Hast du wirklich geglaubt, im Sport gäbe es Grenzen? Nein Mann, das gilt nur für das richtige Leben, der Rest ist die pure Freude.

Es gibt keinen Sport, der sich damit zufriedengibt, nur das Menschenmögliche abzubilden. Wenn du an einem Tag 150 km fährst, willst du die Woche drauf 300 km fahren. Wenn du heute einen Marathon läufst, willst du morgen alle zwei Monate einen laufen und vielleicht am Ende des Jahres bei einem Iron Man starten. Wer oder was hält dich auf? Es wäre besser, auch im restlichen Leben jeden Tag mit einer Einstellung zu beginnen, in der Grenzen gar nicht erst existieren, damit all unsere Ziele von Anfang an erreichbar sind. Das ist es. Stell es dir vor, tu es, übertriff dich selbst. Und dann machst du dich an die nächste Sache.

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Es gibt da eine Geschichte, die zwar erfunden sein mag, aber eben trotzdem eine gute Geschichte ist: Truman Burbank steuerte sein Segelschiff auf der Suche nach den Fidschi-Inseln übers Meer. Es war nicht einfach; ein Unwetter zerstörte beinahe sein Boot und die Wahrscheinlichkeit, dass er Land finden würde, ging gegen Null. Doch Truman, der ultimativ nette Typ von Nebenan, gab nicht auf, und am Ende stieß er auf Land. Oder zumindest glaubte er das. Als mit Tausenden von Watt die künstliche Sonne aufging, blieb ein Mast von Trumans Boot im wunderschön bemalten Himmel aus Pappe stecken. Er hatte seine Grenze erreicht. Truman schlug mit geballten Fäusten auf die Wand ein, er weinte, er kämpfte mit der Wut. Dann stieg er aus seinem Boot, öffnete eine Tür und verließ diesen Ort für immer.

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Ich habe noch nie an Grenzen geglaubt. Niemals. Wenn man Herausforderungen mit Zahlen versieht, ist das der erste Schritt, sie in der Zukunft zu überwinden. Heute schaffst du 200, morgen 250, übermorgen 300. So funktionieren Grenzen: kurzfristig. Sie dienen zur Orientierung, aber sie sind nicht definitiv. Letztendlich sind Zahlen nur Maßeinheiten für Schmerz, Freude und Zeit. Nichts mehr als das. In ungleiche Teile geteilt und völlig beliebig. Die 8 Stunden im Büro, in denen du dir das Gequatsche dieses Schwachkopfs von einem Chef anhören musst, sind nichts anderes als eine Tragödie. 8 Stunden in die Pedale treten, 5 Gebirgspässe hochfahren, insgesamt 6.000 Höhenmeter Anstieg und 250 km Strecke – das ist es, was in deinem wahren Lebenslauf steht sollte. Ja, das ist der, in dem du drei Kinder hast, eine Hypothek, ein kaputtes Auto, und mit den Schwiegereltern zum Urlaub ans Meer fährst. Hast du wirklich geglaubt, im Sport gäbe es Grenzen? Nein Mann, das gilt nur für das richtige Leben, der Rest ist die pure Freude. Eine selbst injizierte Dosis Schmerz, um dich daran zu erinnern, wofür du jeden Tag kämpfst. Wir überschreiten alle 24 Stunden eine neue Grenze. Wenn wir in der Lage sind, unser tägliches Leben am Laufen zu halten, dann kannst du dir sicher sein, dass alles andere das größte Vergnügen ist.

“Es wäre besser, auch im restlichen Leben jeden Tag mit einer Einstellung zu beginnen, in der Grenzen gar nicht erst existieren.”

