, limitierte Leihbikes, Leih-GPS-Computer, Red Bull Event Car, Liveband – stachen auch die pornösen Verpflegungsstände entlang der Strecke positiv hervor. Nein, die Rede ist nicht von den hübschen Schwarzwälderinnen in traditionellem Gewand, die sich dort um das kulinarische Wohl kümmerten, sondern vor allem von dem unmenschlich guten Kaffee des Freiburger Biosk-Mobils, garniert mit leckerer Schwarzwälder Kirschtorte. Was gibt es Besseres als einen Kaffee-Stopp mit Blick auf den Schluchsee nach durchzechter Nacht? Wohl kaum etwas, und da wären wir auch schon fast beim Thema pürierte Torte, aber dazu später … Nach so viel Kaffee und Kuchen bleibt die Frage, ob wir an diesem Wochenende mehr Kalorien verbraucht oder aufgenommen haben. Wer sich das jetzt im Ernst überlegt und auch sonst Genuss und eine gute Zeit hasst, sollte lieber nicht mehr weiterlesen, denn es geht weiter mit Good Times.

Die Militärkaserne, Pioniergeist und Rock’n’Roll: Cycling for peace

Rund 100 Teilnehmer bewiesen am 15. und 16. Oktober echten Pioniergeist und starteten beim ersten Gravel Fondo. Dreh und Angelpunkt der Veranstaltung war eine Militärkaserne am Fuße des Feldbergs, die als Start und Ziel sowie als Unterkunft und Party-Location diente. Anfängliche Skepsis angesichts des Stacheldrahts verwandelte sich in ein Gefühl angenehmer Geborgenheit, weil man sein Rad einfach stehen lassen konnte in dem sicheren Wissen, dass hier nichts weg kommt. Ach ja, und der Zaun kann auch ganz dienlich sein, wenn man seine Rad-Klamotten nach der Tour ein wenig auslüften möchte.

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Das perfekte Gravel-Fondo-Bike

Keine Sorge, das war ein Spaß! Dennoch ist die Frage berechtigt: Braucht es ein spezielles Bike? Die Jungs von Fettes Brot würden diese Frage ganz klar mit „Jein“ beantworten. Mit einem Komfort spendenden Disc-Bike ist man natürlich am besten bedient. Die meisten Teilnehmer setzten hierbei auf ihren Crosser – so war es nicht verwunderlich, extrem viele Focus-Bikes zu sehen (sorry, Votec!). Vom Mountainbike-bereiften Open U.P. bis hin zum Carbon-Renner mit 23c-Schlappen war alles zu finden. Einige Teilnehmer montierten vor Ort auch Stollen-Reifen auf ihren Renner. Einzige Bedingung für die Teilnahme: Das Bike musste einen Rennlenker haben, Mountainbikes waren nicht erlaubt.

 Nach Todtnau zum Schotterstraßenfahren? Jeder Mountainbiker würde hier erst mal den Kopf schütteln, schließlich bietet der Ort im Hochschwarzwald eine der besten Downhillstrecken Deutschlands – uns war das egal, auch wenn ein Hauch von Nostalgie aufkam, als wir mit Martin Donat von Spoke/Mountainbike Rider Mag über die gute alte Zeit im Bikepark philosophierten.

Nach Todtnau zum Schotterstraßenfahren? Jeder Mountainbiker würde hier erst mal den Kopf schütteln, schließlich bietet der Ort im Hochschwarzwald eine der besten Downhillstrecken Deutschlands – uns war das egal, auch wenn ein Hauch von Nostalgie aufkam, als wir mit Martin Donat von Spoke/Mountainbike Rider Mag über die gute alte Zeit im Bikepark philosophierten.
 Eine Horde wilder Girls! Der romantische Look der Bilder liegt leider nicht an unseren Photoshop-Philipp-Bearbeitungskünsten (googeln, wer’s nicht kennt), sondern an der Tatsache, dass genau in diesem Moment die Kamera beschlagen war.

Eine Horde wilder Girls! Der romantische Look der Bilder liegt leider nicht an unseren Photoshop-Philipp-Bearbeitungskünsten (googeln, wer’s nicht kennt), sondern an der Tatsache, dass genau in diesem Moment die Kamera beschlagen war.

Mountainbiker unter den Teilnehmern fühlten sich an die Anfangszeiten von Enduro erinnert.

Gravel Fondo rocks!

Was macht ein gelungenes Wochenende aus? Die Freunde? Der Ort? Die Aktivität? Rock’n’Roll? Die gesunde Überdosis Alkohol, Stichwort Party? Oder die getretene Wattzahl? Die Antwort muss jeder für sich selbst finden. Fakt ist jedoch, es kommt nicht darauf an, was man tut, sondern wie man es tut – und beim Gravel Fondo war vor allem das Wie entscheidend: eine große Familie, rücksichtsvoll und fun-fokussiert. Das galt für die Zeit auf dem Rad genauso wie für die Zeit davor und danach. Und genau das macht es aus: Die Kunst liegt nicht darin, etwas zu tun, sondern vielmehr darin, wie man etwas tut! Im Falle des Gravel Fondo haben das „Was“ und „Wie“ absolut gestimmt – ein legendäres Wochenende, das nach Wiederholung schreit!

An dieser Stelle herzlichsten Dank an Gravel-Fondo-Initiator und Votec-Brand-Manager Stephan Geiß für seine Detailliebe, an den Veranstalter Rick Sauser und an Guilty-Gründer Florian Joeckel für die konstante Befeuerung des Stimmungsbarometers als Moderator vor Ort.

Und die pürierte Kirschtorte? Ja okay, so wirklich gab es sie nicht ... es war eher eine elaborierte Theorie, wie man Goodlife-Food in ein trikotkompatibles Gelformat bringt. Gerüchten und unbestätigten Augenzeugenaussagen zufolge soll es jedoch unter Einfluss von Alkohol zu einer Schwarzwälder-Torten-Schlacht gekommen sein. Jegliches Beweismaterial wurde jedoch auf dubiose Weise eliminiert. Ihr wisst schon: Was in der Kaserne passiert, bleibt in der Kaserne. Denn wenn eure Freunde diese Story hören würden, würden sie euch am Ende wirklich noch für verrückt erklären.
Und die pürierte Kirschtorte? Ja okay, so wirklich gab es sie nicht … es war eher eine elaborierte Theorie, wie man Goodlife-Food in ein trikotkompatibles Gelformat bringt. Gerüchten und unbestätigten Augenzeugenaussagen zufolge soll es jedoch unter Einfluss von Alkohol zu einer Schwarzwälder-Torten-Schlacht gekommen sein. Jegliches Beweismaterial wurde jedoch auf dubiose Weise eliminiert. Ihr wisst schon: Was in der Kaserne passiert, bleibt in der Kaserne. Denn wenn eure Freunde diese Story hören würden, würden sie euch am Ende wirklich noch für verrückt erklären.

Für all diejenigen unter euch, die Geschichten nicht nur lesen, sondern auch selbst erleben wollen, können sich in folgenden Email-Verteiler eintragen, um News zu Gravel Fondos 2017 zu erhalten:


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Text & Fotos: Robin Schmitt