Gibt es eine Formel zur Berechnung des undefinierten Bereichs zwischen Straße und Trail? Und wenn ja, wie sieht sie aus? Großvolumige Reifen + Scheibenbremse + Dropbar + 1X-Antrieb = Gravel 2.0? Zwei Platzhirsche scheinen die Vorherrschaft in diesem Bereich unter sich auszumachen (3T und Open) und so verschieden die Konzepte auch sein mögen, es gibt einen gemeinsamen Nenner: Gerard Vroomen.

Was ist Gravel und wenn ja, wie viele?
Was ist Gravel und wenn ja, wie viele?

Okay, Lexikon auf:

In der Literatur scheint eine gewisse Unklarheit über die Wesenszüge zu herrschen, die sich unter der Überschrift „Gravel“ zu einer amorphen Dunstwolke sammeln. Dabei ist Gravel so alt wie der Radsport selbst, fanden die Rennen der ersten Stunde doch überwiegend auf unbefestigten Untergründen statt. Doch scheint unlängst eine scheinbar abstruse Mutation ihren Lauf zu nehmen: Rennlenker paaren sich einerseits mit 27,5″ x 2,1″ breiten Stollenreifen, wobei andererseits die Formgebung der Rohrsätze das Ziel hat, einen möglichst geringen Luftwiderstand aufzuweisen. Die Interpretationen der Hersteller könnten unterschiedlicher nicht sein.

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Nach dem obligatorischen „After-Work-Gravel-Strava-Prove-It-Ride“ sitzen wir zusammen und reflektieren ausnahmsweise nicht über den Sinn des Seins.
Nach dem obligatorischen „After-Work-Gravel-Strava-Prove-It-Ride“ sitzen wir zusammen und reflektieren ausnahmsweise nicht über den Sinn des Seins.

Szenenwechsel:

Es ist einer dieser Abende: Nach dem obligatorischen „After-Work-Gravel-Strava-Prove-It-Ride“ sitzen wir zusammen und reflektieren ausnahmsweise nicht über den Sinn des Seins. Stattdessen fragen wir uns: Was verbinden wir mit dem Begriff „Gravel“? Ohne Probleme können wir uns darauf einigen, dass die Freiheit des Untergrundes zwischen Straße, Feld- oder Festweg ein wichtiger Punkt ist. Okay, geht mit dem Endurance-Roadbike auch. „Wenn ich alle Räder verkaufen müsste und nur eines behalten dürfte, dann wäre das wohl mein Gravel-Bike.“ Nachdenkliche Stille, dann einstimmiges Kopfnicken. „Es ist der unverbindliche Spaßmacher, der mich nicht unter Druck setzt“, „Aber könnte man das nicht auch genauso für ein Endurance-Bike sagen?“ – und das Gemurmel entwickelt sich zu einer unkontrollierbaren Diskussion.

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30 Minuten später. Immer noch die quälende Frage nach der optimalen Lösung. Es ploppen die Bierdeckel, Theorien über Rudis Sturz an der großen Eiche macht die Runde, alle prosten sich zu und plötzlich scheint sie greifbar, die absolute Gravel-Formel: Breite Reifen + Dropbar + Scheibenbremse – Garmin – Zeitdruck + (Freunde)⁷ + (Unsinnige Aktionen)² = 42 = Gravel.
Der Blick in die Runde: zwei Hardtails, ein Crosser und vier Gravel-Bikes, insgesamt sieben freudestrahlende Gesichter. Wir suchen immer noch nach dem absoluten Gravel, dem Gravel Extrem. Okay, raus mit dem Schulwissen: erste Ableitung gleich null setzen. Ergebnis: 7 x Freunde + 2 x unsinnige Aktionen = 0, macht auf den ersten Blick wenig Sinn. Kurzes Schweigen, bevor wir die vermeintliche Lösung noch mal beäugen. Es kommt nicht darauf an, wie breit die Reifen sind, welche Form der Lenker hat … Offensichtlich braucht es nur ein paar Freunde, Gelächter und schon hat man null Probleme und mögen wir es nicht genau aus diesem Grund so sehr, auf dem Rad zu sitzen – weil es einfach ist, weil es einfach Spaß macht?

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Das 3T und das Open scheinen genau in diese Kategorie zu fallen und damit meinen wir nicht Gravel, sondern scheinbar überpotente Spaßbringer. Genau die Art von Bike, die das Letzte ist, was du verkaufen würdest. Dein Freund an regnerischen Tagen, der Offroad Spaßgarant für Federweg-Verweigerer… So weit, so gut. Manch einer mag immer noch skeptisch sein. Für alle, die unserer offensichtlich an den Haaren herbeigezogenen mathematischen Beweisführung keinen Glauben schenken möchten: Für euch und nur für euch haben wir den „Godfather of Gravelriding“ interviewt und ihn gefragt, wo denn nun die feinen Unterschiede zwischen seinen Schöpfungen liegen. Doch lest hier selbst.


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Text: Fotos: Christoph Bayer