Unterhalte dich mal mit Joseph Kittinger über Grenzen. Das ist der amerikanische Soldat, der 1960 aus 31.000 m Höhe aus einem Ballon sprang. 31.000 Meter, verdammte Scheiße. Er wird dir erzählen, wie es war, als sein rechter Handschuh riss und seine Hand wegen des Unterdrucks auf die doppelte Größe anschwoll. Und das, während er sich mit fast 1.000 km/h im freien Fall befand. Nach ihm kamen Baumgartner und der Vizepräsident von Google, die aus noch größeren Höhen absprangen. Nicht zu brechende Rekorde wurden gebrochen. Deine Rekorde sind die Basis für die nächsten, und so weiter und so weiter. Du legst die Messlatte immer höher, bis du entscheidest, dass du nicht mehr höher gehen willst. Der Belgier Stefaan Engels beschloss irgendwann mal, ein Jahr lang tagtäglich einen Marathon zu laufen. 42 km am Tag, einfach so als Training. 42 gottverdammte Kilometer, und noch 195 m obendrauf. Eine Grenze, die für die meisten Leute ihr ganzes Leben lang unerreichbar bleibt, und Stefaan machte daraus seine tägliche Routine, 365 Tage lang. Warum also versuchen wir immer, dieses eine, endgültige Ziel zu finden, das nicht wirklich existiert? Vielleicht, um damit irgendwie die ganze Mühe zu rechtfertigen? Oder einfach, um damit all den Scheiß loszuwerden, der uns Tag für Tag innerlich auffrisst? Vielleicht wäre es besser, mit einer Einstellung zu beginnen, in der Grenzen gar nicht erst existieren, damit all unsere Ziele von Anfang an erreichbar sind. Das ist es. Stell es dir vor, tu es, übertriff dich selbst. Und dann machst du dich an die nächste Sache.

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Du kämpfst gegen dich selbst, dein Alter, deine Anstrengung, dein Training und deine eigenen Ängste. Du kämpfst, um zu zeigen, dass du dein gottverdammtes Leben nicht aufgibst, und das vom ersten Moment an. Dasselbe Leben, das dich tagein, tagaus daran erinnern wird, dass Leben nichts für Anfänger ist. Du kämpfst gegen Pappwände oder gegen Asphalt, der mit jedem Pedaltritt steiler zu werden scheint. Sie haben gesagt, da kommst du nie hoch – doch du hast es geschafft. Idioten. Ja, ihr, die ihr neidisch auf den Mut eures Nachbarn seid, weil ihr eure eigene Messlatte zu niedrig legt! Die Grenzen anderer Leute müssen nicht deine sein. Und weil sie nicht deine sind, bist du 5 Pässe an einem Tag gefahren und hast nicht mal zum Pissen angehalten. Denn die Grenze ist bei Kilometer Null. In dem Moment, in dem du zu treten beginnst, falls du beginnst, ist der Rest nur noch Entertainment. Wie das Leben, reines Entertainment.

Das ist zumindest das, was Truman Burbank im Film „The Truman Show“ passiert ist. Seine Show unterhielt Millionen von Menschen, während er nach dem Sinn des Lebens suchte. Es ist egal, ob du 20, 40 oder 60 Jahre alt bist. Die Wände, auf die ein wunderschöner blauer Himmel aufgemalt ist, mit grauen Wolken hier und da und goldenen Sonnenuntergängen, genau diese Wände sind zum Einreißen da. Eine nach der anderen, ohne aufzuhören, ohne aufzugeben. Und mit jeder Wand, die du einreißt, reißt du auch eine Grenze ein.

Truman schlug mit geballten Fäusten auf die Wand ein, er weinte, er kämpfte mit der Wut.
Dann stieg er aus seinem Boot, öffnete eine Tür und verließ diesen Ort für immer.

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Truman: [zu Christof, den er nicht sieht] Wer sind Sie?
Christof: [über Lautsprecher] Ich bin der Schöpfer – der Fernsehsendung, die Millionen Menschen Hoffnung und Freude bereitet und sie inspiriert.
Truman: Und wer bin ich?
Christof: Du bist der Star.

Text: Alberto Álvarez Illustrationen: David Broadbent


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