Mit seinem FES-Bike will Joachim Eilers bei Six Day Berlin die Sprintkonkurrenz gewinnen.

Nur ganz leicht reflektieren die Kohlefasermatten im Scheinwerferlicht des Velodroms. Der überwiegende Teil des Renners deckt sich in geheimnisvollem Schwarz. Ein formschöner Carbonrahmen mit aerodynamischen Rohrprofilen, fließende Formen wie aus einem Guss.

Die einzige Kontur auf dem Oberrohr bilden zwei Aufkleber: „Joe Cocker Eilers“ steht darauf. „Das ist mein Spitzname im Nationalteam“, lacht der Besitzer. „Als ich bei meinem ersten Weltcuprennen auf die Bahn gekommen bin, lief Musik von Joe Cocker – seitdem haben mich die Mechaniker mit jenem Namen gesegnet.“

Das hochgezüchtete Carbonross des Instituts für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (kurz FES) ist das Arbeitsgerät von Joachim Eilers. Es hat dem 26-Jährigen unter anderem zu zwei Weltmeistertiteln bei der Bahn-WM 2016 im Keirin und im 1.000-Meter-Zeitfahren verholfen. Nicht nur bei Olympia sondern auch beim Londoner Sechstagerennen startete er mit diesem Bike und triumphierte erneut: Die Winterbahnsaison 2016/17 begann für Eilers mit einem Sieg im Lee Valley VeloPark. „Das Rad ist sehr auf Steifigkeit ausgelegt, besonders im Tretlagerbereich. Selbst wenn wir mit 2.400 Watt hineintreten, weicht das Rad überhaupt nicht aus – das ist sehr charakteristisch für die Marke FES“, erzählt Eilers.

Topspeed bis 80 km/h

Mit 7,3 Kilogramm ist Eilers Bolide verhältnismäßig „schwer“ – nimmt man das offizielle UCI-Gewichtslimit von 6,8 Kilo als Maßstab. „Das hängt damit zusammen, dass im Tretlagerbereich mehrere Carbonschichten verbaut sind, um die Steifigkeit zu erreichen die ich brauche. Hier wirken die Kräfte schließlich am stärksten.“ Bestückt ist das Bike unter anderem mit Mavic-Laufrädern. „Die werden uns vom Verband zur Verfügung gestellt“, erklärt Eiler. Hinzu kommt eine eigens für die Bedürfnisse der Bahn-Asse konstruierte watt-messende Kurbel von FES. „Dazu gibt es auch ein eigenes Programm, das zum Beispiel den Leistungsverlauf bei einem kurzen Sprint bis in das kleinste Detail darstellen kann“, so der Kölner.

Welche Kräfte das Bike aushalten muss, zeigen die Zahlen. „Ich bin in einem Keirin-Lauf schon auf 80 km/h gekommen – das haben wir mit Hilfe der Messkurbel ermitteln können“, grinst Eilers. Auch bei seiner Fahrt zu WM-Gold im Keirin war er entsprechend flott unterwegs: „Für die letzten 500 Meter habe ich 25 Sekunden gebraucht – das sind im Schnitt 72 km/h.“

Ein Bahnrad für sechs Tage in Berlin

Eilers Spezialbike mit der aerodynamischen und leichten Lenker-Vorbau-Einheit stellt FES in vier Größen her.

„Ich habe aber das größte Modell mit einer maßgefertigten Sattelstütze. Sie ist so geschnitten, dass sie direkt aufliegt. Es gibt keine abstehende Sattelklemme, da sie direkt in den Rahmen integriert wurde, um Luftwiderstand zu minimieren.“, erläutert Eilers. Auch für Otto-Normal-Fahrer soll das Rad so zu haben sein. „Ich denke aber, dass es hier sehr lange Lieferzeiten und einen entsprechend hohen Preis gibt, da von diesen Rädern ja nur ganz geringe Stückzahlen existieren“.

Fünf bis sechsmal pro Woche trainiert der Sprintchampion auf seiner FES-Maschine. Die soll ihm nun auch beim Berliner Sechstagerennen zum Sieg verhelfen. „Nachdem ich London gewonnen habe und aktueller Weltmeister bin, will ich mich auf jeden Fall auf das Podium stellen“, sagt Eilers selbstbewusst. Im Velodrom Berlin trifft er unter anderem auf Maximilian Levy, Philip Hindes, René Enders, Tomáš Bábek und Nate Koch.

Joachim „Joe Cocker“ Eilers

Schon früh war klar, dass Joachim Eilers genügend Potential besitzt, um zu den ganz Großen auf der Bahn zu gehören, vor allem über die 1000 Meter und im Keirin. Und so kam es bei der Bahn-WM 2016 auch, dass dem 26-Jährigen der endgültige Durchbruch gelang: Eilers wird Doppelweltmeister und ist noch lange nicht am Zenit seines Leistungsvermögens.


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Text: Werner Müller-Schell Fotos: Drew Kaplan